Galeria-Eingang in Augsburg
Bildrechte: BR/ Ramona Kisiela

Filiale retten oder neue Konzepte erarbeiten - darüber wird in Augsburg gestritten.

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Nach Galeria-Aus: Kritik an Augsburgs Oberbürgermeisterin

Weil auch in Augsburg die Galeria-Filiale schließen soll, kracht es im Stadtrat. Vor allem die Oberbürgermeisterin wird heftig attackiert. Statt Lösungen zu entwickeln, sei sie zu oft "vor der Instagram-Kamera". Die Stadtspitze reagiert empört.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Schwaben am .

Die drohende Schließung der Galeria-Karstadt-Kaufhof-Filiale sorgt für Zoff im Augsburger Stadtrat. Raphael Brandmiller (Generation Aux) wirft der Stadtspitze Versagen vor. Insbesondere Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) kritisiert er scharf: "Ich hoffe, die Stadtregierung und allen voran die Oberbürgermeisterin begreift endlich, dass sich eine Stadt wie Augsburg nicht mit blumigen Insta-Videos regieren, gestalten oder entwickeln lässt. Den großen Worten am Tag nach der Bekanntgabe des Karstadt-Aus, folgte: Nichts!“, schreibt das Stadtratsmitglied in einer Pressemitteilung.

Vorwurf: Augsburg Stadtführung fehlen die Konzepte

"Karstadt wird sterben. Dies anzuerkennen, entspräche einer realistischen Wirtschafts- und Standortpolitik. Auf dieses Szenario scheint die Augsburger Stadtregierung aber nicht vorbereitet zu sein", so Brandmiller weiter.

Es fehle an Konzepten, um dem Online-Handel zu begegnen. Viele Geschäfte würden schließen, die Situation in der zentral gelegenen Karolinenstraße sei "katastrophal", schreibt Brandmiller. "Nicht umsonst drängen wir seit Jahren zum Beispiel darauf, den Stadtmarkt konzeptionell weiterzuentwickeln. Dafür ernten wir von der Stadtregierung nur müdes Lächeln."

Stattdessen seien Oberbügermeisterin Weber und Wirtschaftsreferent Hübschle "vor der Instagram-Kamera" präsent, kritisiert Brandmiller. Auch in den Pop-Up-Stores, mit denen Leerstand überbrückt werden soll, sieht Brandmiller keine langfristige Lösung zur Stärkung der Innenstadt.

Wirtschaftsreferent weist Vorwürfe zurück

Augsburgs Wirtschaftsreferent Wolfgang Hübschle (CSU) kritisierte die Pressemitteilung von Generation Aux scharf. "Fakt ist, dass wir seit Jahren mit den Eigentümern Gespräche führen. Diese müssen im Hintergrund laufen", sagte Hübschle im Gespräch mit BR24. Weiter erklärte er, dass eine enge Kooperation mit der Eigentümerin vereinbart worden sei, die auf andere interessierte Parteien ausgeweitet werden solle.

Hübschle zeigte sich verärgert über die Vorgehensweise der Gruppierung. "Wer meint, solche ernsten Themen über derartige Pressemeldungen verteilen zu müssen, der hat sich fachlich und menschlich disqualifiziert." Insbesondere betonte er die Sensibilität des Themas angesichts der betroffenen Beschäftigten. "Wir haben Stillschweigen und Vertraulichkeit vereinbart."

Gespräche und Konzepte mit Solidas

Brandmiller hatte sich in seiner Mitteilung auch lobend über den Eigentümer der Immobilie, die Firma Solidas, geäußert. "Wie man hört, hat der Eigentümer ganz ohne Zutun der Stadtregierung bereits Konzepte für eine Zeit nach Galeria Karstadt Kaufhof entwickelt. Eventuell sogar wieder mit Einzelhandelsnutzung", erklärte Brandmiller, der mit seiner politischen Gruppierung Generation Aux mit den mitregierenden Grünen eine Fraktionsgemeinschaft bildete, dann aber aus der Fraktion austrat.

