Im Innenhof der Kongresshalle in Nürnberg haben bereits die Vorarbeiten begonnen. Bauarbeiten haben meterhohe Gerüste entlang des Rundbaus errichtet. Ein Bagger hat den Boden aufgebrochen. Der symbolische Spatenstich erfolgte mit einem Bagger, der auf Knopfdruck einen Haufen Erde abtrug.
Eine Antwort auf ein schwieriges Erbe
In die Kongresshalle sollen freie Künstler ziehen und übergangsweise die Nürnberger Oper, solange das Opernhaus in der Innenstadt saniert wird. Das Projekt sorgt national und international für Aufmerksamkeit. Die Kongresshalle ist einer der größten noch erhaltenen Nazi-Bauten in Deutschland – ein Erbe das schwer wiegt. Der Ort der Unkultur soll nun mit Kultur besetzt werden, betont Nürnbergs Oberbürgermeister Marcus König (CSU), der die Kongresshalle in der Zukunft als einen Kultur-Impulsgeber sieht. Als "mutig" bezeichnet Ministerpräsident Markus Söder (CSU) das Projekt. "Es entsteht für Nürnberg, Bayern und ganz Deutschland ein einzigartiger Moment des Umgangs mit der NS-Zeit, der das 'Nie wieder' untermauert. Und gleichzeitig wird hier eine neue Form der Leichtigkeit durch Kunst und Kultur etabliert", so Söder.
Abarbeiten an der Vergangenheit
Der belastete Ort wird die Künstler fordern. Der Intendant des Nürnberger Staatstheaters, Jens-Daniel Herzog, sieht die Oper und das Ballett dabei als Türöffner, um sich mit der dunklen Geschichte auseinanderzusetzen. "Wir merken zudem, dass internationale Künstler und Künstlerinnen ein starkes Interesse haben sich an diesem Ort abzuarbeiten", betont Herzog.
Kein Kulturpalast neben Kongresshalle
Für die Oper muss ein Extra-Bau im Innenhof der Kongresshalle errichtet werden. Denn in der alten Bausubstanz hat die Bühne samt Zuschauerraum keinen Platz. Geplant ist ein Zweckbau, der sich hinter einer begrünten Fassade versteckt. Bewusst will die Stadt keinen Kulturpalast errichten, betont Nürnbergs Baureferent Daniel Ulrich. Der Neu-Bau soll nicht in Konkurrenz zur Kongresshalle treten und die Nazi-Architektur weder aufwerten noch übertrumpfen. Die Spielstätte soll nicht von der Wirkung des Innenhofs ablenken.
Innenhof symbolisiert das Scheitern der Nazis
Der Innenhof steht im krassen Kontrast zur Fassade der Kongresshalle. Von außen ähnelt die Kongresshalle dem Kolosseum in Rom. Meterhohe Rundbögen aus hellgrauen Granitstein ziehen sich an der Fassade entlang. Die Nazis wollten sich mit der Kongresshalle ein weiteres Monument schaffen. 50.000 Zuschauer sollten ihnen in der Kongresshalle zujubeln. Der Bau ist aber nie fertig geworden, so dass der Innenhof einen anderen Blick auf das Gebäude freigibt. Im Gegensatz zur polierten Außenfassade besteht die Kongresshalle aus gewöhnlichen rotbraunen Backsteinen, glanzlos und verwittert über die Jahre. Ein Sinnbild für das Scheitern dieser größenwahnsinnigen NS-Architektur und Ideologie.
Millionen-Projekt in den Startlöchern
Rund 300 Millionen Euro kostet das Kulturvorhaben im Nazi-Bau. Die Bauarbeiten starten nun ein halbes Jahr früher als zuletzt gedacht. "Angst-Annahmen, die wir hatten über Archäologie und dergleichen, sind nicht eingetroffen", sagt Nürnbergs Baureferent Daniel Ulrich. Läuft alles nach Plan können 2028 die ersten Künstler und die Oper einziehen und erste Impulse setzen.
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