Photovoltaik wird montiert
Bildrechte: picture alliance / Westend61 | Jake Jakab

Photovoltaik auf Privathäusern boomt in Bayern. Es wird so viel gebaut wie nie. Der Freistaat will mit eigenen Gebäuden eigentlich Vorbild sein.

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Photovoltaik auf staatlichen Dächern: Wie gut ist der Freistaat?

Bayern ist bei Photovoltaik führend, betont die Staatsregierung. Sie will mit eigenen Gebäuden eigentlich Vorbild sein. Ob sie diesen Anspruch auch einlöst – dazu gibt es unterschiedliche Ansichten.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Vor einigen Tagen gab es im Eichamt Bamberg einen Erfolg zu feiern und auch Bayerns Energieminister Hubert Aiwanger (FW) war deshalb vor Ort. Das 1991 am Rand der Stadt gebaute Amtsgebäude verfügt neuerdings über eine Photovoltaikanlage. "Das stärkt die Vorbildrolle der Staatsverwaltung in der Energiewende", freut sich der Minister.

Wie wichtig Photovoltaikanlagen auf staatlichen Gebäuden seien, haben CSU und Freie Wähler immer wieder betont. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte bereits in seiner Regierungserklärung im Juli 2021 angekündigt, die Zahl der Photovoltaikanlagen auf staatlichen Dächern zu vervierfachen. Einen Zeitraum dafür hatte er jedoch nicht genannt. Und im jüngst unterzeichneten Koalitionsvertrag von CSU und Freien Wählern heißt es: "Das Potenzial für Stromerzeugung aus Photovoltaik auf staatlichen Gebäuden wollen wir bis 2025 voll ausschöpfen."

Läuft es gut oder tut sich wenig?

Damit läuft es gut, findet Aiwanger. Er erntet jedoch Widerspruch aus der Opposition. Martin Stümpfig von den Grünen sagt, der Freistaat bleibe bei Photovoltaik auf den eigenen Dächern weit hinter seinen Möglichkeiten zurück: "Das Potenzial ist riesig groß, und da tut sich einfach viel zu wenig."

Wer hat recht? Ein Blick auf die Zahlen zeigt: Insgesamt besitzt der Freistaat rund 11.000 Gebäude. Nach Angaben des Bauministeriums sind bis jetzt auf 570 davon Solarzellen montiert - also ungefähr auf jedem zwanzigsten Gebäude. Zuletzt kamen jährlich größenordnungsmäßig 100 neue Photovoltaikanlagen etwa auf Ämtern dazu. Auf den ersten Blick scheint das Ziel des Koalitionsvertrags damit ehrgeizig bis unerreichbar zu sein.

Sind wirklich nur zehn Prozent der Staatsdächer geeignet?

Allerdings bewertet das Bauministerium offenbar fast 90 Prozent der Gebäude des Freistaats als ungeeignet für Photovoltaik: weil sie zum Beispiel zu klein sind, unter Denkmalschutz stehen, die Statik oder Ausrichtung des Dachs nicht passt. Nur 1.300 staatliche Gebäude sind nach Einschätzung des Bauministeriums für Solarzellen geeignet – nach dieser Zählung hat der Freistaat also schon fast die Hälfte seines Ziels erreicht.

Der technische Fortschritt ermöglicht eigentlich viel

Der Grünen-Landtagsabgeordnete Martin Stümpfig zweifelt diese Zählung an: "Da rechnet man alles runter, um dann irgendwie das Ziel zu schaffen. Aber das haut hinten und vorne nicht hin." Es gebe inzwischen reichhaltige technische Möglichkeiten: leichte Module für weniger stabile Dächer, eingefärbte Solarzellen für denkmalgeschützte Gebäude, spezielle Solarzellen für schattige Standorte oder auch Fassaden. "Da kann man nicht sagen, nur zehn Prozent der Dächer sind geeignet. Da macht es sich die Staatsregierung wirklich sehr, sehr leicht."

Das Bauministerium betont indes: Immerhin steht für die Zeit bis 2025 ein Budget von 125 Millionen Euro zur Verfügung. Und entgegen mancher Prognosen war auch eine Ausschreibung des Freistaats für das Verpachten von Dächern an Privatinvestoren erfolgreich: auf 53 Dächern, von der Polizeiwache bis zur Hochschule, baut jetzt ein Unternehmen aus dem Allgäu Photovoltaik.

Bayern vorn bei Photovoltaik

Energieminister Aiwanger richtet den Blick bei seinem Termin in Bamberg auch über die eigenen Immobilien des Freistaats hinaus. Es gebe in Bayern generell "sehr gute Zubauzahlen" bei der Stromerzeugung aus Photovoltaik: "Rund ein Drittel des gesamten PV-Zubaus Deutschlands passiert in Bayern. Wir sind also hier weiter an der Spitze."

Ganz Deutschland erlebt derzeit einen Photovoltaik-Boom. Nach Angaben des Branchenverbands BSW Solar wird das von der Bundesregierung angestrebte Ausbauziel von neun Gigawatt in diesem Jahr deutlich übertroffen. Inzwischen geht der Verband davon aus, dass es am Jahresende 2023 mehr als 13 Gigawatt zusätzliche Photovoltaik-Leistung sein werden. Ein Marktwachstum von über 75 Prozent gegenüber dem Vorjahr 2022 könne schon jetzt als nahezu sicher gelten.

Privatleute gehen bei Sonnenenergie voran

Ein Großteil dieses Booms findet nach den BSW-Zahlen tatsächlich auch in Form von Dachanlagen statt. Mehr als die Hälfte der heuer neu installierten Leistung kommt aus kleinen Anlagen bis 30 Kilowatt, wie sie auf Privathäusern üblich sind. Nur etwas mehr als ein Viertel stammt aus Freiflächenanlagen, der Rest wurde auf großen Dächern installiert, etwa Industrie- und Lagerhallen.

Offenbar warten die privaten Hausbesitzer beim Ausbau der Photovoltaik also nicht auf das Beispiel des Freistaats. Sondern im Gegenteil: Die Privaten machen es ihm vor.

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