Zwei Gondeln der Jennerbahn am Königssee
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Die Jennerbahn setzt ab dieser Saison nicht mehr auf alpine Skigäste

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Jennerbahn: Hoffnung auf Profit ohne Skibetrieb

Jennerbahn: Hoffnung auf Profit ohne Skibetrieb

Gestiegene Kosten und immer weniger Skifahrer. Am Jenner hat sich der Seilbahnbetreiber vom Alpinskibetrieb verabschiedet und startet mit neuem Konzept. Im Zentrum soll der Nationalpark Berchtesgaden stehen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Kontrollfahrt für Thomas Mühlthaler, den Vorstand der Jennerbahn am Königssee. Es ist einer der ersten Tage der Wintersaison, Mühlthaler will oben die Gastro-Mitarbeiter begrüßen, bevor die Bergbahn am kommenden Wochenende den Dauerbetrieb startet. Der Talnebel hebt sich, oben am Jenner in den Berchtesgadener Alpen wird es sonnig sein, mit 20 Zentimetern Schnee.

Doch es wird auch die erste Wintersaison sein, in der man am Jenner nicht mehr auf klassische Skitouristen setzt, in der die Flächen nicht mehr präpariert werden, und in der einzig am Krautkaserhang noch eine kleine Piste beschneit wird, die der Nachwuchs des Deutschen Skiverbands (DSV) exklusiv nutzt. Anfang des Jahres hatte die Jennerbahn verkündet, den Gäste-Skibetrieb am Jenner nicht aufrechtzuerhalten.

"Winter war immer ein Zuschussbetrieb"

Auf dem Weg zur Mittelstation kommt die Gondel unmittelbar am Speichersee vorbei. Seit die Beschneiung fürs Alpinskifahren eingestellt wurde, wird das Wasser nur noch für die DSV-Trainingsstrecke genutzt. Die Beschneiung weiterer Pisten sei aufwendig, erklärt der Vorstand, und die Lanzen, Speicher und Kanonen für das übrige Gebiet ganz einfach zu alt und nicht mehr rentabel, dazu die gestiegenen Energiekosten. Diese liegen zwar nicht mehr auf dem Vorjahresniveau, aber: "Der Winter war immer ein Zuschussbetrieb", erklärt Mühlthaler, während die Gondel über die Mittelstation hinweg rattert.

Konkurrenzfähig bleiben ist das Ziel

Der Jenner war kein großes Skigebiet. Schon lange kamen deutlich weniger Gäste zum Skifahren als zum Wandern, auch im Winter. Mit dem Abriss der alten Jennerbahn 2017 und dem Neubau der jetzigen Anlage wollte die Gemeinde wieder mehr alpine Skigäste anlocken. 10 Millionen Euro hat der Freistaat für den Umbau zugeschossen, noch in der vergangenen Saison hat die Gemeinde Schönau den Skibetrieb mit 300.000 Euro unterstützt.

Konkurrenzfähig bleiben, ist das erklärte Ziel. Im Oktober noch machte die Bayerische Tourismusministerin Michaela Kaniber (CSU) im BR Fernsehen deutlich: "Mir ist lieber, die Leute fahren in Bayern Ski als in Österreich."

Neuer Lift steht still und soll verkauft werden

Den Wintertourismus im eigenen Land lässt sich Bayern einiges kosten. Seit 2011 ist neben den Investitionen in Seilbahnen, die auch im Sommer genutzt werden können, auch die Beschneiung in den bayerischen Skigebieten mit knapp sechs Millionen Euro staatlich gefördert worden. Das zeigt eine Auflistung der Grünen-Fraktion im Bayerischen Landtag.

Dass der ehrgeizige und teure Plan zumindest am Jenner gescheitert ist, gibt Bahnvorstand Thomas Mühlthaler auf seiner Fahrt nach oben offen zu. "Wir haben ja noch zwei neue Sechsersessel gebaut. Das hätte wahrscheinlich retrospektiv nicht sein müssen, aber im Nachhinein ist man immer schlauer", sagt Mühlthaler.

Man habe versucht, den alpinen Skibetrieb noch einmal zu reaktivieren, mit neuen Bahnen. Das sei nicht ganz gelungen. Einer der neuen Sechsersessellifte steht still, im Sommer wie aktuell im Winter. Mit fast einer Million Euro hat der Staat allein diesen Lift gefördert. Jetzt steht er zum Verkauf.

Fokussierung auf das Kapital "Nationalpark Berchtesgaden"

Ausstieg am Gipfel auf über 1.800 Metern. Die "Jenneralm" ist ein großes Restaurant an der Bergstation. Hier sollen in Zukunft keine Alpinski-Gäste, dafür aber Wanderer, Tourengeher oder Rodler einkehren. Was sie anlocken soll? Der Nationalpark Berchtesgaden, "das eigentliche Kapital", so Mühlthaler.

2.000 alpine Skifahrerinnen und Skifahrer waren es laut Mühlthaler im vergangenen Winter. Dagegen kamen etwa 50.000 andere Gäste im gleichen Zeitraum. Im Winter können sie jetzt eine neue Rodelbahn mit Beschneiung und einen Schneeschuhwanderweg nutzen.

Die ersten Gäste der Saison sind bereits angekommen. Für die Berliner Reisegruppe an der Gipfelstation zählt der Komfort mitsamt Ausblick, der Glühwein und die Fahrt in der Bahn selbst: "Seilbahn fahren ist ein Muss!" Skitourengeher brauchen die Seilbahn nicht und lassen die Gastro eher aus, freuen sich dafür auf die Abfahrt. Für sie ist die nicht präparierte Piste ein Pluspunkt – zumal das Gelände lawinengesichert wird. "Jetzt schauen wir mal, wie sich das entwickelt", sagt einer von ihnen.

Am Jenner beginnt die erste Saison ohne gewalzte Piste und Alpinski-Gäste. Aber im Gegensatz zu anderen kleineren Skigebieten in Bayern steht hier nicht alles still.

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