Wohl ab Mittwoch will die Polizei das Klimaschützer-Protestcamp in Lützerath räumen - auch mit bayerischer Unterstützung.
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Wohl ab Mittwoch will die Polizei das Klimaschützer-Protestcamp in Lützerath räumen - auch mit bayerischer Unterstützung.

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Lützerath: Bayern schickt Polizisten, Pferde und Wasserwerfer

Wohl ab Mittwoch will die Polizei das Klimaschützer-Protestcamp in Lützerath räumen – auch mit bayerischer Unterstützung. Im Einsatz sind laut dem Innenministerium zwei Hundertschaften, mehrere Polizeipferde samt Reiter und eine Wasserwerfer-Staffel.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Für die wohl ab Mittwoch geplante Räumung des Protestcamps in Lützerath (Nordrhein-Westfalen) sind auch Polizeikräfte aus Bayern eingeplant. Wie das bayerische Innenministerium auf BR24-Anfrage mitteilte, ist "ständig eine Einsatzhundertschaft der Bereitschaftspolizei sowie eine USK-Hundertschaft in Lützerath im Einsatz".

Mit der Abkürzung USK ist ein sogenanntes Unterstützungskommando gemeint, das bei erhöhtem Gefährdungspotenzial eingesetzt wird. Dazu kommen den Angaben zufolge aus Bayern "acht Polizeipferde nebst Reiter sowie eine Wasserwerfer-Staffel".

Lützerath soll für Braunkohle-Abbau weichen

Das Dorf Lützerath soll geräumt werden, weil der Energiekonzern RWE dort weiter Braunkohle abbauen will. Klagen gegen das für den Ort verhängte Aufenthaltsverbot wurden zurückgewiesen – zuletzt vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen.

Lützerath besteht aus wenigen Gebäuden, die ursprünglichen Bewohner sind bereits weggezogen. Allerdings besetzen Klimaaktivisten und Protestierer seit Monaten den Ort: Sie wollen den geplanten Kohleabbau verhindern und halten den Lützerath-Abriss für ein klimapolitisch fatales Zeichen.

Polizeipräsident: Kleiner Teil der Aktivisten gewaltbereit

Teilweise leben die Aktivisten auch in Wohnwagen oder Zelten. Nach Angaben des zuständigen Aachener Polizeipräsidenten Dirk Weinspach handelt es sich bei ihnen um eine "gemischte Szene", überwiegend "bürgerlich und friedlich orientiert". Ein kleiner Teil sei aber zu Gewaltstraftaten bereit. In den vergangenen Tagen kam es teils zu Übergriffen auf Polizeibeamte sowie zu Handgemengen zwischen Polizisten und Aktivisten.

Eine deutliche Warnung kam zuletzt vom Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang. Friedliche Proteste seien in einer Demokratie legitim, sagte Haldenwang der "taz". Die Protestbewegung in Lützerath sei "allerdings sehr heterogen". Man registriere, dass bundesweit auch gewaltbereite Linksextremisten gegen die Räumung mobilisieren und sich bereits vor Ort sammeln.

FFF: Auch Demonstranten aus Bayern in Lützerath

Zur Zahl der Demonstrantinnen und Demonstranten, die aus dem Freistaat nach Lützerath gereist sind, sagt das bayerische Innenministerium auf BR24-Anfrage nichts. Stattdessen verweist ein Ministeriumssprecher darauf, dass die Einsatzleitung bei der Polizei in Nordrhein-Westfalen liege. Laut einer Sprecherin von "Fridays for Future" (FFF) in München sind "auf jeden Fall" auch Aktivisten aus der Landeshauptstadt und ganz Bayern vor Ort – eine genaue Zahl kenne sie aber nicht.

Aktivistin: Braunkohle aus Lützerath wird nicht benötigt

Unterdessen forderte die Sprecherin des Bündnisses "Lützerath bleibt", Lakshmi Thevasagayam, erneut ein Einlenken der Politik und den Erhalt des Dorfs. In einem Phoenix-Interview warf sie der Politik und dem Energieversorger RWE vor, mit "jeder Baggerschaufel, die hier einen Zentimeter weiterbaggert", die globale Klimakatastrophe zu verschärfen und besonders die Lebensgrundlage von Menschen im globalen Süden zu zerstören.

Thevasagayam verwies auch auf Studien des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), wonach die Braunkohle unter der Siedlung für die Energiesicherheit in Deutschland nicht benötigt werde.

Andere Ortschaften sollen erhalten bleiben

Die Polizei in Aachen hat angekündigt, das Dorf Lützerath im Laufe dieser Woche räumen zu wollen – frühestens ab Mittwoch. Am heutigen Dienstag begannen Einsatzkräfte damit, erste Barrikaden wegzuräumen. Dabei kam es laut Beobachtern teils zu Handgreiflichkeiten. Demnach bildeten am Vormittag rund 300 Aktivisten Menschenketten und Sitzblockaden, bei der sich einige Beteiligte etwa einen halben Meter tief in die Erde eingruben.

Die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen und der Energiekonzern RWE haben sich darauf verständigt, Lützerath als letzte Siedlung abbaggern zu lassen, um die darunter liegende Kohle zu fördern. Andere Ortschaften, die ursprünglich ebenfalls dem Kohleabbau weichen sollten, sollen erhalten bleiben. Nordrhein-Westfalen will früher als zunächst geplant aus der Kohle aussteigen – 2030 statt 2038.

  • Zum Artikel: "Klimaterroristen" ist "Unwort des Jahres" 2022

Mit Informationen von dpa

09.01.23: Ein Aktivist sitzt auf einem sogenannten Monopod in Lützerath. Der Ort soll zur Erweiterung des Braunkohletagebaus abgebaggert werden.
Bildrechte: pa/dpa/Federico Gambarini
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09.01.23: Ein Aktivist sitzt auf einem sogenannten Monopod in Lützerath. Der Ort soll zur Erweiterung des Braunkohletagebaus abgebaggert werden.

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