Jakob Lipp ist zufrieden. Vor über zwei Jahren wollte der Hobby-Landwirt aus dem Landkreis Mühldorf einmal etwas Neues ausprobieren und hat erstmals selbst Kümmel angesät, eine der ältesten Gewürzpflanzen der Welt. Jetzt im Herbst ist das Feld neben seinem Anwesen abgeerntet, die duftenden Kümmelsamen getrocknet, gereinigt, verpackt - und einige Betriebe in der Region haben sie bereits in der Küche oder Backstube stehen. Doch bis der Kümmel aus Oberbayern im Brot oder Krautsalat landete, galt es so manche Herausforderung zu überwinden.
Kultur des Kümmelanbaus in Bayern fast in Vergessenheit geraten
Im Sommer haben wir schon einmal über das Kümmelexperiment von Jakob Lipp berichtet. Doch ob mit der Ernte und Verarbeitung alles klappt, das war da noch nicht so sicher. Denn die Kultur des Kümmel-Anbaus - und demzufolge auch der Kümmel-Ernte - ist hierzulande fast in Vergessenheit geraten. So war es beispielsweise auch nicht ganz leicht, passende Geräte und Maschinen für die Ernte, Trocknung und Säuberung zu finden. Und dann war da natürlich auch noch die Frage: Was macht man nach der Ernte eigentlich mit so viel Kümmel?
"Kümmelduft lag kilometerweit in der Luft"
Bei dem Ortsbesuch im Juni stand die zweijährige Gewürzpflanze noch auf dem Feld. Doch schon kurze Zeit später wurden die Dolden abgemäht. "Es war ein besonderer Tag für mich", erinnert sich Jakob Lipp. Mit viel Fingerspitzengefühl und Erfahrung habe der Kümmel schonend mit einem Mähdrescher geerntet werden können. "Der wunderbare Kümmelduft lag kilometerweit in der Luft!", so der Hobby-Landwirt.
Direkt nach der Ernte hat Jakob Lipp den Kümmel dann in eine spezielle Trocknungsanlage gebracht. Das Ziel: Einen Wassergehalt von weniger als neun Prozent zu erreichen. Das ist laut Lipp wichtig, damit das Gewürz optimal lagerfähig ist.
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Herausforderung: Feine Siebe für die Reinigung finden
Eine besondere Herausforderung war jedoch die Reinigung: Im September hat Jakob Lipp den getrockneten Kümmel nach Oberösterreich gebracht, denn nur dort hat er eine geeignete Reinigungsanlage für die kleinen und schmalen Gewürzsamen gefunden. Siebe dieser Maschine haben eine Abstandsgröße von nur 0,1 Millimeter, nur so konnte das Erntegut von Stielen und Pflanzenresten befreit werden. "Wir sprechen also nicht von Klein und Groß, sondern vom Zehntelmillimeter-Bereich", erklärt Lipp.
Danach, so berichtet der Hobby-Landwirt weiter, wurde der Kümmel in Papiersäcke abgefüllt und kühl und trocken eingelagert. Nun konnte das Gewürz endlich den Krautsalat verfeinern und auch verkauft werden – theoretisch. Erst musste Jakob Lipp noch für seinen Kümmel werben und Abnehmer-Betriebe finden.
Woher kommen die Gewürze bei regionalen Produkten?
Rohstoffe aus möglichst regionaler und ökologischer Landwirtschaft spielen vor allem bei Bio-Betrieben eine große Rolle. Doch grundsätzlich gilt laut EU-Ökoverordnung: Ein Bio-Produkt muss nur zu mindestens 95 Prozent aus Zutaten aus ökologischer Erzeugung bestehen. Konkret bedeutet das also: Bei einem Bio-Brot können fünf Prozent der Zutaten konventionellen Ursprungs sein.
Bei regionalen Produkten ist das ähnlich. Nicht alle Zutaten kommen wirklich aus der Region. Laut einem Sprecher der Bäko-Verbundgruppe, dem Fachgroßhandel für Bäckereien und Konditoreien, trifft das beispielsweise auf Kümmel zu. Die Länder Tschechien, Ungarn, Litauen, Ukraine und Ägypten zählten derzeit zu den hauptsächlichen Ursprungsländern für den Bezug von Kümmel. Kümmelsamen aus Bayern? Gibt es bislang kaum.
Betriebe aus der Region verwenden nun heimischen Kümmel
Im Oktober hat auch die bayerische Rezeptredakteurin Irmi Rumberger von Jakob Lipps Kümmel gehört und ein spezielles Brotrezept entwickelt: Den "Brandmeier Kümmellaib". Jetzt gibt es zumindest im Landkreis Mühldorf regionales Brot mit heimischem Gewürz. Doch das ist noch nicht alles, erzählt Lipp: "Momentan produzieren wir ein Büchlein zum Thema regionaler Anbau und Kümmel-Brotrezepte."
Für den Hobby-Landwirt war das Kümmelfeld ein Experiment. Rund 2.000 Euro hat er für die Aussaat investiert und dann etwa noch einmal so viel für die Ernte, Trocknung und Reinigung. Das war möglich, weil Jakob Lipp eigentlich einen anderen Beruf hat und nicht davon leben muss. Wichtig war ihm dabei nicht nur, eine alte Gewürzpflanze hier wieder heimisch werden zu lassen, sondern auch generell für regionale Produkte zu werben. Denn, so beobachtet Lipp: "Bei Lebensmittel liegt immer noch der Fokus auf dem Preis anstatt auf verantwortungsvollem, regionalem Konsum."
Drei Bäckereien und mehrere Spitzenrestaurants aus der Region verwendeten mittlerweile schon den Kümmel aus dem Landkreis Mühldorf, so Lipp. Für den Autoren, Kommunikations-Experten und Hobby-Landwirt ist das Experiment also gelungen. Doch bevor das Feld hinter dem Haus im Landkreis Mühldorf erneut bepflanzt wird, geht es erst einmal nach Hessen: Im November will Jakob Lipp sein Projekt auch auf einem Nachhaltigkeitsforum für Kliniken und Krankenhäuser vorstellen.