Die CSU-Zentrale distanziert sich von Rufen aus den eigenen Reihen nach einer Pkw-Maut für Autobahnen und Bundesstraßen in Deutschland. "Die Maut steht weder im Wahlprogramm von CDU und CSU, noch in der Bayern-Agenda der CSU zur Bundestagswahl", teilt ein Parteisprecher auf BR-Anfrage mit. "Der aktuelle Vorschlag des Arbeitskreises Juristen spiegelt nicht die Position der Partei wider."
Vor wenigen Tagen hatte der Arbeitskreis Juristen (AKJ) der CSU in einer Resolution eine "angemessene Infrastrukturabgabe für die Nutzung der Bundesstraßen und Autobahnen in Deutschland" gefordert. Es brauche umfassende Zukunftsinvestitionen, um junge Menschen und künftige Generationen nicht durch marode Infrastruktur zu überlasten. Daher sollten den CSU-Juristen zufolge "alle Nutzer von Verkehrsinfrastruktur" an der Finanzierung beteiligt werden – "wie in anderen Staaten Europas auch".
Nach ADAC-Angaben gibt es in 26 europäischen Ländern eine Maut, dazu zählen auch mehrere Nachbarstaaten Deutschlands. In der Schweiz, in Österreich und Tschechien benötigen Autofahrer eine Autobahn-Vignette, in Polen und Frankreich gilt eine streckenabhängige Maut. Im Herbst hatten die Wirtschaftsweisen mehr Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur angemahnt und dazu als eine mögliche Einnahmequelle auch eine Pkw-Maut genannt.
Dobrindt: Wird "vielleicht irgendwann mal wieder Thema"
Die Resolution der CSU-Juristen weist darauf hin, dass der Europäische Gerichtshof eine Entlastung deutscher Fahrzeughalter über die KfZ-Steuer ausgeschlossen habe. "Dessen Entscheidung respektiert der AKJ als bindende gerichtliche Entscheidung." Daraus folgt die Forderung nach einer "angemessenen Infrastrukturabgabe" für alle Nutzer von Autobahnen und Fernstraßen. Vorsitzender des Arbeitskreises ist der ehemalige bayerische Justizminister Winfried Bausback.
Kurz vor der Bundestagswahl hatte CSU-Landesgruppenchef und Ex-Verkehrsminister Alexander Dobrindt in der "BR24 Wahlarena" Verständnis für Forderungen nach einer Pkw-Maut gezeigt: Die Nutzerfinanzierung sei nach wie vor "in vielen Köpfen", da man im Ausland zahlen müsse. "Es ist etwas, was vielleicht irgendwann mal wieder Thema wird. Aber ich bitte jetzt um Verständnis: Ich werde nicht der sein wollen, der es machen muss."
Erster Anlauf für Pkw-Maut gescheitert
Die CSU hat mit dem Thema Pkw-Maut unter dem Strich keine guten Erfahrungen gemacht. 2013 zog die Partei mit der Forderung nach einer "Maut für Ausländer" in den Bundestagswahlkampf. Gegen den anfänglichen Widerstand der damaligen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) schaffte es die Abgabe in den schwarz-roten Koalitionsvertrag, 2015 wurde sie vom Bundestag beschlossen. Bundesverkehrsminister war damals Dobrindt.
Das Konzept sah vor, deutsche Pkw-Halter durch eine niedrigere KfZ-Steuer zu entlasten und somit ausschließlich ausländische Autofahrer zur Kasse zu bitten. Die tatsächliche Einführung wurde aber wegen Bedenken der EU-Kommission verschoben. Ende 2018 schloss dann der damalige Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) Betreiberverträge ab. Ein halbes Jahr später stoppte der Europäische Gerichtshof die deutsche Maut als rechtswidrig, weil sie ausländische Autofahrer diskriminiere. Die Folgekosten für den Steuerzahler: 243 Millionen Euro Schadenersatz an die Betreiber.
AfD kritisiert Vorstoß
Kritik an der Forderung der CSU-Juristen kommt vom bayerischen AfD-Landtagsabgeordneten Gerd Mannes. "Jetzt fordert die CSU erneut, eine Pkw-Maut einzuführen! Als ob die Bürger nicht schon genug Steuern zahlen", schrieb er in den sozialen Netzwerken. Auch die AfD sei für mehr Investitionen in die Infrastruktur, wolle dies aber durch "konsequente Einsparungen bei Migration und 'Klimaschutz' gegenfinanzieren".
Grüne: CSU macht das Leben teurer
Bayerns Grünen-Landeschefin Eva Lettenbauer wirft der CSU vor, das Leben teurer zu machen: Die Christsozialen wollten den Menschen das Deutschlandticket "einfach wieder wegnehmen", jetzt folge der Vorstoß zur Pkw-Maut, sagt sie dem BR. "Man fragt sich schon, was da los ist, denn Ende letzten Jahres tönte die Union im Bund noch, dass sie die Autofahrer nicht zur Kasse bitten will."
Die Menschen wollten günstig und einfach unterwegs sein, mit Bus, Bahn und Auto, betont die Grünen-Politikerin. "Dafür braucht es echte Investitionen in die Ladenetze, Schienen und den Erhalt von Straßen, aber wirklich kein aufgewärmtes Maut-Trauma."
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