Blitzer in Kirchseeon
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Der Blitzer nahe der Ortseinfahrt von Kirchseeon (Lkr. Ebersberg) hat sich für die Gemeinde zu einer guten Einnahmequelle entwickelt.

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Million dank Blitzer – Warum Bayern trotzdem wenig kontrolliert

Million dank Blitzer – Warum Bayern trotzdem wenig kontrolliert

In Kirchseeon bei München hat ein fest installierter Blitzer über eine Million Euro für die Gemeindekasse gebracht - innerhalb eines Jahres. Generell ist Bayern aber viel zurückhaltender bei Geschwindigkeitskontrollen als andere Bundesländer.

Über dieses Thema berichtet: Bayernmagazin am .

Hinterhältig ist die Geschwindigkeitskontrolle nicht: Ein Schild warnt offen vor der Radarkontrolle am Ortsrand, und eine digitale Geschwindigkeitsanzeige am Straßenrand soll sicherstellen, dass Vorbeifahrende wirklich mitkriegen, wenn sie zu schnell unterwegs sind. Doch obwohl die Säule mit dem Geschwindigkeitsmesser schon seit einem Jahr am gleichen Platz steht, gab es insgesamt 34.000 Verstöße, die innerhalb eines Jahres hier gezählt wurden. Was mehr als eine Million in die Kasse der Marktgemeinde Kirchseeon gebracht hat – die jetzt in die Renovierung von Schulen oder des Hallenbads fließen können.

Viel weniger Dauer-Blitzer als in Baden-Württemberg

Dennoch nehmen sich daran bisher nur wenige bayerische Kommunen ein Beispiel. Zwar hat nach einer Erhebung des Deutschen Anwaltvereins beispielsweise auch Nürnberg 2023 fast fünf Millionen Euro mit Blitzern eingenommen, Fürth und Erlangen jeweils immerhin eine Million. Insgesamt sind permanent installierte Geschwindigkeitskontrollen in Bayern jedoch die Ausnahme. Während es in Baden-Württemberg über 1.000 solche Dauer-Blitzer gibt und in Nordrhein-Westfalen fast genauso viele, sind es im Freistaat nur einige Dutzend. In Bayern war es den Kommunen lange verboten, eigene permanente Geschwindigkeitskontrollen einzurichten.

Landtag: Die Blitzer schützen die Bevölkerung

Das hat sich erst 2020 geändert. "Fest installierte Geschwindigkeitsmessanlagen führen dazu, dass Verkehrsteilnehmer am entsprechenden Streckenabschnitt vorsichtiger und angepasster fahren", hieß es im Antrag der CSU-Fraktion, den der Landtag zuvor beschlossen hatte. Dass es im Gegensatz zu mobilen Kontrollen keinen Überraschungseffekt gebe und die Autofahrer sich an die Dauer-Blitzer gewöhnen, könne nur als Vorteil gewertet werden.

Grüne: Viele Kommunen kennen die Möglichkeit gar nicht

Allerdings habe das Innenministerium die neue Rechtslage seither nur zurückhaltend kommuniziert, kritisiert der Grünen-Landtagsabgeordnete Markus Büchler. Bis heute wüssten viele der Zuständigen in den Kommunen deshalb nicht, dass es diese Möglichkeit überhaupt gibt. Bayern tue deshalb an dieser Stelle weniger für die Verkehrssicherheit als das grün regierte Baden-Württemberg.

Polizei kontrolliert nur an wenigen Punkten

Nach Auskunft des bayerischen Verkehrsministeriums waren zwar die Erfahrungen der Kommunen mit permanent installierten Blitzer durchweg positiv: Unfallschwerpunkte wurden dadurch entschärft und Geschwindigkeitsverstöße weniger. Allerdings haben nur sehr wenige die neue Möglichkeit überhaupt ergriffen: In den letzten Jahren haben Kommunen in ganz Bayern nur acht solche fest installierten Blitzer in Betrieb genommen. Die bayerische Polizei kontrolliert in eigener Verantwortung an insgesamt nur 20 Stellen im Freistaat permanent die Geschwindigkeit.

Blitzer sind oft auch ein Verlustgeschäft

Dass nicht mehr Kommunen in Bayern den Verfolgungsdruck auf Raser vergrößern, liegt nach Einschätzung des Bayerischen Gemeindetags auch an finanziellen Erwägungen. Eine Gelddruckmaschine wie in Kirchseeon sind die Blitzer an vielen anderen Stellen nicht. Und die Investition ist hoch: Eine sechsstellige Summe für die Anschaffung, dazu auch erhebliche laufende Kosten. "Ich kenne viele Gemeinden, die da eher ein Verlustgeschäft machen", sagt Benedikt Weigl vom Bayerischen Gemeindetag. Gerade kleineren Kommunen fehle auch das Fachpersonal, um Geschwindigkeitskontrollen zu betreuen. Privatfirmen mit der Geschwindigkeitskontrolle zu beauftragen, kostet genauso Geld. Deshalb verzichtet rund die Hälfte der bayerischen Kommunen ganz auf eigene Geschwindigkeitskontrollen und überlässt das Ganze der Polizei. Die hat jedoch auch viele andere Aufgaben. Im Ergebnis ist der Verfolgungsdruck für Raser in Bayern viel geringer als anderswo.

Einheimische lernen, Auswärtige zahlen

In Kirchseeon ist übrigens mit der Zeit die Zahl der Ebersberger Auto-Kennzeichen gesunken, die von der Radarfalle erfasst werden. Die Einheimischen lernen also dazu, an der viel befahrenen Straße sind unter den Rasern inzwischen vor allem Auswärtige. Die Zahl der Verstöße ist im Lauf des ersten Jahres mit dem permanenten Blitzer ungefähr um die Hälfte gesunken. Es lohnt sich aber trotzdem noch kräftig.

Im Video: Rekord-Blitzer in Kirchseeon

Rekord-Blitzer in Kirchseeeon
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Rekord-Blitzer verschafft Kirchseeon eine Million Einnahmen

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