"Wir haben in den letzten 18 Monaten vier Monate nicht arbeiten können – das geht an einem Betrieb natürlich nicht spurlos vorbei", so der Geschäftsführer des Aschaffenburger Schlachthofs, Stefan Sutor. Er wurde nach dem Bekanntwerden von massiven Verstößen gegen das Tierwohl 2023 als Geschäftsführer der AB Schlachthof GmbH eingesetzt.
Insolvenz in Eigenverwaltung
"Die Insolvenz ist nun nicht das Ende des Schlachthofs – im Gegenteil!", betont Sutor. Insolvenz in Eigenverwaltung werde dann gemacht, wenn es eine veritable Chance gibt, dass der Betrieb weiterlaufen kann.
Aktuell befinde man sich im Eröffnungsverfahren, was rund zwei Monate dauern dürfte. Die Frankfurter Kanzlei K&L Gates helfe bei der Abwicklung. Wie hoch die Verbindlichkeiten der AB Schlachthof GmbH gegenüber Gläubigern sind, konnte Sutor nicht sagen. Das werde aktuell geprüft und ein Insolvenzplan aufgestellt. Das Tagesgeschäft laufe unterdessen normal weiter. Die 18 Arbeitsplätze beim Schlachthof selbst sind Sutor zufolge nicht gefährdet. Auch für die Landwirte und Metzger, die mit dem Schlachthof zusammenarbeiten, bedeute die Insolvenz keine Einschnitte.
Rückblick: Skandal um Verstöße gegen Tierschutz
Im Sommer 2023 waren Aufnahmen der Tierschutzorganisation "Soko Tierschutz" publik geworden. Diese zeigten, wie Beschäftigte Schweine und Rinder mit Elektroschockern traktieren und offensichtlich noch lebende Tiere auseinandernehmen. Die zuständige Kontrollbehörde KBLV stoppte im Juli 2023 alle Schlachtungen.
Stefan Sutor ließ als neuer Geschäftsführer Personalveränderungen sowie mehrere Umbaumaßnahmen und Umstellungen in den Betriebsabläufen vornehmen.
Die Stadt kündigte der AB Schlachthof GmbH den Pachtvertrag, ließ sich im Verlauf des Rechtsstreits aber auf einen Vergleich ein – auch im Sinne des Tierwohls, um lange Transportwege zu vermeiden. Spätestens bis zum 30. Juni 2026 muss der Betrieb auf dem Schlachthof eingestellt werden. Danach hat die Pächterin noch ein halbes Jahr Zeit, um das Gelände zu räumen – bis zum 31.12.2026.
Zukunftspläne in Hessen
Geschäftsführer Stefan Sutor prüft aktuell, ob und in welcher Form der stillgelegte Schlachthof im hessischen Brensbach, hinter der bayerischen Landesgrenze, reaktiviert werden kann. Parallel dazu arbeitet eine Interessengemeinschaft aus dem Raum Aschaffenburg an den Plänen eines Schlachthof-Neubaus. Sie setzt sich zusammen aus der Vermarktungsinitiative "Grünland Spessart", aus Landwirten und Metzgern der Region.
Metzger: "Der Bedarf ist da"
Die Genossenschaft befinde sich in der Gründungsphase und soll den Namen "Mainland Fleisch" tragen, so Spessart-Metzger Marco Häuser, Obermeister der Aschaffenburger Metzgerinnung gegenüber dem BR. "Regionale Schlachthöfe sind gefragt, von Wiesbaden bis Hanau und Offenbach – es haben viele in der Vergangenheit aufgegeben. Wir sind ja hier am Rand des Rhein-Main-Gebiets und ob Brensbach nun reaktiviert wird oder nicht – der Bedarf ist da." Sowohl Stefan Sutor als auch Marco Häuser betonen: Ein regionaler Schlachthof sei ein unabdingbares Glied in der regionalen Wertschöpfungskette - Fleisch aus der Region für die Region mit kurzen Transportwegen für die Tiere und Transparenz für den Verbraucher.
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