Am Landgericht Ingolstadt hat am Dienstag der Prozess gegen die vier mutmaßlichen Keltengoldschatz-Diebe begonnen. Die Angeklagten im Alter zwischen 43 und 52 Jahren sitzen seit 1,5 Jahren in Untersuchungshaft und wurden in Fußfesseln in den Saal gebracht. Die vier drehten sich entweder von den zahlreichen Fotografen und Kameraleuten weg oder versteckten sich hinter Aktenordnern. Acht Verteidiger vertreten die Angeklagten. Die Männer müssen sich wegen schweren Bandendiebstahls verantworten. Ihnen drohen Freiheitsstrafen von einem bis zu zehn Jahren.
Staatsanwaltschaft: Bande besteht schon seit 2008
Zwei Staatsanwälte verlasen abwechselnd die lange Anklageschrift. Demnach sollen sich die vier Männer im Jahr 2008 zu einer Bande zusammengeschlossen haben, um sich "eine Einnahmequelle zu sichern", so der Vorwurf. Vor allem Supermärkte und Tankstellen hätten die Angeklagten im Visier gehabt. Die Diebestouren fanden in den dunkleren Herbst- und Frühjahresmonaten statt – und meist in der Nacht auf Montag, weil dann mehr Geld in den Kassen zu erwarten war, so die Staatsanwaltschaft.
Die Objekte wurden in der Nähe von Fernstraßen (zu Fluchtzwecken) und Gewässern (um dort Werkzeuge zu versenken) gewählt. Laut Staatsanwaltschaft wurden Autos immer in Rostock, Hamburg oder Berlin gemietet, niemals aber im Ort des Diebstahls. Vor den Einbrüchen, so die Staatsanwaltschaft, wurden in der Nacht die Telekommunikationsnetzwerke zerstört, um die Alarmanlagen auszuschalten.
Priorität: Spuren verwischen
Nach den Taten versprühten die Männer Feuerlöscherschaum, um Spuren zu vernichten. Sie trugen schwarze Ganzkörperanzüge, Sturmhauben, feste Schuhe und Rucksäcke, um keine DNA-Spuren zu hinterlassen und auf Videoaufnahmen nicht zu erkennen zu sein. Statt Handys wurden nach Ermittleraussagen Walkie-Talkies benutzt.
Die Tatnacht
Am 22. November 2022 gegen ein Uhr nachts sollen die mutmaßlichen Diebe in das Telekom-Verteilerhäuschen in Manching eingestiegen sein, um Kabel zu durchtrennen. Sie wussten, dass die Leitungen die Alarmanlage versorgten. 700 Geschäftsanschlüsse und 13.000 Privathaushalte wurden von der Versorgung getrennt, danach war kein Telekommunikationsverkehr mehr möglich. Der Schaden für die Telekom beträgt laut Staatsanwaltschaft 70.000 Euro. Die Angeklagten sollen zudem Störsender angebracht haben, um jegliche Verbindung unmöglich zu machen.
Zwei der Angeklagten sollen dann eine Fluchttür aufgehebelt haben und so ins Museum eingestiegen sein. Zunächst sollen sie versucht haben, die Vitrine einzuschlagen, was allerdings misslang. Deswegen wurde auch die Vitrine aufgehebelt, aus der die beiden dann die 480 keltischen Goldmünzen entnahmen – mit einem Handelswert von rund 1,5 Millionen Euro.
Angeklagte kümmerten sich nicht um historischen Wert der Goldmünzen
Der Kelten-Goldschatz stammt aus dem Jahr 100 v. Chr. Es handelt sich um Münzen, die im heutigen Böhmen geprägt wurden. Dass es sich dabei um wichtige historische Stücke handelte, nahmen die Angeklagten billigend in Kauf, so die Staatsanwaltschaft. Laut Anklage wurden jeweils vier der Münzen unter großer Hitze zusammengeschmolzen – insgesamt wurden so aus 70 Goldstücken 18 Goldklumpen gemacht. Auf diese Weise zerstörten die Angeklagten die Prägung und den historischen Wert. Wo die restlichen 410 Münzen sind, ist weiterhin ungeklärt.
Wie man den Tätern auf die Spur kam
Staatsanwältin Petra Osthoff schilderte BR24, wie man den Tätern schließlich auf die Spur kam: Im Museum in Manching entdeckten die Beamten eine DNA-Spur, die mit DNA-Spuren von acht weiteren Einbruchsdiebstählen übereinstimmte. Zunächst kannte man den Urheber dieser DNA-Spur nicht.
Dieses Tatmuster haben die Ermittler mit über 160 weiteren Einbrüchen abgeglichen und etliche Parallelfälle gefunden. Und bei einem dieser Parallelfälle gab es dann eine Spur zu einem der Angeklagten, von ihm aus dann zu den anderen Angeklagten. Fast ein Jahr später wurden die vier mutmaßlichen Diebe in Schwerin gefasst. Alle vier stammen aus Mecklenburg-Vorpommern, drei aus der Landeshauptstadt Schwerin.
Mit der Anklage hat die Staatsanwaltschaft beim Kopf der Bande auch die Einziehung von über zwei Millionen Euro beantragt. In der Summe enthalten ist der bis heute nicht auffindbare Teil des Goldschatzes.
BR24live-Video: Gestohlener Keltenschatz von Manching: Diebesbande vor Gericht
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!