Josef "Beppi" Bachmaier blättert in seinem Wiesn-Programm vom vergangenen Jahr. Er ist Festwirt auf der Oidn Wiesn. Noch knapp fünf Monate, dann heißt es wieder "O'zapft is". Bachmaier müsste deshalb jetzt schon die ersten Programmpunkte festzurren. Doch ob er im Herbst wieder mit dabei ist, weiß er noch nicht. Bisher hat er keine Zusage - die Entscheidung trifft der Münchner Stadtrat am 7. Mai - aber wohl für einen Konkurrenten: "Das war schon eine große Überraschung. Man hat's erst gar nicht glauben oder fassen können, weil: wieso, warum? Also das war schon sehr eigenartig", erzählt er.
- Zum Artikel: Oide Wiesn: Aus für das Herzkasperlzelt?
Kampf um Festzelt auf der Oidn Wiesn?
In seinem "Herzkasperlzelt" liefert Bachmaier seit Beginn der Oidn Wiesn 2010 ein kulturelles Programm mit moderner Blasmusik. Brauchtumskultur und bayerische Tradition in den Festzelten statt "Ballermann-Musik" - dafür steht die Oide Wiesn und dafür engagiert sich Josef Bachmaier. Seit fast 50 Jahren ist er mit seinem Wirtshaus "Theater im Fraunhofer" eine wichtige Anlaufstelle für Kleinkunst in München.
Doch wer Wirt wird, legt ein Kriterienkatalog der Stadt München fest - Kultur werde darin nicht ausreichend berücksichtigt, kritisieren Stimmen aus der Szene. Eine Petition für Josef Bachmaier und sein Herzkasperlzelt haben bereits mehr als 11.000 Fans unterschrieben.
Konkurrent: "Habe mich beworben"
Mittlerweile hat sein mutmaßlicher Konkurrent, Volksfest-Wirt Peter Schöniger, der derzeit auf dem Münchner Frühlingsfest ist, dem BR bestätigt: "Ja, ich habe mich um einen Platz auf der Oidn Wiesn beworben. Und keiner muss sich Sorgen machen, dass ich da ein Ballermann-Programm anbieten will." Er verstehe die Kritik an seinem Unternehmen nicht, sagt er weiter, immerhin habe er bei einer regulären Ausschreibung mitgemacht. Sein Zelt, die Festhalle Bayernland, gibt es laut Schöniger schon seit 1971 und ist ein reiner Familienbetrieb. Er kenne sich auch mit Brauchtumsveranstaltungen aus und ist überzeugt, sollte es zu einer Zulassung auf der Oidn Wiesn kommen, werde er das geforderte Kulturkonzept erfüllen.
Nicht alle Zelte müssen sich bei der Stadt bewerben
Auf dem Oktoberfest und der Oidn Wiesn gibt es insgesamt 17 große Festzelte. Bei sieben Zelten bestimmen die Brauereien, wen sie als Festwirt haben möchten. Die Stadt genehmigt das in der Regel, wenn die vorgeschlagenen Wirte "sauber" sind. Dasselbe gilt für die Zelte von Vereinen und Verbänden, wie etwa das Schützenfestzelt. Wenn man das Festzelt Tradition und das Museumszelt auf der Oidn Wiesn mitzählt, sind das vier. Die "freien" Wirte der restlichen sieben Festzelte, müssen sich jedes Jahr neu bei der Stadt für einen Platz auf der Wiesn bewerben.
Kriterienkatalog für Wirte-Auswahl
Insgesamt 13 Kriterien der Stadt [externer Link] regeln, wer einen Platz für ein Festzelt bekommt. Darunter zum Beispiel Volksfesterfahrung, Ökologie oder ob man selbst ein Zelt besitzt. Viele der Bierhallen auf dem Oktoberfest sind nämlich nur geleast. Wer schon mehrere Jahre auf dem Oktoberfest ist und in der Vergangenheit alles richtig gemacht hat, bekommt Extra-Punkte. Wer am Ende die meisten Punkte hat, erhält den Zuschlag. Dieser Kriterienkatalog gilt sowohl für das große Oktoberfest als auch für die Oide Wiesn - das stößt auf Kritik.
