Das Heimatschutzregiment 1 ist aus einem Pilotprojekt hervorgegangen. Der Verband wurde vor rund zwei Jahren in Bayern aufgestellt.
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Das Heimatschutzregiment 1 ist aus einem Pilotprojekt hervorgegangen. Der Verband wurde vor rund zwei Jahren in Bayern aufgestellt.

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Reservisten der Bundeswehr: Daheim Infrastruktur schützen

Reservisten der Bundeswehr: Daheim Infrastruktur schützen

Heimatschutzverbände spielen innerhalb der Bundeswehrplanungen wieder eine größere Rolle. Sie bestehen maßgeblich aus Reservistinnen und Reservisten. Doch die Reserve steht vor großen Herausforderungen.

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Plastikmagazine klackern, als sie von einer Gruppe Soldaten in deren Sturmgewehre eingesetzt werden. Es sind letzte Vorbereitungen für das, was hier gleich passieren könnte, auf einem Übungsplatz im Allgäu. Dann fährt ein Kleintransporter vor.

Ein Soldat lässt den Fahrer aussteigen. Der andere soll sichern; das Sturmgewehr schussbereit. Ihr Ausbilder, Stabsfeldwebel Markus, geht dazwischen: "Stopp! Keiner läuft dem anderen irgendwo rein", ruft er. Zu ihrem Schutz dürfen wir keinen der Soldaten mit vollem Namen nennen. Bei Markus sollen sie lernen, Fahrzeuge zu kontrollieren, die sich einem Sperrgebiet nähern.

Für keinen von ihnen ist das tägliche Routine. Sie alle sind Reservisten, ziehen die Uniform also in der Freizeit an, oder wenn es vom Job her klappt. "Ich glaube, dass das, was ich hier tue, sinnvoll ist", sagt Markus über seine Motivation. Dabei ist er seit 1991.

Zurück auf Los

Seitdem hat sich viel verändert in der Bundeswehr und in der Reserve. Bis heute gilt in Deutschland: Wer Soldat war, ist automatisch Reservist – auch wenn er nicht übt und keine Uniform zu Hause hat. Doch ihrem einstigen Zweck kann die Reserve nur mehr unzureichend dienen: Um die Bundeswehr binnen kürzester Zeit nennenswert zu vergrößern – also die aktive Truppe durch Reservisten zu ergänzen, sie von der Anzahl her "aufwachsen zu lassen" – fehlen die Strukturen.

Für die Einheit, in der Stabsfeldwebel Markus und seine Kameraden dienen, gilt dabei so etwas wie "Zurück auf Los". Hier wird in neuer Form wiederbelebt, was einst aufgelöst wurde: der Heimatschutz. Die Übung führt eine der Hauptaufgaben dieser Kräfte vor Augen.

Infrastruktur vor der Haustür schützen

In dem Übungsszenario wird Nato-Bündnisgebiet angegriffen, skizziert Hauptmann René. Truppen fahren daraufhin durch Deutschland und müssen an bestimmten Orten versorgt werden. So einen Versorgungspunkt sollen die Reservistinnen und Reservisten sichern.

Bundesweit soll es bis Ende 2026 sechs Heimatschutzregimenter geben. In Bayern wurde nach einer Pilotphase das erste aufgestellt. Inzwischen umfasst es mehr als 1.300 Dienstposten. Zwei Drittel davon sind laut Bundeswehrangaben besetzt. Sie sind regional zugeordnet.

Vergangenheit wird zur mahnenden Kulisse

Der Chef der Heimatschutzkompanie Schwaben, Oberstleutnant Heiko, lädt zu einer kurzen Rundfahrt über den Übungsplatz ein. Vor dem Autofenster tauchen Wachtürme auf. Die Fahrt führt an den Ort, den die Reservisten später im Übungsszenario sichern sollen. Die Vergangenheit wird dabei zur Kulisse. Hier hätten sich im Kalten Krieg atomare Mittelstreckenraketen in Stellung bringen lassen.

Die einstige Alarmstellung ist insofern vielleicht genau der richtige Platz, um mit einem Stabsoffizier an der Basis über den wiederentdecken Heimatschutz zu reden. Über die Lage der Reserve – über Abschreckung als Strategie zum Friedenserhalt: "Grundsätzlich ist ein Soldat einer der wenigen Menschen, die etwas erlernt haben, das aber nicht umsetzen wollen, weil er weiß, was es bedeutet", sagt Oberstleutnant Heiko.

Herausforderungen für die Reserve

Doch jegliche Strategie der Abschreckung funktioniert ihrer eigenen Logik nach nur dann, wenn sie glaubwürdig hinterlegt ist, wenn militärische Fähigkeiten einen Angreifer tatsächlich zögern lassen. Die Reserve wird in der Bundeswehr da seit jeher mitgedacht.

Sie steht aber heute vor Herausforderungen, die auch auf der Übung deutlich werden – trotz der hohen Motivation der Männer und Frauen: Fast 50 Prozent kurzfristige Absagen habe es gegeben, sagt Heiko. Etliche begründet durch den Arbeitgeber. Klar akzeptiere man das, "aber die Planung macht es schwierig" und der Ausbildungsstand sei nur schwer zu halten.

Hintergrund ist die aktuell gültige Gesetzeslage. Der Dienst ist freiwillig. Ein Arbeitgeber muss sein Placet geben, wenn ein Angestellter übt. Den Verdienstausfall zahlt der Staat.

Bundeswehrkreise mahnen indes, der große Wurf, um die Leistungsfähigkeit der Reserve zu erhöhen, sei bislang ausgeblieben, aber überfällig. In ihren Augen ist auch der Heimatschutz angesichts seiner Aufgaben noch zu klein geplant und der Weg zum Dienst in der Reserve mit zu vielen Hürden gepflastert.

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