Die Provinz Sichuan im Südwesten Chinas wird auch "Land des Überflusses" genannt. Fruchtbare Böden, Wasser, viele Bodenschätze prägen die Region. Zum Überfluss dürfte aus bayerischer Sicht aber auch die Tatsache beitragen, dass Sichuan jüngste Partnerprovinz Bayerns ist.
Darum reist der bayerische Ministerpräsident Markus Söder heute vom "schönsten Land der Welt" (Söder) ins "Land des Überflusses". Er will dort "wichtige Kontakte für die bayerische Wirtschaft und im Bereich Wissenschaft" knüpfen.
Auf den Spuren von Strauß
Klar, auf wessen Spuren sich der CSU-Vorsitzende dabei sieht: Franz Josef Strauß habe vor vielen Jahren das Tor nach China geöffnet, "das führen wir immer weiter fort", sagt Söder.
Strauß war 1975 in China, auf Einladung von Parteichef Mao, als erster westdeutscher Politiker - neun Monate vor Bundeskanzler Helmut Schmidt.
Wirtschaft braucht "jede Unterstützung"
Tatsächlich ist China größter Handelspartner Bayerns. Im Jahr 2023 lag das Handelsvolumen bei 53 Milliarden Euro, das entspricht elf Prozent des bayerischen Außenhandels. Mächtige Bilanzen, aber es verschiebt sich was: Die Exporte nach China sanken zuletzt stärker als die Importe.
"Das ist eine Entwicklung, die uns Sorgen bereitet und die wir wieder umkehren müssen", sagt Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft. Söder nimmt den Auftrag an: Sein Besuch sei wichtig "gerade in Zeiten, wo die deutsche Wirtschaft und auch die bayerische Wirtschaft jede Unterstützung braucht".
Lässt Söder sich instrumentalisieren?
Aber um welchen politischen Preis? Söder sagt, ihm gehe es "mehr um Real- statt Moralpolitik". Das lässt manchen aufhorchen: Die FDP-Bundestagsabgeordnete Gyde Jensen, Vize-Vorsitzende der Deutsch-Chinesischen Parlamentariergruppe, bezweifelt, "dass Söder wirklich einschätzen kann, was auf ihn zukommt oder geschweige denn, dass er nicht instrumentalisiert werden wird". Bayerns SPD-Fraktionschef Florian von Brunn sagt, seine Partei sei immer für Gespräche mit Staaten, "die andere Werte vertreten als wir". Aber diese Gespräche dürften nicht kritiklos ablaufen.
Chinas Ansehen in der westlichen Welt hat sich zuletzt eingetrübt. Seine Menschenrechtslage verschlechterte sich, die Drohgebärden Richtung Taiwan nahmen zu. Die Bundesregierung schlägt in ihrer neuen China-Strategie kritischere Töne an: Statt nur Partner und Wettbewerber sei das Land mittlerweile auch "systemischer Rivale".
Söder: "Geht nicht um Brüskieren"
Die Sorge, er übersehe das, weist der CSU-Chef zurück. Er sei "nicht naiv", sagt Söder. Vielmehr werde er „alle Dingen ansprechen, die anzusprechen sind, aber eben anders als andere". Heißt was? "Panda-Diplomatie", sagt Söder. Unter anderem wolle er China auffordern, "eine aktive Rolle im Friedensprozess in der Ukraine zu spielen".
Bayerische "Panda-Diplomatie"
Panda-Diplomatie - der Begriff bezeichnete lange die chinesische Praxis, Pandas zu verschenken, um politisch gut Wetter zu machen. Mittlerweile verleiht China die Bären nur noch. Kriselt es international, werden die Tiere nach Hause geholt. So zuletzt aus den USA und Großbritannien.
Will Söder nun Leih-Bären für den Nürnberger Tiergarten abgreifen? Bayerische Außenpolitik definiert "Panda-Diplomatie", gewohnt selbstbewusst, anders: Der Ministerpräsident besucht in Chengdu, der Hauptstadt von Sichuan, zunächst eine Aufzuchtstation für Riesen-Pandas. Süße Söder-mit-Kuscheltier-Bilder garantiert. Bei den folgenden Terminen will der CSU-Chef den Chinesen "sich in kleinen Schritten annähern, über wirtschaftliche Bereiche versuchen im Gespräch zu sein". Geplant sind in Chengdu Treffen mit dem Parteisekretär und dem Gouverneur der Provinz Sichuan.
Ehrenprofessur statt Pandas
Am Dienstag geht es weiter nach Peking. Dort trifft Söder zunächst den Handelsminister. Am Mittwoch schließlich der Höhepunkt der Reise, der Empfang bei der Nummer zwei hinter Staatspräsident Xi Jinping - dem chinesischen Regierungschef Li Qiang. Die beiden hatten sich im vorigen Jahr in München getroffen, Söder bat zum festlichen Abendessen in die Residenz. Lis Einladung zum Gegenbesuch zeige nun den Stellenwert Bayerns, sagt der CSU-Politiker.
Dass Söder dennoch wohl keine Riesenpandas mitbringen wird, wird ihn kaum bedrücken. Mit leeren Händen kehrt er nicht zurück: Die Pekinger Tsinghua Universität verleiht ihm eine Ehrenprofessur.
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