Ein Wohnmobil von Knaus Tabbert (Symbolbild)
Bildrechte: BR/Katharina Häringer
Audiobeitrag

Ein Wohnmobil von Knaus Tabbert (Symbolbild)

Audiobeitrag
> Wirtschaft >

Knaus Tabbert Wohnmobile: Wurde an der Waage geschraubt?

Knaus Tabbert Wohnmobile: Wurde an der Waage geschraubt?

Sind einzelne Knaus Tabbert Wohnmobile schwerer als erlaubt? Wurde an der Waage betrogen? Die Staatsanwaltschaft ermittelt dazu. Händler raten ihren Kunden unterdessen, die Wohnmobile zu wiegen. Das Thema beschäftigt seit Jahren die gesamte Branche.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Niederbayern und Oberpfalz am .

3,5 Tonnen – um diese Zahl geht es bei den Ermittlungen gegen Mitarbeiter und ehemalige Vorstände der Firma Knaus Tabbert. Sie sollen, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft Stuttgart, beim Wiegen der Wohnmobile betrogen haben, die Wohnmobile leichter gemacht haben als sie in Wirklichkeit waren. Deshalb gab es am Mittwoch eine Razzia in den Geschäftsräumen des Wohnmobilherstellers in Jandelsbrunn im Landkreis Freyung-Grafenau.

Es kommt auf den Führerschein an

Warum die Zahl von 3,5 Tonnen so wichtig ist, zeigt ein Blick auf den Markt: Mehr als 80 Prozent der Kunden kaufen Wohnmobile, die weniger als 3,5 Tonnen wiegen, informiert der Caravaning-Industrie-Verband. Denn alle, die nach 1999 ihren Auto-Führerschein der Klasse B gemacht (externer Link) haben, dürfen maximal 3,5-Tonner fahren. Für schwerere Reisemobile müsste ein Lkw-Führerschein her, außerdem gelten für sie andere Tempolimits im Straßenverkehr und es drohen Mautgebühren auf einigen europäischen Strecken.

Wer offiziell mit einem 3,5-Tonner unterwegs ist, aber bei einer Verkehrskontrolle mit zu viel Gewicht erwischt wird, muss laut ADAC mit empfindlichen Bußgeldern bis hin zur Stilllegung des Wohnmobils rechnen (externer Link).

Händler raten: Wohnmobil wiegen

Wer sich nicht sicher ist, ob sein Wohnmobil die Gewichtsgrenze überschreitet, soll es leerräumen und beim nächsten Recyclinghof auf die Waage stellen, raten Knaus Tabbert-Händler aus Sinzing, Plattling und Augsburg auf BR24-Anfrage. "Wir raten generell jedem Kunden, sein Wohnmobil vor dem Urlaub zu wiegen. Selbstkontrolle ist das A und O", sagt Christoph Handke von Wohnwagen Pfisterer aus Sinzing. Der Wohnmobilhändler Petz aus Augsburg bietet für Kunden vor dem Kauf ein erstes Leer-Wiegen an, um Gewichtsabweichungen vorzubeugen. Bisher habe es keine Unregelmäßigkeiten bei den Knaus Tabbert-Fahrzeugen gegeben, heißt es. Bisher hätten sich noch keine Kunden beschwert oder verunsichert gezeigt. "Ich hoffe und rechne damit, dass wir von Knaus Tabbert noch Infos bekommen, an wen sich Kunden wenden sollen", sagt Gregor Wührl vom AVP-Campingland Plattling.

Kommen Schadensersatzansprüche auf Knaus Tabbert zu?

Knaus Tabbert selbst hat schriftlich mitgeteilt, dass die Firma mit der Staatsanwaltschaft kooperieren will. Außerdem seien entsprechende finanzielle Rückstellungen in der Bilanz gebildet worden, heißt es. Die könnten noch relevant werden, sollten sich die Vorwürfe bestätigen und Käufer oder Händler Schadensersatzansprüche geltend machen wollen.

Politikum: 3,5-Tonnen-Marke

Die 3,5-Tonnen-Marke ist schon lange ein Streitpunkt in der Wohnmobil-Branche. Denn seit Jahren werden die Fahrzeuge schwerer. Das bestätigt der Caravaning-Industrie-Verband. Der Grund: Immer mehr Urlauber wollen Komfort und buchen beispielsweise Markisen, Fernseher, Rad-Anhänger und Klimaanlagen dazu. Zudem würden wegen gesetzlicher Vorschriften heute schwerere Assistenz-Systeme verbaut als früher. Der Verband fordert seit Jahren, das Wohnmobil-Gewichts-Limit für B-Führerscheine auf 4,25 Tonnen zu verschieben. "Die Verhandlungen laufen auf europäischer Ebene, und wir haben gute Signale bekommen, dass eine Änderung kommen wird", sagt Jonathan Kuhn, Sprecher vom Caravaning-Industrie-Verband. Die Gewichtsklasse müsse seiner Ansicht nach auch gerade deshalb angehoben werden, damit künftig Akkus für E-Mobilität eingebaut werden können.

Zwei Ermittlungsverfahren parallel

Im Moment laufen zwei Verfahren gegen Mitarbeiter des niederbayerischen Wohnmobilherstellers Knaus-Tabbert. Bei den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Landshut geht es um mögliche Schmiergeld-Zahlungen. Die beiden früheren Vorstände sollen Bestechungsgelder von Zulieferern angenommen haben. Bei den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Stuttgart stehen nun neben Ex-Vorständen auch Mitarbeiter im Fokus. Hier geht es um Betrugsverdacht beim Gewicht der Fahrzeuge und um potenzielle Wettbewerbsverstöße. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!