Asylbewerber sollen ab diesem Sommer nicht mehr mit Bargeld vom Staat, sondern mit einer Bezahlkarte, auf die Geld gebucht wird, einkaufen gehen. Damit soll unter anderem verhindert werden, dass Flüchtlinge die staatliche Unterstützung an Angehörige in ihr Heimatland schicken. In Bayern soll die Bezahlkarte nun in vier Kommunen getestet werden: in Günzburg, Traunstein, Fürstenfeldbruck und Straubing.
Die Pilot-Kommunen aus Schwaben, Ober- und Niederbayern
Der schwäbische Landkreis Günzburg wird eine der vier Pilot-Kommunen im Freistaat sein, die die bayerische Bezahlkarte für Asylbewerber in der Praxis testen. Das gab das Landratsamt Günzburg in einer Pressemitteilung bekannt. "Die Einführung einer Bezahlkarte ist ein zielführendes Mittel, um die Verwaltung effizienter zu machen", sagte Günzburgs Landrat Hans Reichhart (CSU). Die Kosten für die Einführung und den Betrieb der Karte trage der Freistaat Bayern.
Der Landkreis Traunstein wird ab 1. März die Bezahlkarte für geflüchtete Menschen einführen. Das hat Landrat Siegfried Walch (CSU) bestätigt. Walch setzt sich seit geraumer Zeit intensiv für die Einführung der Bezahlkarte ein. Diese solle unter anderem verhindern, dass falsche Anreize zur Migration geschaffen werden, so der CSU-Politiker. Wäre Traunstein nicht an dem Projekt beteiligt worden, hätte der Landkreis selbst eine Bezahlkarte eingeführt, heißt es in einer schriftlichen Mitteilung des Landratsamts auf BR-Anfrage. Der Landkreis Traunstein habe als Modellkommune an der Vorbereitung der Bezahlkarte mit Anregungen und konzeptionellen Vorschlägen mitgewirkt.
Zunächst Mehraufwand für Kommunen durch Bezahlkarten
Auch in der Stadt Straubing werden ab März die Bezahlkarten getestet. Oberbürgermeister Markus Pannermayr (CSU) sagte dem BR, er halte das Projekt für "angemessen, um möglichen Missbrauch ausschließen zu können". Er rechne damit, dass die Einführung der Bezahlkarte zunächst mit einem Mehraufwand für Kommunalverwaltungen verbunden ist, mittelfristig gehe er aber davon aus, dass es eine echte Entlastung der Verwaltung geben könne. Auch als Vorsitzender des Bayerischen Städtetags hatte sich Markus Pannermayr für die Einführung einer Bezahlkarte ausgesprochen.
In der Pilotphase, in der neben Günzburg, Traunstein und Straubing auch der Landkreis Fürstenfeldbruck mit eingebunden ist, soll es einen engen fachlichen Austausch mit dem Innenministerium geben. Inhaber der Bezahlkarte können in einem vorgegebenen Rahmen weiter über Bargeld verfügen, sollen aber den überwiegenden Teil ihrer Lebenshaltung über das Kartenguthaben bezahlen. Überweisungen oder Onlinegeschäfte seien mit der Bezahlkarte nicht möglich. Im Sommer soll das Bezahlkartensystem in ganz Bayern eingeführt werden.
CSU will Bezahlkarte so schnell wie möglich
Bayern macht dabei Tempo. Laut CSU-Staatssekretär Sandro Kirchner befindet sich der Freistaat bereits im Vergabeverfahren: Es muss also noch ein Unternehmen gefunden werden, das die Karte technisch umsetzt. Der Zuschlag soll aber bereits Ende Februar erteilt werden, hieß es. "Ende März versuchen wir dann, mit den Pilot-Kommunen an den Start zu gehen und dann Ende des zweiten Quartals die Karte verfügbar zu haben, überall in Bayern", so Kirchner.
Jedes Bundesland entscheidet selbst, wie hoch der Betrag auf der Bezahlkarte sein wird. Auch über weitere Zusatzfunktionen entscheidet jedes Land für sich. Technisch sollen die Möglichkeiten der Karte überall einheitlich sein. 14 der 16 deutschen Bundesländer streben ein gemeinsames Vergabeverfahren an. Bayern und Mecklenburg-Vorpommern gehen bei der Vergabe eigene Wege.
Bezahlkarte soll nur in bestimmten Bereichen nutzbar sein
Die Karte kann an allen Stellen verwendet werden, die Debitkarten akzeptieren. Sie soll aber nur im jeweils zugelassenen Aufenthaltsbereich der Geflüchteten nutzbar sein. Das soll unter anderem einen Missbrauch der Karte durch andere verhindern, sollte sie ein Flüchtling verlieren.
Ziel der bayerischen Geldkarte ist es, die Anreize zur Zuwanderung nach Deutschland zu verringern und Geldtransfers ins Ausland zu verhindern, indem das verfügbare Bargeld reduziert wird, sagt Bayerns Innenstaatssekretär Kircher. Das bedeutet: Abhebungen von Bargeld sollen dabei auf das gesetzliche Minimum eingeschränkt werden.
Pro Asyl kritisiert Bezahlkarte
Der Verein Pro Asyl bezeichnet die Bezahlkarte als ein "Diskriminierungsinstrument", das schutzsuchenden Menschen das Leben in Deutschland schwer machen soll. Pro Asyl sieht es unter anderem problematisch, dass mit der Bezahlkarte keine Überweisungen mehr möglich sein sollen. Damit grenze man die Menschen aus dem Alltagsleben aus.
Außerdem stelle die regionale Einschränkung der Bezahlkarte den "Versuch einer sozialpolitischen Drangsalierung dar, die Freizügigkeit der Betroffenen durch die Hintertür zu beschränken." Denn wer Verwandte oder Bekannte besuchen oder einen weiter entfernten Facharzt oder eine Beratungsstelle aufsuchen wolle, könne so in Schwierigkeiten geraten.
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