Nach der Galeria-Gläubigerversammlung am Dienstag hatte Oberbürgermeisterin Weber erklärt, sich weiter für den Erhalt der Filiale in Augsburg einzusetzen. Wichtige Rahmenbedingungen dafür wie die Standortqualität in der Innenstadt und günstige Mietkonditionen seien gegeben. Dennoch werde man gleichzeitig mit dem Augsburger Unternehmen Solidas an guten Konzepten für den Standort in der Bürgermeister-Fischer-Straße arbeiten, so Weber.

Hübschle forderte eine rasche Umsetzung eines neuen Konzepts in der Galeria-Immobilie, damit das Umfeld nicht unter einem Leerstand leide. Nach der Corona-Krise nehme auch der Betrieb in der Augsburger Innenstadt weiter zu. Messungen aus dem vergangenen Jahr hätten ergeben, dass in den Haupteinkaufslagen 2023 rund 15 Prozent mehr Passanten unterwegs gewesen sind als noch 2022.

SPD-Fraktion legt mit Kritik nach

Kritik kam am Donnerstag auch von den Augsburger SPD-Stadträten. Die Aktivitäten der Stadtspitze und ihres Wirtschaftsreferenten seien bislang unterhalb der Schwelle des Wahrnehmbaren gewesen, heißt es in einer Mitteilung. Jetzt wäre nach Meinung der SPD der Zeitpunkt gekommen, die in den letzten Wochen angeblich intern erarbeiteten Alternativen offenzulegen und Lösungen anzugehen. Die weitere Nutzung des Komplexes für den Einzelhandel habe dabei Priorität. "Sollte das nicht oder nur auf einer Teilfläche möglich sein, gibt es in der Stadt genügend Raumnot, bei der zusätzliche Flächen – etwa in den oberen Stockwerken - helfen könnten", so der wirtschaftspolitische Sprecher, Dirk Wurm. Denkbar seien Nutzungen für schulische oder kulturelle Zwecke.

Bürgerliche Mitte kritisiert Hübschles Reaktion auf Kritik

Am Freitag hat die Fraktion Bürgerliche Mitte (Freie Wähler, FDP, Pro Augsburg) die Informationspolitik des Augsburger Wirtschaftsreferenten Hübschle zur Zukunft von Galeria Karstadt kritisiert. Laut einer Mitteilung der Fraktion sagte der Fraktionsvorsitzende Lars Vollmar: "Wenn große Teile des Stadtrats dem Wirtschaftsreferenten in Sachen Karstadt Untätigkeit vorwerfen, dann hat sich Herr Dr. Hübschle das vor allem selbst zuzuschreiben". Vollmar könne sich nicht erinnern, dass der Wirtschaftsreferent in den vergangenen 12 Monaten dem Stadtrat auf Augenhöhe über seine Karstadt-Aktivitäten berichtet habe. „Und selbst auf Nachfrage kommt vom Wirtschaftsreferenten nicht mehr als Wischiwaschi - auch in nicht-öffentlicher Sitzung." Hübschles Aussage, die Inhalte seiner Gespräche seien vertraulich, hält Vollmar daher für vorgeschoben. Vor diesem Hintergrund hält die Bürgerliche Mitte die Reaktion Hübschles auf Kritik der Rathaus Opposition für nicht akzeptabel.

Die Fraktion will daher gemeinsam mit der SPD-Fraktion und Einzelstadtrat Raphael Brandmiller für die nächste Stadtratssitzung einen Bericht zu Karstadt beantragen. Hübschle soll, wenn nötig, in nicht öffentlicher Sitzung, darlegen, welche Konzepte er für eine Nachfolgelösung für Karstadt hat und mit wem er wann über was zum Thema gesprochen hat.

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