Älterer Mann am Telefon
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Welle von Schockanrufen in Bayern hält an

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Welle von Schockanrufen in Bayern: Viele Fälle, Schaden enorm

Welle von Schockanrufen in Bayern: Viele Fälle, Schaden enorm

Eine Serie von Telefonbetrug bei Senioren in Bayern reißt nicht ab: Täter erbeuteten in den vergangenen Tagen in mehreren Fällen mehr als 100.000 Euro. Die Methoden ähneln sich. In einigen Fällen wurden die Opfer jedoch misstrauisch.

Über dieses Thema berichtet: report München am .

Die Polizei berichtet von einer Anrufwelle durch Trickbetrüger. In gleich drei Fällen erbeuteten Täter in den vergangenen Tagen Geld, Gold und Schmuck im Wert von mehr als 100.000 Euro. In zwei weiteren Fällen ließen sich die Opfer nicht täuschen und die Polizei konnte Tatverdächtige festnehmen.

Schockanruf: Kaution für angeblichen Verkehrsunfall

Am Montag meldeten sich bei einer 80-jährigen Frau aus Geretsried Betrüger mit der üblichen Masche, dass eine Angehörige – in diesem Fall die Enkelin – nach einem schweren Verkehrsunfall in Haft sitze und eine Kaution fällig sei. Derart unter Druck gesetzt, übergab die Seniorin bei einem vereinbarten Treffen einem Abholer Schmuck im Wert eines niedrigen sechsstelligen Eurobetrags.

Ähnlich erging es einem Rentner aus Dachau. Eine unbekannte Anruferin gab sich laut Polizeipräsidium Oberbayern Nord als Kriminalbeamtin aus und behauptete ebenfalls, seine Tochter habe einen schweren Verkehrsunfall verursacht. Nur durch die Zahlung einer hohen Kaution könne eine sofortige Haft verhindert werden. Der Rentner übergab einem unbekannten Abholer bei einem vereinbarten Treffen Goldbarren und -münzen im Wert von mehr als 100.000 Euro.

In Weidenberg im Landkreis Bayreuth riefen Täter am Montagnachmittag bei einem Ehepaar an und gaben sich ebenfalls als Polizeibeamte aus. Mit derselben Lüge, ein Angehöriger habe einen schweren Unfall verursacht und müsse ins Gefängnis, brachten sie das Paar dazu, eine angebliche Kaution zu bezahlen: Bargeld und Gold im Gesamtwert einer niedrigen sechsstelligen Eurosumme.

Rentner aus München werden misstrauisch

In zwei anderen Fällen ließen sich die angerufenen Senioren nicht täuschen: Eine 77-jährige Münchnerin rief am Montag nach einem Schockanruf mit ähnlichem Inhalt geistesgegenwärtig parallel mit dem Mobiltelefon ihre angeblich in einen Unfall verwickelte Tochter an, die nichts davon wusste. Danach ging die 77-Jährige zum Schein auf die Forderungen der Betrüger ein, während die Tochter die Polizei verständigte. In der Folge konnten zivile Einsatzkräfte einen 26-jährigen Tschechen festnehmen, der die vereinbarte Kaution, mehrere zehntausend Euro, an der Wohnung abholen sollte. Ein Ermittlungsrichter erließ gegen den Mann, der in Deutschland über keinen Wohnsitz verfügt, Haftbefehl.

Drei Männer in Untersuchungshaft

Eine andere Lügengeschichte tischten Betrüger einem 80-jährigen Münchner bei Anrufen verteilt auf mehrere Tage auf. Sie gaben sich als Polizisten aus und warnten den Mann davor, dass nach angeblichen Einbrüchen in der Nachbarschaft ein Notizbuch mit seinem Namen gefunden wurde. Es bestünde die Gefahr, dass er das nächste Opfer werde. Weil auch ein Bank-Mitarbeiter an der Einbruchsserie beteiligt sei, solle er sein Geld vom Konto abheben und es sicherheitshalber der Polizei übergeben. Der 80-Jährige wurde zu Recht misstrauisch, rief die Polizei, spielte aber gegenüber den Betrügern weiter mit. Als am Samstag gegen Mitternacht zwei Männer Wertgegenstände und Bargeld abholen wollten, schlug die Polizei zu. Auch die 22- und 25-Jährigen, beide aus Hessen, sitzen mittlerweile in Untersuchungshaft.

Einem Team des ARD-Politikmagazins report München gelang es vor kurzem, einen solchen Schockanruf mit laufender Kamera festzuhalten. Der betroffene Rentner stellte den Betrügern eine Falle und schaltetet die Polizei ein.

Polizei warnt vor der Betrugsmasche

Mit Schockanrufen und Enkeltricks wurden laut Landeskriminalamt Bayern im vergangenen Jahr wohl rund 13,5 Millionen Euro erbeutet. Das zeigt eine Auswertung von report München. 2019 lag der Schaden noch bei rund zwei Millionen Euro.

Ermittler empfehlen, regelmäßig mit älteren Angehörigen über solche Betrugsmaschen zu sprechen. Sie weisen darauf hin, dass weder die Polizei noch andere Behörden am Telefon, per Mail oder WhatsApp Kautions- oder sonstige Geldforderungen stellen. Wer einen entsprechenden Anruf erhält, sollte sich nicht auf Gespräche einlassen, sondern auflegen und im Zweifel die Polizei anrufen – aber niemals unter einer Nummer, die einem der Anrufer zuvor mitteilt.

Die bayerische Polizei versucht auf vielen Wegen potenzielle Opfer und ihr Umfeld zu sensibilisieren. So führt die Kripo Schulungen beim Bank-Personal durch, das hellhörig werden soll, wenn Senioren plötzlich hohe Geldbeträge abheben. In Weiden in der Oberpfalz eröffnete die Polizei im vergangenen Jahr eine Präventionsstelle mitten in der Innenstadt. In Traunstein, Berchtesgaden und anderen Städten gibt es etwa Warnhinweise auf Bäckertüten.

Im Video: report München filmt Schockanruf

Hand des Senioren hält Telefon
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report München filmt Schockanruf

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