Rodelspaß am Kolbensattel bei Oberammergau
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Rodelspaß statt Pistengaudi als Antwort auf den Klimawandel

Rodelspaß statt Pistengaudi als Antwort auf den Klimawandel

Die AktivArena am Kolbensattel in Oberammergau reagiert proaktiv auf den Klimawandel. Die Beschneiung wird reduziert, und aus der Hauptskiabfahrt wird eine Rodelpiste. Die Oberammergauer trauen sich das, wovor sich viele andere Skigebiete fürchten.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Grün statt weiß, diese Farbe dominiert seit Jahren vor Weihnachten am Kolbensattel. Klement Fend steht vor der Liftstation im Tal und sein Blick schweift über den Abfahrtshang. Der Geschäftsführer der AktivArena am Kolbensattel schüttelt den Kopf, allzu sehr hat er sich an dieses Bild im Winter gewöhnt. Jahrelang hat das Skigebiet auf die Beschneiungsanlage gesetzt, doch damit ist jetzt Schluss.

Klimawandel akzeptieren

Der Kipppunkt war der letzte Winter, sagt Geschäftsführer Klement Fend. Gerade mal an 28 Tagen war Skibetrieb möglich, normalerweise sollten es mindestens 80 sein. Schon seit Jahren sei der Winter ein Draufzahlgeschäft, ganz im Gegensatz zum Sommer, da steigen seit Jahren die Einnahmen. Doch es sei keine Dauerlösung, wenn der Gewinn vom Sommer den Verlust im Winter refinanziert​, so Fend.

Zudem untermauern Daten des Wetterdienstes die Auswirkungen des Klimawandels. In den letzten 50 Jahren sind am Kolbensattel die Temperaturen kontinuierlich angestiegen. Das Skigebiet liegt zwischen 850 Meter und 1.250 Meter Höhe. Gab es früher mehrere Wochen Temperaturen unter dem Gefrierpunkt, sind es jetzt nur noch wenige Tage im Winter. Die Folge: Es fällt zu wenig Schnee, der dann auch schnell wieder wegtaut und auch Beschneiung wird durch diese Temperaturschwankungen ineffektiv.

Auf Klimawandel reagieren

Darum reifte bei Klement Fend und den Gesellschaftern die Idee den Klimawandel zu akzeptieren. Statt auf die steigenden Temperaturen mit immer noch mehr Schneekanonen zu reagieren, wird jetzt der Einsatz minimiert. Die Hauptabfahrt wird zu einer Rodelpiste. Das spart nicht nur Energiekosten bei der Beschneiung, sondern reduziert auch den Personalaufwand. Für den Rodelbetrieb reicht ein schmales, weißes Band vom Berg ins Tal.

Rodeln statt Pisten-Abfahrten

Die Skipiste wurde von der Gemeinde zur Rodelpiste umgewidmet, die Liftanlage für den Rodeltransport optimiert und 200 Leih-Holzschlitten angeschafft. Mit Hilfe der Beschneiung soll eine zwei Kilometer lange Rodelpiste auf der ehemaligen Abfahrtspiste ins Tal führen. Geschäftsführer Fend ist zuversichtlich, dass bis zu den Weihnachtsferien genug Schnee für den ersten Rodelspaß liegt.

Zudem ist Rodeln auch schon jetzt möglich: Der Alpincoaster, eine auf Stelzen stehende Sommerrodelbahn, wurde in den letzten Wochen winterfest gemacht. Einhausungen in Tal und Berg sowie ein beheiztes Gleisband machen es möglich. Gut 400.000 Euro haben die Betreiber für die Umbaumaßnahmen bezahlt.

Skifahren und Skitouren stark eingeschränkt

Für Skifahrer bleibt nur noch der Lernhang im unteren Bereich. Auch, um Skischulen und Vereinen sowie Anfängern weiter eine Chance zum Skifahren zu geben, werden die Schlepp- und Bügellifte weiterbetrieben.

Die Hauptabfahrt wird ab dieser Saison aber nicht mehr zum Skifahren, sondern nur zum Rodeln präpariert. Auch Skitourengeher werden leiden: Vorbei die Zeit, als die "Skitourenroute am Kolben" die erste beschneite Aufstiegsroute im Alpenraum war. Die Abfahrt, die früher über die Piste erfolgte, kann nur abseits der Rodelbahn bei ausreichend Naturschnee im freien Gelände erfolgen.

Kolbensattel wird zum Ganzjahresberg

Veränderungen sind anfangs immer schmerzhaft, fasst Fend den Entschluss zusammen. Die Entscheidung war keine einfache und hat für viel Diskussion gesorgt. Der Geschäftsführer ist sich aber auch sicher, dass ähnliche Veränderungen bald vielerorts zu spüren sind. Der Kolbensattel ist der Zeit voraus, da ist er sich sicher. "Wir wollten ein stabiles und familienfreundliches Freizeitangebot schaffen, das auch bei wechselhaftem Winterwetter funktioniert", erklärt Klement Fend. "Durch die Kombination aus Alpin-Coaster und Rodelstrecke sind wir nun deutlich flexibler und unabhängiger vom natürlichen Schneefall."

In den Weihnachtsferien soll der Rodelbetrieb auf der Naturbahn aufgenommen werden, der Alpincoaster ist schon jetzt in Betrieb. Viele andere bayerische Liftbeteiber schauen gespannt nach Oberammergau und fragen sich, ob die Rechnung im Kampf gegen den Klimawandel aufgeht.

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