Manfred Genditzki steht vor Prozessbeginn im Wiederaufnahmeverfahren um den sogenannten Badewannen-Mord zusammen mit seinen Anwälten Regina Rick (l.) und Klaus Wittmann im Gerichtssaal, im Vordergrund eine Justizbeamtin (Archivbild).
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Saß Manfred Genditzki 4.912 Tage unschuldig im Gefängnis?

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Plädoyers im Prozess um "Badewannen-Mord"

Vor dem Münchner Landgericht geht der neue Prozess um den "Badewannen-Mord" von Rottach-Egern in die entscheidende Woche. Für heute sind die Plädoyers geplant, am Freitag könnte das Urteil fallen. Neue Gutachten stützen die Version des Angeklagten.

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Es ist ein mit Spannung erwartetes Urteil, das Richterin Elisabeth Ehrl sprechen wird: In dieser Woche soll das Wiederaufnahmeverfahren um den "Badewannen-Mord" von Rottach-Egern enden. Für heute sind am Landgericht München I die Plädoyers geplant, am Freitag wird Ehrl voraussichtlich das Urteil verkünden. Die entscheidende Frage ist: Saß Manfred Genditzki 13 Jahre lang für ein Verbrechen im Gefängnis, das es nie gegeben hat?

"Wir rechnen mit einem Freispruch", hatte Genditzkis Verteidigerin Regina Rick zu Beginn des neuen Prozesses Ende April erklärt. Sie geht davon aus, dass die Seniorin schlicht einen Unfall hatte und sich den Kopf aufschlug, als sie in die Wanne stürzte.

4.912 Tage unschuldig in Haft?

Der 62-jährige Angeklagte, der in der Wohnanlage der Getöteten als Hausmeister tätig war, war 2010 vom Landgericht München II zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Nach Überzeugung des Schwurgerichts hatte er die Seniorin im Oktober 2008 in deren Wohnung in Rottach-Egern nach einem Streit auf den Kopf geschlagen und dann in der Badewanne ertränkt.

Das Urteil wurde nach zwei Revisionen schließlich rechtskräftig. Nach 4.912 Tagen in Haft kam Genditzki im vergangenen August frei, weil es erhebliche Zweifel an seiner Schuld gibt. Ende April begann das Wiederaufnahmeverfahren.

  • Zum Artikel: "Badewannen-Mord": Von den ersten Schritten in Freiheit

Neue Erkenntnisse durch Computersimulationen

Im neuen Verfahren waren nun Gutachter gehört worden, die den 62-Jährigen aus Sicht seiner Verteidigung entlasten. Mithilfe von Computersimulationen hatte ein Sachverständiger gezeigt, dass die Frau damals gestürzt und dann in ihrer Badewanne ertrunken sein könnte. Laut einem weiteren Gutachter ist die 87-Jährige an jenem 28. Oktober 2008 später gestorben als bislang angenommen – für diesen Zeitpunkt hat Genditzki ein Alibi. Bei den früheren Verhandlungen waren keine Computersimulationen verwendet worden; ein Rechtsmediziner hatte versucht, den Unfall nachzustellen, was jedoch nicht gelang.

Aus Sicht von Genditzkis Anwältin hatte ihr Mandant kein Motiv, die Seniorin, die er regelmäßig im Alltag unterstützt hatte und mit der er, seine Frau und sein kleiner Sohn auch eine Art Freundschaft pflegten, zu ermorden. Das Verhältnis von Genditzki und seiner Familie zu der alten Frau sei gut gewesen, schilderte seine Ehefrau als Zeugin vor Gericht.

"Mein Papa kann keiner Fliege was zuleide tun"

Auch die 36 Jahre alte Tochter des Angeklagten aus einer früheren Beziehung sagte vor Gericht aus. "Mein Papa kann keiner Fliege was zuleide tun", betonte sie. Die Vorwürfe gegen ihn nannte sie "jenseits von Gut und Böse". Ihr Vater sei dazu "nicht imstande".

Sollte das Gericht nach dem Verfahren zu dem Entschluss kommen, Genditzki freizusprechen, stehen ihm Entschädigungszahlungen zu. Nach Angaben des Justizministeriums bekäme er dann 75 Euro pro Hafttag. Das wären insgesamt 368.400 Euro. Zusätzlich zur Entschädigung könnte Genditzki im Falle eines Freispruchs noch materiellen Schaden geltend machen, beispielsweise wegen Verdienstausfalls.

Mit Material von dpa

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