"Buatzala" statt Baby oder "gwampet" statt dick – Wörter, über die nicht heimische Ärztinnen und Ärzte im Allgäu immer wieder stolpern. Vor allem, wenn sie erst vor Kurzem in die Region gezogen sind. Ein Großteil des Klinikpersonals im Allgäu kommt aus anderen Ländern.
Ihnen soll der "Schwäbische Dialektkurs für Ärztinnen und Ärzte" an der Klink Mindelheim nicht nur schwäbischen Wortschatz vermitteln, sondern auch zur kulturellen Verständigung und zu gegenseitigem Respekt beitragen.
Ohne Klinik-Fachkräfte aus dem Ausland geht es nicht
An den Kliniken Mindelheim und Ottobeuren haben fast die Hälfte der Ärztinnen und Ärzte einen Migrationshintergrund. Die Kursteilnehmer kommen etwa aus Argentinien, Tunesien, der Ukraine, Palästina oder Jordanien. Für sie ist neben dem Deutschen das Schwäbische eine zusätzliche Sprachbarriere, sagt Georg Aumann, leitender Oberarzt im Klinikverbund Allgäu: "Wir haben einen unglaublichen Einzug aus der ganzen Welt in unseren Kliniken und damit einen 'Clash of Cultures'. Die Arbeit mit den Ärzten aus dem Ausland macht viel Spaß und ist bereichernd, aber wir stoßen oft auch an Sprachbarrieren", sagt Aumann. Um diese abzubauen hat der Oberarzt den Dialektkurs an den Kliniken initiiert.
Dialektkurs soll auch im Alltag helfen
Den "Schwäbischen Dialektkurs für Ärztinnen und Ärzte der Kliniken Mindelheim und Ottobeuren" bietet der Klinikverbund Allgäu seit Januar an. Alle zwei Wochen lernen die Kursteilnehmer in der Klinik Mindelheim schwäbische Wörter und Redewendungen sowie sprachlich-kulturelle Traditionen und kulturelle Eigenheiten.
Der Kurs soll nicht nur zur besseren Verständigung zwischen Medizinern und Patienten beitragen. Oberarzt Aumann hofft, dass der Kurs die Teilnehmer auch über die tägliche Kommunikation hinaus weiterbringt. Durch das Kennenlernen der örtlichen Kultur sollen sich die Fachkräfte aus dem Ausland in der Region wohler fühlen und langfristig Kontakte mit Ortsansässigen knüpfen.
Festakt in München: Dialektkurs bekommt Auszeichnung
Unter anderem deshalb bekommt der Kurs nun den "Dialektpreis Bayern" (Externer Link) verliehen. Übergeben wird die Auszeichnung im Rahmen eines Festaktes in der Münchner Residenz. Seit 2017 zeichnet der Preis Menschen und Gruppen aus, die durch ihre Projekte nachhaltig zur aktiven Dialektpflege und -forschung beitragen.
Für den Preis vorgeschlagen wurde der Dialektkurs von der Bezirksheimatpflege, die das Projekt auch unterstützt, beispielsweise mit dialektologischer Literatur zu Bayerisch-Schwaben, teilt der Klinikverbund Allgäu mit. Auch die Bayerische Landesärztekammer fördert die Initiative, indem sie den Dialektkurs als medizinische Fortbildung anerkannt hat und dafür einen Fortbildungspunkt vergibt.
Schwäbische Eigenheiten und Sprichwörter
Als Lehrer für den Kurs konnte Georg Aumann Ulrich Ratzer gewinnen. Einen pensionierten Deutsch- und Lateinlehrer. Ratzer engagiert sich bereits seit Jahren ehrenamtlich bei der Integration von Migranten in der Region und hilft Familien mit Sprachbarrieren zum Beispiel bei Behördengängen.
Auch den Dialektkurs unterrichtet er ehrenamtlich in der Klinik Mindelheim. Der Kurs soll zum einen schwäbische Wörter und Redewendungen vermitteln, zum Beispiel wenn der Schwabe vom "Fuß" spricht, er dabei aber oft das gesamte Bein meint. Zum anderen will Ratzer auch die kulturellen Eigenheiten der Schwaben vermitteln. Dafür greift er gern auf Sprichwörter zurück, wie zum Beispiel: "Net gschimpft is globt gnua."
Im Video: Dialektpreis für Allgäuer Ärztekurs
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