Das gab es noch nie: Im Streit um neue Brunnen für den Mineralwasserhersteller Altmühltaler sind Kritiker der Pläne erstmals auf Vertreter der Unternehmensleitung getroffen. Das ist in Treuchtlingen ein bemerkenswertes Ereignis. Denn das Misstrauen bei den Gegnern sitzt tief.
Die kritische "Wasserinitiative Treuchtlingen" und der Bund Naturschutz vor Ort haben in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen mit dem Thema gemacht. Vor einigen Jahren hatte der Altmühltaler-Konzern seine Fördermenge verdoppeln wollen. Treuchtlingens damaliger Bürgermeister hatte dies rechtswidrig über die Stadtwerke beantragen lassen. Ein Deal, der in nicht öffentlicher Sitzung behandelt wurde, um Diskussionen in der Bürgerschaft zu vermeiden. Die Täuschung flog auf. Doch seitdem beobachtet die Bürgerschaft Bestrebungen nach neuen Brunnen mit Argwohn und Sorge.
Mineralwasser-Hersteller Altmühltaler spricht mit Kritikern
Im Treuchtlinger Rathaus hat inzwischen Bürgermeisterin Kristina Becker (CSU) das Sagen. Und der Altmühltaler-Standort Treuchtlingen gehört seit einem Jahr zu Aldi Nord, einem der Giganten in der bundesdeutschen Lebensmittelindustrie. Die Bürgermeisterin hatte in kleiner Runde eingeladen, den Bund Naturschutz, die Wasserinitiative, genau die Menschen, die Altmühltaler seit Jahren laut kritisieren. Aldi Nord war bei dem Gespräch mit einem Sprecher vertreten, an der Seite von Altmühltaler-Geschäftsführer Alexander Pascher. Für die Expertise war das Wasserwirtschaftsamt vertreten. Und darüber hinaus die Juristen, die Altmühltalers Anträge für neue Brunnen im Landratsamt Weißenburg-Gunzenhausen bearbeiten. Die Gespräche im Treuchtlinger Rathaus waren erstaunlich konstruktiv. Und es wurde klar, mancher harsche Vorwurf der Gegner neuer Brunnen trifft auf die falschen Adressaten.
Kostbares Tiefengrundwasser in Plastikflaschen
Seit Jahren kritisiert die Wasserinitiative, dass Treuchtlinger Tiefengrundwasser bei Aldi in Plastikflaschen verkauft wird, während die Stadt ihr Trinkwasser über eine Fernleitung aus der Donauregion bezieht. Dies hatte die Stadt Treuchtlingen vor Jahrzehnten so entschieden. Damals sei dies eine nachvollziehbare Entscheidung gewesen, erklärt Roland Rösler, Abteilungsleiter im Wasserwirtschaftsamt. "Die waren in den 1960-er Jahren in einer Notsituation." Denn die Bedingungen für Trinkwasser sind im südlichen Mittelfranken aus geologischen Gründen schwierig. "Es gibt Stoffe, die im Wasser zirkulieren, wie etwa Gips im Bereich Neustadt-Aisch. Damit ist die Qualität für Trinkwasser oft nicht geeignet."
Wasser aus tieferen Schichten: vor Jahrtausenden entstanden
Weil zunehmend auch Nitrat und andere Umweltstoffe das Grundwasser belastet hatten, wurde damals einfach tiefer gebohrt. Aus 200 Metern Tiefe holen seitdem zahlreiche Wasserwerke, Brauereien und eben auch Altmühltaler kostbares Mineralwasser. Die Wasserader unter dem sogenannten Sandsteinkeuper verläuft "vom Brombachsee bis in die Voralpen, vom nördlichen Ries bis zur Naab in der Oberpfalz", so Rösler. Was Altmühltaler hochpumpt, ist also keinesfalls nur "Treuchtlinger Wasser", wie die Kritikerinnen behaupten. Es ist seit Jahrtausenden dort unten vorhanden. Und weil fast nichts nachläuft, schlagen Fachleute aus der Wasserwirtschaft schon länger Alarm. „Wir entnehmen mehr, als ausgeglichen werden kann“, sagt Experte Rösler. Bemühungen, das zu ändern, laufen bereits. Die neuen Brunnen von Altmühltaler sind ein Teil davon. Sie zapfen eine höher gelegene Wasserschicht an.
