Der Angeklagte Christian B auf dem Weg zum Gerichtssaal im Landgericht Braunschweig
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Der Angeklagte Christian B auf dem Weg zum Gerichtssaal im Landgericht Braunschweig

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"Maddie"-Verdächtiger: Angeklagter schweigt zu Vorwürfen

Er ist der Hauptverdächtige im Fall Maddie McCann, steht aber wegen anderer Sexualstraftaten derzeit in Braunschweig vor Gericht: Christian B., der in Unterfranken aufgewachsen ist. Bisher schweigt der Angeklagte zu den Vorwürfen.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Mainfranken am .

Er soll Frauen gefesselt, gepeitscht und vergewaltigt haben. Kleine Mädchen soll er missbraucht haben. Deshalb steht Christian B. in Braunschweig vor Gericht. Der Mann, der im Raum Würzburg aufgewachsen ist, ist auch der Hauptverdächtige im Fall Maddie McCann. Der Prozess am Landgericht Braunschweig hat am Freitag richtig begonnen. Am ersten Verhandlungstag war der Prozess kurz nach Beginn vertagt worden. Bislang schweigt der Mann zu den Vorwürfen. Seine Anwälte streben einen Freispruch an.

Vorwurf des sexuellen Missbrauchs von Kindern

Im aktuellen Prozess werden dem 47-Jährigen drei Vergewaltigungen und zwei Fälle von sexuellem Missbrauch von Kindern in Portugal vorgeworfen. Wie sein Verteidiger ankündigte, wird der mehrmals verurteilte Sexualstraftäter von seinem Schweigerecht Gebrauch machen. Sein Mandant werde nach dem Verfahren von den angeklagten Taten freizusprechen sein, sagte Anwalt Friedrich Fülscher am Freitag im Landgericht Braunschweig.

Fünf weibliche Opfer im Alter zwischen zehn und 80 Jahren

Konkret wird Christian B. vorgeworfen, zwischen Ende 2000 und Frühjahr 2006 eine unbekannte 70 bis 80 Jahre alte Frau in ihrer portugiesischen Ferienwohnung vergewaltigt und dabei gefilmt zu haben. Im gleichen Zeitraum soll er eine mindestens 14 Jahre alte Frau an einen Pfahl in seiner damaligen Wohnung gefesselt, geschlagen und zu sexuellen Handlungen gezwungen haben. Die Beweislage in diesen Fällen sei schlecht, sagte Fülscher. Zwei Zeugen hatten ausgesagt, die Videos von den Vergewaltigungen gesehen zu haben. Deren Aussagen könnten auch unbewusst falsch sein, meinte der Anwalt. Nach Angaben der Verteidigung könnten sich diese Taten zudem früher ereignet haben und damit bereits verjährt sein.

Im Jahr 2004 soll Christian B. in Portugal eine damals 20-jährige Irin mehrfach brutal vergewaltigt haben. Sie soll noch im Verlauf des Prozesses als Zeugin gehört werden. Oberstaatsanwältin Ute Lindemann schilderte in ihrer knapp 30-minütigen Anklage detailliert, wie der maskierte Vergewaltiger die junge Frau in ihrem Appartement gefesselt, geknebelt und gequält habe.

2007 und 2017 soll der Angeklagte vor einem zehnjährigen sowie vor einem elfjährigen Mädchen masturbiert haben. Hier könnte es sich aus Sicht der Verteidigung nur um Pseudo-Erinnerungen handeln, beeinflusst durch das Bekanntwerden des Mordverdachts gegen Christian B. im Fall "Maddie". So soll eines der Mädchen den Täter auf Fotos zunächst nicht erkannt haben. Nach der großen Berichterstattung rund um Christian B. sei sie plötzlich sicher gewesen, dass er es war.

Am zweiten Verhandlungstag ging die Verteidigung weiter in die Offensive. So beantragten die Anwälte von Christian B., solches Beweismaterial nicht zu verwenden, das 2016 auf dem Grundstück des Angeklagten in Neuwegersleben in Sachsen-Anhalt entdeckt wurde. Die Datenträger, Bilder und Schriftstücke unter anderem mit Darstellungen von Kindesmissbrauch seien bei einer rechtswidrigen Durchsuchung gefunden worden.

Hauptverdächtiger im Fall "Maddie"

Gegen den 47-Jährigen wird seit Jahren auch wegen Mordverdachts im Fall der 2007 aus einer portugiesischen Ferienanlage verschwundenen kleinen Maddie ermittelt, wie im Juni 2020 überraschend öffentlich bekannt wurde. Die damals dreijährige Britin wurde aus einem Appartement an der Algarve entführt. Die deutschen Ermittler gehen davon aus, dass Madeleine McCann tot ist, obwohl nie eine Leiche gefunden wurde. Der Fall "Maddie" ist allerdings nicht Gegenstand des aktuellen Prozesses. Seitdem die zuständigen Ermittler 2020 bekannt gaben, dass sie Christian B. im Fall der vermissten "Maddie" aus Großbritannien unter Mordverdacht haben, steht er in einem ganz anderen Fokus.

Fall "Maddie" in Anklageschrift genannt

In der Anklageerhebung zur jetzigen Verhandlung vom 11. Oktober 2022 heißt es: "Bei dem Angeschuldigten handelt es sich um dieselbe Person, gegen die auch im Zusammenhang mit dem Verschwinden des damals dreijährigen britischen Mädchens Madeleine Beth McCann am 03.05.2007 aus einer Appartementanlage in Praia da Luz in Portugal wegen des Verdachts des Mordes ermittelt wird."

Christian B. ist mehrfach als Sexualstraftäter vorbestraft. Er ist unter anderem auch wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern verurteilt worden. Zuletzt wurde er wegen einer Vergewaltigung, die er 2005 ebenfalls in Portugal begangen hat, zu sieben Jahren Haft verurteilt. Aktuell befindet er sich in einer JVA bei Hannover in Haft.

Ermittlungen dauern an

"Die Ermittlungen zum Verschwinden Madeleine McCanns dauern indes ungeachtet der Anklageerhebung weiter an. Angesichts der laufenden Ermittlungen können diesbezüglich zum jetzigen Zeitpunkt auch weiterhin keine näheren Informationen zu den bisherigen Ermittlungsergebnissen mitgeteilt werden", heißt es von einem Sprecher der Staatsanwaltschaft Braunschweig.

Mit Informationen von dpa

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