Landgericht in Schweinfurt.
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Vor dem Landgericht Schweinfurt sind in dem Prozess gegen den Leiter der Lebensgemeinschaft "Go&Change" die ersten Plädoyers gehalten worden.

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Staatsanwaltschaft: Haft für Leiter von "Go&Change" gefordert

Staatsanwaltschaft: Haft für Leiter von "Go&Change" gefordert

Der Prozess hat Abgründe ans Licht gebracht, die hinter den Mauern der spirituellen Lebensgemeinschaft "Go&Change" in Lülsfeld passiert sein sollen. Nun fordert die Staatsanwaltschaft wegen Vergewaltigung und Gewalt eine Haftstrafe für den Leiter.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Mainfranken am .

Von angeblichen Dämonen und Drogenkonsum, von Außerirdischen und der Abwertung von Frauen war vor dem Landgericht Schweinfurt genauso die Rede wie von Gewalt gegen Frauen und Vergewaltigungen. Acht Verhandlungstage waren anfangs angesetzt gewesen, 32 waren es mittlerweile tatsächlich. Nun sind in dem langwierigen Prozess gegen den "geistigen Führer" der Lebensgemeinschaft "Go&Change" im ehemaligen Kloster Lülsfeld im Landkreis Schweinfurt die ersten Plädoyers gehalten worden.

Staatsanwaltschaft fordert sechs Jahre und sechs Monate

In nicht-öffentlicher Sitzung forderte die Staatsanwaltschaft am Montag laut einem Gerichtssprecher für den 42-jährigen Angeklagten eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten, weil er seine 30-jährige ehemalige Verlobte mehrfach vergewaltigt, geschlagen und bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt haben soll.

Die Nebenklage hat eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren beantragt. Der Pflichtverteidiger hat keinen konkreten Antrag gestellt. Die beiden Wahlverteidiger werden laut Gerichtssprecher voraussichtlich am 12. November 2024 plädieren. Eventuell könnte am gleichen Tag auch ein Urteil fallen.

Vorwurf: Angeklagter wollte "Dämon" mit Gewalt austreiben

Im bisherigen Prozessverlauf haben die Wahlverteidiger versucht, die Glaubwürdigkeit der Ex-Verlobten in Frage zu stellen. Die 30-jährige Medizinstudentin sprach in ihren Aussagen davon, dass der Angeklagte unter anderem mit Gewalt und Sex versucht hätte, bei ihr "einen Dämon auszutreiben".

Im Mai letzten Jahres hätte die Frau unter Schlafentzug und Drogenkonsum Sex mit dem Angeklagten gehabt. Dabei habe er sie immer wieder geschlagen, um "ihren Dämon auszutreiben". Um weiteren Schlägen zu entgehen, habe sie den Geschlechtsverkehr zunächst hingenommen. Dabei sei es jedoch zu Handlungen gegen ihren Willen gekommen. Trotz eines Abbruch-Codewortes habe der Anklagte weitergemacht und die 30-Jährige vergewaltigt.

Aussage: Vergewaltigungen und massive Gewalt

An einem der ersten Prozesstage erklärte die Frau, dass es bei den Gewaltexzessen darum gegangen sei, dass sie ein angebliches Fremdgehen mit anderen Männern hätte "gestehen" sollen. Der Anklagte soll auch Vergewaltigungen durch fremde Männer arrangiert haben.

Zudem habe sie etwa 50 Schläge unter anderem ins Gesicht ertragen müssen. Dreimal habe der Angeklagte sie bis zur Ohnmacht gewürgt. Sie habe dabei Todesangst erlitten. Im Rahmen der letzten Gewaltexzesse sei es ihr dann gelungen, aus dem ehemaligen Kloster in Lülsfeld zu fliehen. Erst im Krankenhaus sei schließlich die Polizei eingeschaltet worden.

"Lichtbringer" oder Mann mit "Größenwahn"?

Der Angeklagte habe sich selbst als "Lichtbringer" gesehen, so die 30-jährige. Sie schildert den Angeklagten als einen Mann, der in der "Lebensgemeinschaft" einen "Größenwahn" auf Basis von Eifersucht gelebt habe. Als die Frau im Gerichtssaal schilderte, dass der Angeklagte bis jetzt glaube, dass sie ihn und seinen Sohn töten wolle, nickte er. In der Gemeinschaft seien in Gruppen immer wieder die schlechten Eigenschaften der Einzelnen "erarbeitet" und als "Schatten" benannt worden. "Frauenschatten" seien dabei schlechter bewertet worden als "Männerschatten".

Sie sei in der Zeit in der Lebensgemeinschaft in einer "wahnsinnigen Abhängigkeit" gewesen, sagte die Medizinstudentin vor Gericht. Sie sei nicht stark genug gewesen, die Gemeinschaft zu verlassen, weil sie "ihre Familie" verloren hätte. Von ihren Eltern hatte sie sich unter dem Einfluss der Gemeinschaft losgesagt. Auch habe sie irgendwann selbst daran geglaubt, dass sie von einem Dämon besessen sei. Nach ihrer Flucht aus der Lebensgemeinschaft "Go&Change" habe sie sich psychologische Hilfe bei einem Experten für den Ausstieg aus Sekten gesucht.

Narrativ der Gemeinschaft: Aliens wollen "Schlechtes bringen"

Ein Narrativ der Gemeinschaft sei unter anderem gewesen, dass Aliens, also Außerirdische, auf die Welt gekommen seien, "um Schlechtes zu bringen", so die 30-Jährige vor Gericht. Der Drogenkonsum in der Gemeinschaft – Cocktails aus Amphetamin, Speed, Kokain, LSD oder Pilzen – habe nicht auf Freiwilligkeit beruht. "Es gab keine Wahl. Nimm Drogen und du bleibst dabei", sagte sie. Niemand habe den Anweisungen des Angeklagten widersprochen.

Nach Berichten der "Mainpost" hat sich eine Frau aus der Gemeinschaft "Go&Change" das Leben genommen. Die 30-Jährige sagte am Montag vor Gericht über den Angeklagten: "Er ist mitverantwortlich, dass Menschen gestorben sind."

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