Kritikerinnen: "Profit mit wertvoller Ressource"
Ungeachtet dessen kritisiert die Wasserinitiative, Altmühltaler mache mit einer kostbaren Ressource Profit. Die Firma bediene sich kostenlos, während die Bürgerinnen und Bürger zahlen müssten. "Das Ökosystem ist kein Supermarkt", sagt Dorothee Bucka. Doch auch dieser Vorwurf läuft ins Leere. Wasser ist als Allgemeingut bisher noch grundsätzlich kostenlos. Die Gebühren braucht es, damit das Wasser sauber und sicher im Wasserhahn ankommt. Zudem nutzt die Firma Altmühltaler nur einen Bruchteil der insgesamt geförderten Menge an kostbarem Tiefengrundwasser. Der weitaus größere Anteil landet in Wasserhähnen der Region. 2,2 Millionen Kubikmeter werden pro Jahr im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen aus rund 200 Metern Tiefe hochgepumpt. Rund zehn Prozent davon werden als Mineralwasser bei Aldi verkauft. Den Rest zapfen Wasserwerke im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen für die öffentliche Wasserversorgung ab.
Mineralwasser für Toiletten-Spülung: der eigentliche Skandal
Und hier liegt vielleicht der eigentliche Skandal. "Die Wasserwerke verkaufen das als Nutzwasser", kritisiert Treuchtlingens Bürgermeisterin Kristina Becker (CSU), "das ist kein optimaler Zustand." Denn so werden auch Toiletten und Industrieanlagen mit sauberstem Grundwasser gespült. "Die Wasserqualitäten müssten künftig der Nutzung angepasst werden", erklärte sie. So werde das Wasser der Suffersheimer Steinriegelquelle, das bei starkem Regen trübe wird, künftig als Brauchwasser für die Altmühltherme verwendet. Auch haben sich die Wasserversorger im Landkreis verabredet, künftig wertvolles Tiefengrundwasser zu sparen. „Man ist dabei, die Probleme zu erkennen“, erklärte Jessica Ortner vom Landratsamt Weißenburg-Gunzenhausen. Die Wasserversorgung müsse Alternativen prüfen. „Da sind wir schon einen großen Schritt weiter.“
Vorformulierte Vorwürfe zum Schluss
Die allermeisten Fakten über die Wassersituation sind den Kritikern durchaus bekannt. Anna Dischinger von der Wasserinitiative lobt Altmühltaler für die Gesprächsbereitschaft. "In Sachen Transparenz sind Sie um hundert Prozent besser geworden", sagt sie. Ganz zum Schluss will Dorothee Bucka noch ein vorbereitetes Statement verlesen. Sie sitzt den Unternehmensvertretern von Altmühltaler direkt gegenüber. Treuchtlingen befinde sich in der „Umklammerung der Trinkwasserindustrie“, formuliert sie, spricht von „hässlichen Produktions- und Lagerhallen in der Wellness- und Gesundheitsstadt“. Und ist dann über die Reaktion einigermaßen überrascht. „Es ist traurig, das Gespräch mit so vielen Vorwürfen enden zu lassen“, sagt der Sprecher von Aldi Nord. Und Altmühltaler-Geschäftsführer Alexander Pascher entgegnet, „wir wollen Bürgern gutes Mineralwasser zur Verfügung stellen, das sie sich auch leisten können.“ Ein Liter Altmühltaler kostet beim Discounter 30 Cent. Die Marge für einen Gewinn kann bei diesem Preis nicht allzu hoch ausfallen.
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