Das eingeschaltete Blaulicht ist am 16.04.2024 in München (Bayern) auf einem Einsatzfahrzeug der Polizei zu sehen. Hinter dem Polizeiauto steht ein Rettungswagen vom Bayerischen Roten Kreuz.
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Einsatz in München: Hinter einem Polizeiauto steht ein Einsatzfahrzeug des BRK.

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Notfallsanitäter: Einige bald nur noch als Fahrer einsetzbar?

Notfallsanitäter: Einige bald nur noch als Fahrer einsetzbar?

Das Innenministerium überlegt, Rettungswagen nur noch mit Sanitätern zu besetzen, die bestimmte Maßnahmen anstelle eines Arztes vornehmen dürfen. Laut BRK könnten manche dadurch ihren Job nicht mehr ausüben. Der Berufsverband warnt vor Willkür.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Wer Notfallsanitäter ist, hat sich drei Jahre lang ausbilden lassen, im Anschluss eine staatliche Prüfung absolviert und steht mit seiner Qualifikation in der Rettungsdienst-Rangfolge direkt unter dem Notarzt. Um Leben zu retten oder Schäden abzuwenden, dürfen Notfallsanitäter laut Bundesgesetz bis zum Eintreffen des Arztes "heilkundliche Maßnahmen" vornehmen – diese sind eigentlich Ärzten vorbehalten.

Innenministerium: Notärzte für dringendere Einsätze freihalten

Das bayerische Innenministerium überlegt derzeit, ob Notfallsanitäter, die als solche im Freistaat in einem Rettungswagen sitzen, neben dieser bundesgesetzlichen Erlaubnis künftig verpflichtend auch einen zusätzlichen Nachweis benötigen: Eine "wirksame Delegation eines Ärztlichen Leiters Rettungsdienst (ÄLRD)". Mit dieser können weitere spezifische ärztliche Maßnahmen delegiert werden, die Notfallsanitäter eigenverantwortlich anstelle eines Notarztes vornehmen dürfen. Dieser müsste dann gar nicht erst alarmiert werden.

"Damit sollen Notärzte für Einsätze, bei denen sie dringender gebraucht werden, freigehalten werden", schreibt das Ministerium auf BR24-Anfrage. Eine Änderung der entsprechenden Verordnung zum Rettungsdienst sei "in Vorbereitung", man werde die Idee "sorgfältig und eingehend" mit Rettungsdienstorganisationen und Verbänden diskutieren.

BRK: Einzelne könnten Beruf nicht mehr vollumfänglich ausüben

Obwohl bereits heute beim Bayerischen Roten Kreuz (BRK) eine deutliche Mehrheit von mehr als 2.000 Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitätern über eine solche Delegation des ÄLRD verfügt, steht das BRK der Idee des Ministeriums kritisch gegenüber. Denn eine "geringe Anzahl an Einzelpersonen" würde dadurch "ihre berufliche Qualifikation nicht mehr vollumfänglich ausüben können", teilt das BRK mit.

Sie dürften nicht mehr als "verantwortliche Person am Rettungswagen" eingesetzt werden, sondern nur noch als Fahrer – trotz abgeschlossener Berufsausbildung. In dieser Funktion hätten die Sanitäter faktisch keinen Patientenkontakt mehr und wären dadurch auch von der bundesgesetzlichen Erlaubnis ausgeschlossen, "heilkundliche Maßnahmen" bis zum Eintreffen eines Arztes vorzunehmen, so das BRK.

Verband: "Zweite Berufszulassungsprüfung" nicht rechtskonform

Der Deutsche Berufsverband Rettungsdienst (DBRD) sieht darin eine Einschränkung der "freien Berufsausübung". Eine wirksame Delegation des ÄLRD, die "in der Regel jährlich überprüft" werde, könne nicht Grundlage für die Besetzung von Rettungswagen sein.

De facto ergebe sich dadurch auch "eine im Freistaat Bayern geltende zweite Berufszulassungsprüfung durch Ärztliche Leiter Rettungsdienst, die ohne entsprechende staatliche Stellen und Zulassungsbehörden gegebenenfalls die Berufsausübung der Notfallsanitäter verhindert". Das sei nicht "rechtskonform", schreibt der Verband BR24.

"Schicksal liegt in Hand einzelner Ärztlicher Leiter"

Das Schicksal der Notfallsanitäter würde in die Hand einzelner Ärztlicher Leiter gelegt, warnt der DBRD. Eine Kontrolle finde nicht statt, die Ärztlichen Leiter dürften "nach Gutdünken" entscheiden. Das sei nicht zeitgemäß und widerspreche "der im Rettungsdienst gewünschten Teamarbeit über alle Qualifikationen und Berufsgruppen hinweg". Deswegen wolle man versuchen, die Änderung zu verhindern, "um nicht der Willkür einzelner Personen ausgesetzt zu sein".

Über eine ähnliche Anpassung des Rettungsdienstgesetzes denkt laut Bundesverband derzeit auch Nordrhein-Westfalen nach, ansonsten gebe es "derlei Konstellationen" in Deutschland bisher nicht. Im kommenden Jahr will das Innenministerium die betroffenen Verbände hierzu anhören. Wann in Bayern abschließend über die angedachte Änderung entschieden wird, ist laut Ministerium noch unklar.

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