Kochsalzlösungen liegen griffbereit.
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Medizinischer Bedarf: Wie gehen Kliniken mit Engpässen um?

Medizinischer Bedarf: Wie gehen Kliniken mit Engpässen um?

Dass Kochsalzlösung für Krankenhäuser aktuell Mangelware ist, ist nichts Neues. Aber auch bei sterilem Wasser gibt es Engpässe. Damit die Patienten dennoch gut versorgt werden, helfen sich die Kliniken gegenseitig.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

So simpel es ist, so wichtig ist es für die Medizin: Kochsalzlösung – eine Lösung von Natriumchlorid (NaCl) in Wasser. Sie wird vor allem für Infusionen benötigt, um Patienten mit Medikamenten zu versorgen. Aber auch beim Spülen von Wunden, Kathetern oder von Organen kommt Kochsalzlösung zum Einsatz.

Leere Lager und Paletten

Doch im Lager der Apotheke des Universitätsklinikums Erlangen sind die Regale ziemlich leer: "Die Palettenplätze sind überschaubar, wir könnten viel mehr lagern als wir eigentlich da haben", sagt Dr. Tobias Borst, der stellvertretende Leiter der Klinikapotheke. Nur wenige Kisten stehen auf den Holzpaletten vor ihm. Er sagt, die Situation sei angespannt. "Die Kollegen rufen sonst bei einem Hauptlieferanten an und bestellen das, was wir möchten. Jetzt müssen wir bis zu vier Lieferanten abtelefonieren und um jede Palette ringen."

Klinikum Nürnberg: "Fast von der Hand in den Mund"

Ähnlich schwierig ist die Situation auch in Nürnberg. "Wir leben so fast von der Hand in den Mund", sagt Dr. Annette Sattler, die Leiterin der Apotheke des Klinikums Nürnberg. Zwar habe man bisher immer alle Patienten ausreichend versorgen können, doch der Preis dafür sei vor allem für die Mitarbeitenden hoch: "Es ist ein unglaublicher Mehraufwand, weil ständig nachgehakt werden muss". Auch in Fürth kennt man die Situation nur zu gut: "Einen kompletten Lieferausfall konnten wir bisher mit extrem hohen Aufwand verhindern und teilweise auch nur durch die Notfallhilfe kleinerer Firmen oder von Kollegen", heißt es aus dem Klinikum.

Seit Anfang des Monats schlagen die Kliniken in Sachen Kochsalzlösung Alarm. Zuvor hatte es Engpässe bei Hustensäften oder Schmerzmitteln gegeben. Vergangene Woche hat das Bundesgesundheitsministerium den Engpass offiziell bestätigt. Seitdem gilt eine Art Ausnahmeregelung: Die Länder können mit zusätzlichen Einkäufen im Ausland gegen den Mangel vorgehen und auch Produkte einführen, die hierzulande eigentlich nicht genutzt werden dürfen.

Importe sind um Vielfaches teurer

Doch auch Importe sind nicht immer die Lösung. Dr. Annette Sattler aus dem Klinikum Nürnberg betont, dass die Produkte als Importe oft ein Vielfaches kosteten und zeigt das Angebot eines Händlers aus dem Ausland. "Der ist so als Krisengewinnler draufgesprungen. Der bietet mir Kochsalz für den zweieinhalbfachen Preis als das, was wir normalerweise bezahlen."

Hersteller schwächeln durch Lieferengpässe

In Deutschland gelten vor allem die Firmen Fresenius Kabi und B. Braun Melsungen als Hauptlieferanten. Bei B. Braun habe man die Produktion von "Spül-, Infusions- und Injektionslösungen" deshalb seit Anfang des Jahres um rund 20 Prozent gesteigert, teilte das Unternehmen auf Anfrage von BR24 mit. Bei bestimmen Produkten wie Injektionsflaschen könne man die neue hohe Liefermenge jedoch nicht halten. Schuld seien "Produktionsprobleme eines Lieferanten", auf die das Unternehmen nicht näher eingehen wollte.

Hersteller: Mangel hat verschiedene Gründe

Einen "Lieferengpass" bei einem Zulieferer der Glasflaschen, in die die Kochsalzlösung gefüllt wird, bestätigt auch Fresenius. Das Unternehmen betont aber auch, dass die Ursachen für den Mangel vielfältig seien: So gebe es beispielsweise "eine akute Mangelsituation in den USA, nachdem Hurrikan Helen den größten Produktionsstandort der USA für Infusionslösungen beschädigt hat". Zudem, so Fresenius, sei grundsätzlich die Nachfrage durch den demografischen Wandel und die höhere Anzahl an Operationen gestiegen.

Klinikum Erlangen produziert steriles Wasser selbst

Für die Kliniken ist der Mangel an Kochsalzlösung aber nicht das einzige Problem. In Erlangen und Nürnberg erlebe man auch einen Mangel an sterilem Wasser. Dieses wird beispielsweise für Spülungen bei Operationen benötigt. In Erlangen stellen sie dies nun selbst her und füllen es in kleine Fläschchen ab. "Dadurch, dass wir selber produzieren, entlasten wir den Markt in gewisser Weise. Und das, was wir nicht einkaufen müssen, können dann andere Apotheken kaufen", so Dr. Tobias Borst. Aber ähnlich wie die Suche nach Händlern bindet auch die Produktion im Haus Kapazitäten: Für die Mitarbeiter sei auch dies ein Mehraufwand, der nun einfach noch oben drauf komme.

Im Notfall, betonen alle, helfen sich die Kliniken untereinander aus und stellen den anderen das jeweils knappe Gut zur Verfügung.

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