Schweine hängen in einem Schlachthof.
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In Oberfranken schlossen jüngst zwei Schlachthöfe: Wie macht sich das bemerkbar?

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Regionale Schlachthöfe schließen: Welche Auswirkungen hat das?

Letzte Woche ist am Bamberger Schlachthof das letzte Mal geschlachtet worden. Ende vergangenen Jahres hatte bereits in Kronach ein Schlachthof in der Region zugemacht – auch aus wirtschaftlichen Gründen. Welche Auswirkungen haben die Schließungen?

Über dieses Thema berichtet: Unser Land am .

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Schlachthöfe sorgen für Gesprächsstoff. Während die Stadt Aschaffenburg ihren nach einem Tierschutz-Skandal loswerden will, musste der Bamberger jüngst aus wirtschaftlichen Gründen schließen. In derselben Region ereilte einen weiteren Schlachthof Ende 2023 ein ähnliches Schicksal: Eine marode Infrastruktur und ausbleibende Aufträge führten zum Ende des Schlachthofs in Kronach. Welche Auswirkungen haben diese Schließungen für die Landwirte oder Metzgereien in der Region? Gibt es gar Folgen für den Endkunden?

Was bedeutet eine Schlachthof-Schließung für die Landwirte?

Landwirte, die Tiere halten, sind auf einen Schlachthof angewiesen – ohne funktioniert ihr Betrieb nicht. Im Falle einer Schließung müssen sie sich also einen Ersatz suchen, im Idealfall einen, der möglichst in der Nähe liegt.

Die Umstellung ist dann besonders groß und für die Landwirte oft belastend, wenn sie bislang ihre Tiere selbst vom Hof zum Schlachthof transportieren konnten. Dabei handelt es sich meist um kleine Betriebe, die wenige Tiere zum Schlachten bringen und diese oft auch nach der Schlachtung selbst, etwa im Hofladen, vermarkten.

Wenn sie die Tiere selbst transportieren, ist das meist günstiger und vielen Landwirten ist der Selbsttransport auch lieber, weil sie diesen so unter Kontrolle haben.

Wenn solche Landwirte auf einen neuen, weiter entfernten Schlachthof ausweichen müssen, tun sie sich mitunter zusammen, um ihre Tiere gemeinsam zum weiter entfernten, neuen Schlachthof zu bringen. Oder sie bezahlen einen Viehhändler, der den Transport übernimmt.

Bei großen landwirtschaftlichen Betrieben, wo für die Tiere ohnehin ein Viehtransport organisiert wird, ändert sich nicht so viel. Da fährt der Transporter eben weiter zum nächstgelegenen Schlachthof und preist die Fahrtkosten ein.

Wie sind Metzgereien betroffen?

Viele Metzgereien schlachten nicht mehr selbst, sondern verarbeiten Tiere, die im Schlachthof geschlachtet wurden. In Städten wie Aschaffenburg gibt es für Metzger im Stadtgebiet sogar einen "Schlachthof-Zwang", sie dürfen gar nicht selbst schlachten, sondern müssen mit dem städtischen Schlachthof zusammenarbeiten.

"Regional ist das neue Bio", heißt es in der Metzger-Branche, die Kunden der Metzgereien wollen Fleisch von Tieren aus der Region, und da gehört eine regionale Schlachtung mit dazu. Wenn ein Schlachthof schließt und weite Wege bis zum nächsten Schlachthof zurückgelegt werden müssen, dann passt das nicht mehr mit dem Marketing-Versprechen der Regionalität zusammen.

Zudem verursacht es doppelt Transportkosten: Die lebenden Tiere müssen vom Landwirt aus der Region zum Schlachthof gefahren werden und die geschlachteten Tiere vom Schlachthof im Kühltransport zurück in die Metzgerei in der Region, wo sie dann weiterverarbeitet und verkauft werden.

Merke ich als Kunde, dass der regionale Schlachthof fehlt?

Als Kunde einer Metzgerei erfährt man vielleicht auf Nachfrage an der Theke, wo geschlachtet wurde. Die Metzgereien kommen in der Regel ihrem "Versorgungsauftrag" nach und bedienen ihre Kunden, wenn der regionale Schlachthof zumacht, auch mit Fleisch aus entfernteren Schlachthöfen.

Im BR-Gespräch sagen Metzger wie Marco Häuser aus Aschaffenburg, dass sie an der Fleischqualität merken, wenn die Tiere weite Strecken und unter Stress zur Schlachtung transportiert werden mussten. Darum ist der Wunsch vieler Handwerksmetzger, möglichst Fleisch von einem Schlachthof in der Region zu beziehen, oder selbst zu schlachten, um so ihre Kunden mit guter Fleischqualität zu überzeugen.

Über 80 Prozent der Deutschen essen regelmäßig Fleisch. Der Trend geht weiter zum Fleischkauf im Supermarkt und beim Discounter, auch wenn in Umfragen gerne etwas anderes behauptet wird. So tragen die Verbraucher selbst mit dazu bei, dass regionale Metzger, die auf eine Schlachtung in der Region Wert legen, es immer schwerer haben.

Tierschützer sehen kleine, regionale Schlachthöfe kritisch

Tierschützer wie Friedrich Mülln von der Soko Tierschutz oder Frigga Wirths vom Deutschen Tierschutzbund sehen kleine und auch mittelgroße oder kommunale Schlachthöfe kritisch, weil in den letzten Jahren viele Tierschutz-Skandale in solchen Betrieben aufgedeckt wurden. Hier hätten die Kontrollmechanismen versagt oder seien gezielt umgangen worden. Außerdem sei häufig die Einrichtung der Schlachthöfe in die Jahre gekommen, Geräte zur Betäubung der Tiere funktionierten nicht zuverlässig und führten so zu viel Tierleid.

Große Schlachthöfe hingegen haben in den letzten Jahren freiwillig in mehr Tierschutz investiert: Sie hätten selbst Videoüberwachung eingeführt und die Architektur der Schlachthöfe so geändert, dass die Tiere dort weniger Stress empfänden.

Das Deutsche Tierschutzgesetz soll in den kommenden Monaten erneuert werden. Dann wird die Videoüberwachung von Schlachthöfen wohl Pflicht, Tierschützer hoffen zudem darauf, dass eine Prüf- und Zulassungspflicht für Betäubungsgeräte am Schlachthof eingeführt wird, damit es seltener zu Fehlbetäubungen kommt.

Im Video: Blackbox Schlachthof – Schlachthöfe unter Druck

Ein Schweinerüssel ist durch die Gitterstäbe eines Tiertransporters zu sehen.
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Über das Thema Schlachten ist wenig bekannt. Nur wenn es Skandale gibt, dann wird Schlachten bei den Menschen ein Thema.

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