Gut zwei Drittel der Kinder im Grundschulalter nutzen Smartphones. Zu früh, warnen Experten und verweisen auf Gewalt oder Pornografie im Netz. Braucht es ein Social-Media-Verbot wie in Australien oder gibt es ausreichend technische Lösungen?
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Gut zwei Drittel der Kinder im Grundschulalter nutzen Smartphones. Zu früh, warnen Experten. Braucht es ein Social-Media-Verbot?

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Social Media: Gefährden wir unsere Kinder?

Social Media: Gefährden wir unsere Kinder?

Spätestens im Alter von zehn Jahren, beim Übertritt auf eine weiterführende Schule, bekommen die meisten Kinder ein Handy. Zu früh, sagen Medientrainer, denn die Nutzung von Sozialen Medien kann für Kinder verstörend sein.

Über dieses Thema berichtet: Kontrovers am .

Seit ein paar Monaten hat der zehnjährige Max ein Handy. Marcela Breuer und ihr Mann hatten lange überlegt, ob sie es wirklich kaufen sollen. Sie waren skeptisch, und entschieden sich dann doch dafür, weil sie nicht wollten, dass Max in seiner fünften Klasse zum Außenseiter wird. Natürlich war Max dann auch im WhatsApp-Klassenchat dabei – bis immer wieder kleine Filmchen darin gepostet wurden.

Marcela Breuer ist besonders eine Szene in Erinnerung geblieben, wie sie den Reportern vom BR-Politikmagazin Kontrovers erzählt: "Da hat ein Mann eine Frau mit dem Weihnachtsbaum zusammengeschlagen. Das fand ich gar nicht lustig."

Mobiltelefon oft wichtiger als Freunde

Fotos und Videos voller Gewalt, sogar Pornografie und Tierquälerei: Sie kursieren in Chatgruppen in den sozialen Netzwerken. Sie werden über Bluetooth im Schulbus geteilt oder sind über Plattformen erreichbar, bei der es keine Alterskontrolle gibt.

Viele Kinder und Jugendliche verbringen mittlerweile mehr Zeit am Mobiltelefon als mit anderen Menschen. Glücklicher sind sie deshalb nicht, im Gegenteil. Ein Phänomen, das weltweit diskutiert wird. Australien geht nun neue Wege. Ein Gesetz legt fest, dass Kinder unter 16 Jahren künftig keinen Zugang mehr zu bestimmten Social-Media-Plattformen haben sollen. Ein Vorbild auch für Deutschland?

Digitaltrainer sensibilisiert Kinder

Daniel Wolff ist Digitaltrainer und will Schüler, Eltern und Lehrer in Workshops auf die Gefahren aufmerksam machen, die gerade für Kinder und Jugendliche bestehen. Für ihn ist es allerhöchste Zeit.

"Wir müssen erkennen, wie raffiniert die Apps dabei sind, unsere Aufmerksamkeit industriell abzuernten. Und da sind sie auch bei uns Erwachsenen recht weit gekommen, ehrlich gesagt. Und ich glaube, dass Kinder zu verletzlich sind für das, was manche Algorithmen ihnen täglich und vor allem nächtlich ausspucken." Daniel Wolff, Digitaltrainer

Kinder teilen häufig verstörende Videos

Aktuelle Zahlen des Branchenverbandes Bitkom zeigen: 33 Prozent der Kinder und Jugendlichen ab zehn Jahren haben im Internet Sachen gesehen, die ihnen Angst machen. 89 Prozent der zwölf bis 13-Jährigen sind auf der Plattform YouTube unterwegs. Sie ist offiziell erst ab 16 Jahren freigegeben. Doch niemand kontrolliert den Zugang.

Die meisten Kinder und Jugendlichen schauen dort harmlose, oft auch sinnvolle Inhalte. Doch eben nicht alle. Und werden die problematischen Inhalte im Freundeskreis geteilt, kommen eben auch Kinder mit verstörenden Inhalten in Kontakt, die alleine sonst nie solche Videos angeschaut hätten.

Das Fatale: Wer erst damit anfängt, Gewalt- oder Horrorvideos anzuschauen, wird je nach Algorithmus der betreffenden Plattform immer wieder Angebote dazu bekommen und seien es nur Trailer von Erwachsenenfilmen.

Eltern sollten Klassenchats überprüfen

Daniel Wolff betont, dass diese Inhalte nichts für Kinder sind: "Das, was heute ab 18 ist, ist so unglaublich brutal, grausam oder auch pervers, dass die meisten Eltern keine Vorstellung davon haben."

Marcela Breuer hat das Gespräch mit den Eltern der Klassenkameraden ihres Sohnes Max gesucht, die die Gewaltfilme geteilt hatten und sie für das Thema sensibilisiert. Dann wurde es besser. Maxi ist trotzdem aus dem Klassenchat ausgetreten und hat eine eigene Gruppe mit seinen Freunden gegründet. Und hofft, dass er von Gewaltvideos künftig verschont bleibt.

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