Selbes Bewertungssystem für Oktoberfest und Oide Wiesn
Mit dem öffentlich einsehbaren Kriterienkatalog will die Stadt die Qualität des größten Volksfests der Welt sichern. Doch damit stehen Wirte, die bisher nur auf der Oidn Wiesn waren, tendenziell schlechter da, meint Karl-Heinz Knoll, Vorsitzender des Festrings München e.V. Der Grund: Die kleinere Schwester des Oktoberfests gibt es erst seit 2010. Ein extra Kriterium für das Kulturprogramm von Zelten auf der Oidn Wiesn gibt es nicht im Bewertungskatalog.
Kulturprogramm auf der Oidn Wiesn fließt in Kriterienkatalog mit ein
Stattdessen bewertet das Kulturreferat der Stadt München das Brauchtumsprogramm der Festzelte auf der Oidn Wiesn extra. Diese Bewertung fließt dann in eines der bestehenden Kriterien mit ein und genau diesen Umstand kritisiert Festring-Vorsitzender Karl-Heinz Knoll. Er hat das Konzept der Oidn Wiesn mitentwickelt: "Ich weise die Stadt seit Jahren darauf hin, dass das Bewertungsverfahren ungerecht und verkehrt ist." Heute werde die Entscheidung für die Oide Wiesn vor allem nach gastronomischen Gesichtspunkten getroffen, das gehe völlig am Konzept vorbei, meint er.
Wiesn-Chef: "Wir bewerten strikt nach Qualifikation"
Der Wiesn-Chef und Wirtschaftsreferent der Stadt München, Clemens Baumgärtner, widerspricht im BR-Interview: "Wir biegen uns da gar nichts zurecht, sondern wir bewerten ganz strikt nach Qualifikation und Leistung. Weil wir wissen, dass jedes Jahr Klagen kommen von Unterlegenen. Und wir haben in der Vergangenheit alle Klagen vor Gericht als Stadt München gewonnen."
Wiesn-Wirt: Ein lukratives Geschäft
Es geht um Geld auf der Wiesn. Wie viel Geld, darüber will kaum einer sprechen. Für ein Haus in Haidhausen sollte es danach reichen - heißt es von Insidern. Zuletzt musste der damalige Wiesn-Wirt Sepp Krätz 2014 seine Zahlen offenlegen. Er musste sich vor Gericht wegen Steuerhinterziehung verantworten. Vor Steuern hatte er mit seinem Promi-Zelt 3,1 Millionen Euro Gewinn gemacht. Und es geht nicht nur ums Geld. Der Titel "Wiesn-Wirt" lockt. "Ein Ritterschlag" nennt es Jürgen Kirner. "Festwirt - das ist die letzte Ebene", schwärmt Mitbewerber Peter Schöniger.
Antrag im Stadtrat: Neue Kriterien für Festwirte auf der Oidn Wiesn
Doch am Bewerbungsverfahren könnte sich etwas ändern. Die rot-grüne Mehrheit im Münchner Stadtrat fordert in einem Antrag, den Kriterienkatalog zu überarbeiten, damit die Kultur auf der Oidn Wiesn besser berücksichtigt wird. Allerdings: Sollte dieser Antrag eine Mehrheit finden, würde der Bewertungskatalog erst fürs nächste Jahr überarbeitet werden.
Wer dieses Jahr im Herbst Festwirt auf der Oidn Wiesn sein wird, entscheidet der Münchner Stadtrat voraussichtlich in seiner Sitzung am 7. Mai.
Oide Wiesn: Seit 2010 als Alternativprogramm
Die Oide Wiesn fand zum ersten Mal 2010 – zum Jubiläum "200 Jahre Oktoberfest" – statt. Damals war das als einmalige Sache gedacht. Sie kam aber so gut an, dass man beschloss, sie ab 2011 in leicht veränderter Form als festen Teil des Oktoberfestes zu etablieren.
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