"Da sehen wir es schon", sagt Lutz Bäucker und deutet mit seinem Finger nach unten auf den Matsch. "Da kann man mit dem normalen Fahrrad nicht mehr durchfahren", ärgert sich der Pressesprecher vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) Kempten-Oberallgäu.
Bäucker blickt auf eine matschige Stelle unter sich, die die Mitte des Weges über mehrere Meter ausfüllt. Radspuren haben sich in den Matsch gedrückt, Pfützen im Schlamm gesammelt. Die Stelle, die Bäucker anspricht, liegt in der Nähe von Kempten und gehört zum Illerradweg.
Kritiker sprechen von einer "Schlammpiste"
Es sind Stellen wie diese, die Lutz Bäucker seit mehreren Jahren beschäftigen. Matsch, tiefe Pfützen, Schlaglöcher – die Kritik: Manche Stellen des Radweges "verkommen zur Schlammpiste". Nicht nur bei Kempten, auch beispielsweise bei Memmingen und nördlich von Immenstadt.
"Nicht der ganze Illerradweg von Ulm bis Oberstdorf ist in diesem Zustand", betont Bäucker. "Aber es gibt einige Stellen, wo der Zustand fragwürdig und diskussionswürdig ist."
Der Illerradweg ist ein wichtiger Radweg für den Tourismus im Allgäu. Er wurde vom Fahrradclub ausgezeichnet – als Vier-Sterne-Radweg. 2025 fallen diese Sterne weg. Denn zum jetzigen Zeitpunkt würde der Illerradweg nur noch zwei Sterne erhalten. Deshalb hat sich die für die Region zuständige Tourismusorganisation Allgäu GmbH dagegen entschieden, die Sterne-Kategorie zu führen. Die Allgäu GmbH vermarktet den Weg touristisch. Der Illertalradweg verliert laut ihr vor allem in den Kategorien Oberfläche und Breite viele Punkte, weil manche Abschnitte wegen Spurbahnwegen oder Schotter schlecht zu befahren sind.
Erlebnis versus Hindernis
Der Radweg führt naturnah immer an der Iller entlang. Regen oder Hochwasser verursachen immer wieder Matsch und tiefe Pfützen. Für manche Radtouristen mit Mountainbike sind diese Stellen ein Erlebnis. Doch der Weg wird auch von Alltagsradlern genutzt – und für die sind diese Stellen auf dem Weg zur Arbeit jedes Mal ein Hindernis: "Es ärgert mich schon. Radfahren ist mein Leben. Und dann denke ich immer: Warum tut sich da nichts? Seit zehn Jahren wird darüber geredet und es passiert nichts", ärgert sich Bäucker vom ADFC.
Er möchte, dass sich das ändert. Deshalb haben er und der ADFC Kempten-Oberallgäu abends zum Radlerstammtisch in Kempten eingeladen. Rund ein Dutzend Leute sind gekommen. Viele von ihnen sind Mitglieder beim ADFC und genauso wie Bäucker Alltagsradler. Auch sie äußern ihren Frust. "Muss denn erst ein Unfall passieren, damit sich etwas ändert?", fragt Klaus Kröger. Er verweist auf eine Stelle bei Hirschdorf, in der "selbst Mountainbiker ersaufen".
Alltagsradler warten auf Antworten
Der, der ihnen Antworten liefern soll, sitzt links vorne am Tisch: Erik Siemen von der Allgäu GmbH, die in der Projektgruppe Illerradweg ist. Immer wieder kommen Fragen wie: Warum tut sich nichts? Und: Wer ist zuständig für den Weg? Siemen sagt, dass jeder, dem ein Abschnitt an irgendeiner Stelle des Radwegs gehöre, dafür verantwortlich sei. Doch "das wissen diejenigen teilweise selber nicht, welcher Abschnitt das jetzt ist".
Die Besitzverhältnisse sind verzwickt: Der Illerradweg ist 146 Kilometer lang. Je nachdem, um welchen Abschnitt es geht, sind unterschiedliche Akteure zuständig: zum Beispiel Landkreise, Städte, private Grundstücksbesitzer, Kraftwerke und die Wasserwirtschaftsämter.
Der Weg, den die Radfahrer heute als Illerweg nutzen, war ursprünglich nur als Weg zur Wasserbewirtschaftung gedacht. "Er wird deshalb vom staatlichen Wasserwirtschaftsamt unterhalten. Zum Großteil verläuft er auch auf dessen Grundstücke, teilweise auf kommunalen Flächen, aber auch auf privaten", schreibt Stefan Sommerfeld, Mobilitätsmanager der Stadt Kempten, auf Anfrage dem BR.
Wasserwirtschaftsamt Kempten weist Vorwürfe zurück
Karl Schindele, Leiter des Wasserwirtschaftsamts Kempten, bestätigt: "Grundsätzlich ist der jeweilige Grundstückseigentümer zuständig für den Weg." Was sagt er zur Kritik? Für die Abschnitte, für die das Wasserwirtschaftsamt Kempten zuständig ist, sagt Schindele: "Wir investieren jedes Jahr ein paar Zehntausend Euro, um die Stellen zu beheben." Das Problem: Oft sei an diesen Stellen der Untergrund des Weges schlecht. "Fast jedes Jahr sackt dann der Weg wieder ein bisschen runter und es sind Schäden da, die wir immer wieder beheben müssen." Allerdings könnten sie nicht alle Schäden rechtzeitig beseitigen, "gerade nach dem Hochwasser haben unsere Flussmeisterstellen sehr viel zu tun und da müssen wir halt auch Prioritäten setzen".
Zurück zum Stammtisch: Zwei Stunden lang haben Lutz Bäucker und die anderen miteinander diskutiert. "Es war ein erster Schritt. Man hat gesehen, dass die Gemengelage kompliziert ist, aber ich glaube, es war ein guter Anfang", resümiert Bäucker vom ADFC. Der Sprecher des Fahrradverbands wünscht sich, dass bald alle Parteien an einem Tisch sitzen, um Lösungen zu finden.
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