Die Aktivistin Sayragul Sauytbay hat am Sonntag den Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreis erhalten. Sie sei eine "unermüdliche Kämpferin", die Folter in chinesischen Umerziehungslagern anprangert und sich für Menschenrechte von bedrohten ethnischen Minderheiten in China einsetzt, teilte die Stadt Nürnberg mit.
Lob von Oberbürgermeister König
Sauytbay wurde der mit 15.000 Euro dotierte Preis vor etwa 1.000 Gästen im Opernhaus des Nürnberger Staatstheaters überreicht. "Der weltweite Vormarsch von Autokraten, Krieg, und Missachtung der Menschenrechte führen zu Flucht und Exil und diese Entwicklungen legen längst auch eine Spur in unsere westlichen Demokratien", sagte Nürnbergs Oberbürgermeister Marcus König (CSU) am Rande des Festakts. König lobte zudem den Mut, die Menschenrechtsverletzungen in der Provinz Xingjiang anzuprangern und in die Öffentlichkeit zu tragen.
Preisträgern bringt sich durch Engagement in Gefahr
Durch ihr Engagement bringe die 45-jährige Sauytbay sich und ihre Familie in Gefahr. Ihre Erlebnisse stünden exemplarisch für das Schicksal vieler ethno-religiöser Minderheiten in China, mit Verschleppung in sogenannte Berufsbildungszentren bis hin zu Folter und Vergewaltigung, so König weiter. Auch Sayragul Sauytbay wird wegen ihres Engagements bis heute bedroht. Der Nürnberger Menschenrechtspreis soll durch die große Öffentlichkeit, die durch die Preisverleihung hergestellt wird, auch einen gewissen Schutz darstellen, erklärte Martina Mittenhuber, die Leiterin des Nürnberger Menschenrechtsbüros vor der Preisverleihung. "Wir halten außerdem Kontakt zu unseren Preisträgern und versuchen, sie über viele Jahre hinweg zu unterstützen", so Mittenhuber.
Sayragul Sauytbay wurde selbst in China gefoltert
Preisträgerin Sauytbay, die als Ärztin und Schulleiterin tätig war, wurde 2017 als Ausbilderin für eines der Lager zwangsrekrutiert. Sie sollte den Insassen Chinesisch beibringen. Gleichzeitig musste sie selbst Folter erleiden. "Den Menschen wird der Kopf kahlgeschoren, sie werden gefesselt und geschlagen", sagt die 45-Jährige. Die Insassen müssten ihre Identität und Religion verleugnen. Viele würden zwangssterilisiert. Zudem komme es regelmäßig zu sexuellen Übergriffen, so Sauytbay. "Eine Frau wurde vor unseren Augen von den Wachen nacheinander immer wieder vergewaltigt. Das werde ich niemals vergessen", berichtet Sauytbay im Vorfeld der Preisverleihung. Als sie einige Monate später unerwartet freigelassen wurde, floh sie ins Ausland. Mittlerweile lebt sie mit ihrer Familie in Schweden.
Rund eine Million Menschen in Lager gesperrt
Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch schätzen, dass rund eine Million Menschen in solchen Lagern in China interniert werden. Die meisten sind Uiguren. Seit Jahren kommt es in der Provinz Xinjiang zu Unruhen zwischen den muslimischen Uiguren und der chinesischen Regierung, die brutal durchgreift und die Menschen auf Jahre in den Lagern verschwinden lässt.
Nürnberger Menschenrechtspreis wird seit 1995 verliehen
Zur Preisverleihung war Sauytbay mit ihrer Familie nach Nürnberg gereist. Der Internationale Nürnberger Menschenrechtspreis wird seit 1995 verliehen. Seitdem wird alle zwei Jahre der mutige Einsatz von Aktivistinnen und Aktivisten gewürdigt.
Am Montag hat sich die frisch gebackene Preisträgerin gleich mit Schülerinnen und Schülern der 13. Klasse aus der Lothar-von-Faber-Schule getroffen, um mit ihnen in einem Seminar zunächst das Thema Menschenrechte in Sauytbays Herkunftsland China näherzubringen. Anschließend beschäftigten sich die Schüler bei dem Workshop auch mit der Frage, was die Arbeit von Sauytbay für ihr eigenes Leben bedeutet.
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