Ein Straßenzug in München. Nach BR-Recherchen gibt die Stadt inzwischen viel Geld für Soforthilfen aus. Kritikern wollen mehr Sozialwohnungen.
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Ein Straßenzug in München. Nach BR-Recherchen gibt die Stadt inzwischen viel Geld für Soforthilfen aus. Kritikern wollen mehr Sozialwohnungen.

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Mietendrama im Großraum München: Könnte die Stadt mehr tun?

Mietendrama im Großraum München: Könnte die Stadt mehr tun?

In Großstädten wie München zeigt sich: Es wird zu wenig gebaut, um der gestiegenen Nachfrage zu begegnen. Parallel dazu zeigen BR-Recherchen, dass die Stadt viel Geld in Soforthilfen investiert. Kritiker sagen: Das ist nicht nachhaltig.

Über dieses Thema berichtet: Der Funkstreifzug am .

Ariane Pipke hat eine Kündigung für ihre Wohnung bekommen, wegen Eigenbedarfs. Wir haben sie über Monate begleitet. Die Vermieter haben ihr einige Monate Schonfrist gewährt für die Räumung. Sie wissen selbst, wie schwer es ist, in München eine bezahlbare Alternative zu finden. Trotzdem wird es schließlich eng. Die 55-Jährige muss raus aus ihrem geliebten Zuhause im Münchner Glockenbachviertel. Sie versucht alles: Schaltet Anzeigen, sucht in Portalen und per Makler. Bei der Suche kommt erschwerend hinzu: Ariane Pipke hat einen Hund. Und viele Vermieter erlauben keine Haustiere.

Selbst Gutverdiener finden oft keine Wohnung mehr

Doch das Hauptproblem ist der harte Wohnungsmarkt. Obwohl der durchschnittliche Quadratmeterpreis laut Münchner Mietspiegel bei etwa 15 Euro liegt – bei Neuvermietungen werden mitunter astronomische Preise verlangt. 30,40 Euro für den Quadratmeter sind da schon ganz normal, beobachtet Ariane Pipke: "Die Krönung lag bei 80 Euro pro Quadratmeter. Das ist Wahnsinn und es geht so weiter", empört sie sich.

Der Fall der 55-Jährigen zeigt: Selbst jemand, der ein gutes Einkommen hat, tut sich in München inzwischen schwer. Die Konkurrenz um Wohnungen in einem bestimmten Preissegment ist viel zu groß, günstigere Wohnungen gibt es nur wenige, und wer ohne Alt-Vertrag dasteht – der hat häufig ein Problem.

Wie sollen es Menschen mit kleinen Gehältern schaffen?

Daniel zum Beispiel, der als Azubi verzweifelt eine Unterkunft sucht. Wir treffen ihn vor einem Wohnheim für Wohnungslose im Norden von München. Er musste für ein paar Monate hier einziehen, weil er nichts Bezahlbares gefunden hat.

Für ihn war das eine Niederlage, er schämte sich: "Ich wollte nicht, dass man mich sieht, wenn ich hineingehe", erzählt er.

Stadt zahlt 2.400 Euro für zwei Bettplätze

Alle wohnen hier zusammen in der Container-Unterkunft: Geringverdiener, Bürgergeldempfänger, Alkohol- und Drogenabhängige. Ein privater Anbieter verlangt dafür viel Geld von der Stadt München. Wir sehen auf dem Bescheid einer Bewohnerin, wieviel das ist: 2.400 Euro monatlich für zwei Bettplätze, in einem etwa zwölf Quadratmeter großen Doppelzimmer. Die Toiletten befinden sich auf dem Gang.

Die verantwortliche Münchner Sozialreferentin Dorothee Schiwy räumt ein, dass diese Praxis teuer ist, verteidigt das Modell im Interview aber: "Unsere Idee ist, wirklich zu helfen und die Leute zu unterstützen." Schließlich bekämen die Menschen dort auch Dienstleistungen wie Beratung oder regelmäßig frische Bettwäsche, so argumentiert Schiwy im BR-Interview.

Sind Akuthilfen der richtige Weg?

Kritiker bemängeln: Während in München immer mehr Geld in Akuthilfen für bedürftige Mieter gesteckt werde, komme der soziale Wohnungsbau zu kurz. Er wäre aber nachhaltiger.

Die Stadt gibt nach Recherchen des Bayerischen Rundfunks inzwischen mehr als 350 Millionen Euro im Jahr aus, um Menschen kurzfristig Wohnraum zu ermöglichen – nicht nur Wohnungslosen, auch Bürgergeld-Empfängern und Geringverdienern muss sie immer höhere Mieten und Zuschüsse bezahlen. Laut der Studie des Pestel-Forschungsinstituts aus dem vergangenen Jahr ist München bundesweit "Spitzenreiter" bei einer gefährlichen Entwicklung: Die Akuthilfen heizten die Mietpreise immer weiter an, schreiben die Forscher.

Wer baut bezahlbare Wohnungen?

Unsere eigenen Berechnungen bestätigen das: 2023 flossen im Vergleich zu den Münchner Akuthilfen nur etwa 18 Prozent dieses Geldes in den sozialen Wohnungsbau. Dabei wäre der Bau von neuen Wohnungen viel nachhaltiger und könnte die Preisspirale nach Ansicht von Experten zumindest verlangsamen.

Für Menschen wie Ariane Pipke, die weder arm noch reich sind, gibt es solche Hilfen ohnehin nicht. Obwohl sie in München arbeitet und verwurzelt ist, braucht sie eineinhalb Jahre, um eine bezahlbare Wohnung zu finden. Etwa 60 erfolglose Wohnungsbesichtigungen hat sie zum Schluss hinter sich.

Die ganze Recherche hören Sie heute (19.3.) um 12:15 Uhr in der Sendung "Funkstreifzug" im Radioprogramm von BR24 oder schon jetzt als Podcast in der ARD Audiothek.

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