Neuschwanstein ist Deutschlands wohl bekanntestes Schloss. Nun haben die Einwohner von Schwangau grünes Licht für einen Weltkulturerbe-Antrag gegeben. Bei einem Bürgerentscheid in der Allgäuer Gemeinde stimmten am Sonntag 56 Prozent für die Bewerbung bei der Unesco, 44 Prozent waren dagegen. Die Wahlbeteiligung lag bei 56 Prozent.
Damit kann die Bundesrepublik wie geplant die Bewerbung Anfang 2024 einreichen. Das Schloss im Ostallgäu soll gemeinsam mit den anderen beiden weltberühmten Schlössern des Bayern-Königs Ludwig II., Herrenchiemsee und Linderhof, sowie dem weniger bekannten Königshaus am Schachen für den Unesco-Titel vorgeschlagen werden.
"Denkmal von Weltrang"
Schwangaus Bürgermeister Stefan Rinke (CSU) sprach nach dem Bürgerentscheid von einer guten und klaren Entscheidung. "Wir sind froh über das Referendum", betonte der Rathauschef. "Damit haben wir den eindeutigen Auftrag der Bevölkerung, die staatliche Initiative aktiv zu unterstützen."
Zuvor hatte er nochmals für den Antrag bei der Unesco geworben: "Schloss Neuschwanstein hat diesen Titel auf jeden Fall verdient. Das ist ein Denkmal von Weltrang, das auf der Höhe ist wie der Eiffelturm und die Pyramiden. Deswegen sollte Neuschwanstein auch Welterbe werden."
Bayerns Kunstminister erleichtert
Der Bürgerentscheid war nötig, weil für Welterbe-Bewerbungen die Unterstützung der Bevölkerung vor Ort erwartet wird. Ein "Nein" aus Schwangau hätte daher das Prestigeprojekt der Landesregierung in München ins Wanken gebracht.
Bayerns Kunstminister Markus Blume reagierte erleichtert auf das Ergebnis. Er sei dankbar für die Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger Schwangaus, meinte der CSU-Politiker. "Es ist eine wichtige Entscheidung für die Region und eine gute für Bayern."
Noch mehr Touristen bei Unesco-Titel?
Kritiker des Vorhabens befürchten, dass das Welterbesiegel noch mehr Besucher anlocken könnte. Mit normalerweise etwa eineinhalb Millionen Gästen pro Jahr zählt Neuschwanstein bereits zu den größten Touristenattraktionen Deutschlands. Zur Hauptsaison leiden gerade die Anwohner im Ortsteil Hohenschwangau unter den Touristenmassen.
Die Befürworter erhoffen sich dagegen einen langfristigen Schutz für das Schloss Neuschwanstein und sehen die Möglichkeit, endlich ein nachhaltiges Besuchermanagement rund um die weltbekannte Sehenswürdigkeit zu entwickeln. Von der Bayerischen Schlösserverwaltung heißt es: "Schloss Neuschwanstein ist bereits weltbekannt, eine Steigerung der Besucher ist nicht zu erwarten." Ein zentrales Bestreben aller am Welterbe-Antrag Beteiligten sei es, den Massentourismus einzugrenzen.
Welterbe-Antrag mit langer Geschichte
Bestrebungen, Neuschwanstein in die Unesco-Welterbe-Liste aufnehmen zu lassen, gibt es schon seit vielen Jahren. 2007 hat der Landtag dann beschlossen, sich auch mit den anderen Königsschlössern Linderhof, Schachen und Herrenchiemsee zu bewerben. Seit 2015 stehen die vier Schlösser offiziell auf der deutschen Vorschlagsliste. Die Bayerische Schlösserverwaltung arbeitet derzeit die Bewerbung aus.
Am 1. Februar 2024 soll sie der Unesco-Kommission vorgelegt werden. Eine Entscheidung, ob die Königsschlösser in die Unesco-Welterbeliste aufgenommen werden, könnte voraussichtlich im Sommer 2025 fallen. Bayern hat bereits zehn Welterbestätten, etwa die Würzburger Residenz und die Regensburger Altstadt.
Verbrechen überschattet Abstimmung
Überschattet wurde die Abstimmung von einem Verbrechen, das sich vor wenigen Tagen in der Nähe von Neuschwanstein ereignet hatte. Am Mittwoch hatte Ermittlern zufolge ein US-Amerikaner zwei junge Frauen attackiert und einen Abhang hinuntergeworfen, eine 21-Jährige starb. Ein Sexualdelikt könnte Hintergrund der Tat gewesen sein. Alle drei waren als Touristen ins Allgäu gekommen. Der 30 Jahre alte Verdächtige sitzt wegen Mordverdachts in Untersuchungshaft.
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