Jährlich landen in Bayern rund 790.000 Tonnen Altpapier im Müll. Davon kann der Großteil – etwa 80 Prozent – wiederverwertet werden. Der Rest, darunter auch viele Papiertragetaschen, landet jedoch im Restmüll und wird verbrannt. Seit dem Verbot von Plastiktüten im Jahr 2022 greifen viele Kunden mit gutem Gewissen zur Alternative aus Papier. Doch wenn diese aus "nassfestem" Papier besteht, ist Recycling nicht möglich.
Endstation Verbrennungsanlage
Der Grund: Damit Tragetaschen nicht beim ersten Nieselregen aufweichen, werden sie mit Wachs, Lacken oder Kunststoffen behandelt. Diese Schutzschicht verhindert jedoch, dass sich die Fasern im herkömmlichen Recyclingprozess wieder lösen lassen.
Das Problem: Viele Verbraucher werfen ihre Papiertragetaschen in den Papiermüll. Doch bei der Wiederaufbereitung in Papierfabriken scheitert das Recycling. In einem Nassverfahren sollen die Fasern aus dem Papier gelöst werden, doch "nassfestes" Papier widersteht dieser Behandlung. Das Ergebnis: Große Mengen an potenziell recycelbarem Papier landen letztlich im Restmüll und werden verbrannt.
Neue Technologie für mehr Recycling
Christian Güntner, Geschäftsführer des Münchner Unternehmens Rohprog, will genau das verhindern. Sein Unternehmen verarbeitet seit fast 100 Jahren Papierabfälle aus München und Umgebung. In seiner Sortieranlage im Münchner Norden werden täglich rund 1.000 Tonnen Altpapier angeliefert.
Eine neue Maschine könnte die Lösung bringen: Sie arbeitet mit einem innovativen Verfahren – der Trockenzerfaserung. Anders als bei herkömmlichen Methoden wird das Papier hier nicht mit Wasser aufgelöst, sondern durch Luft und hohe Drehzahlen in einzelne Fasern zerlegt. Das Verfahren ermöglicht es, selbst schwierige Materialien wie Coffee-to-go-Becher oder beschichtete Tragetaschen in wiederverwertbare Papierfasern zu verwandeln.
"Damit lässt sich recyceln, was in bisherigen Verfahren nicht recyclebar war", erklärt Christian Güntner, während er die weichen, watteähnlichen Papierfasern in den Händen hält.
Bayerisch-sächsische Innovation
Entwickelt wurde die Trockenzerfaserung von der Firma TBP-Future aus Moosburg an der Isar in Zusammenarbeit mit der TU Dresden. Noch befindet sich die Technik in der Erprobung. Die derzeitige Anlage ist klein, und auch die Vorsortierung stellt eine Herausforderung dar. Doch langfristig will Christian Güntner mit den wiedergewonnenen Fasern direkt Papierfabriken beliefern. Sein Ziel: Zero Waste in der Papierverwertung – ohne Restmüll und ohne Verbrennung.
Sollte sich das Verfahren großflächig etablieren, könnte es eine echte Wende für das Recycling von Papiertüten und To-go-Verpackungen bedeuten – und die Recyclingquote weiter steigern.
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