Die Planungszeit für den Südostlink dauerte mehr als zehn Jahre - aber jetzt wird gebaggert. Bei Höchstädt im Fichtelgebirge sind die Leerrohre für den ersten Strang der Gleichstromleitung schon verlegt, der zweite ist bald an der Reihe. Constantijn Steinhusen, beim Netzbetreiber Tennet verantwortlich für das Projekt Südostlink, freut sich: "Wir haben wirklich schon einen guten Fortschritt erzielt."
Durch Fichtelgebirgs-Granit bauen ist schwierig
Die Leitungs-Baustelle ist parallel an vielen Orten gleichzeitig gestartet, und sie bewegt sich in den einzelnen Abschnitten jetzt fortwährend von Nord nach Süd. Graben öffnen, Leitungen rein, Graben wieder schließen – das ist hier im Fichtelgebirge viel aufwändiger als in der Norddeutschen Tiefebene. Denn überall stoßen die Bagger auf Granit. Der muss mühsam aus dem Boden gebrochen und anschließend geschreddert werden – bevor er wieder in den Boden eingebaut wird. "Das ist sehr viel Arbeit," konstatiert Steinhusen.
Strom aus dem Südostlink ersetzt künftig Atomstrom
Insgesamt wird der Südostlink mehr als 750 Kilometer lang. Von der Ostseeküste und Sachsen-Anhalt führt er zum ehemaligen Atomkraftwerks-Standort Isar bei Landshut. Die Leitung wird mit insgesamt vier Gigawatt sehr leistungsfähig, sie soll bald mehr Strom nach Bayern bringen, als die Kernkraftwerke Isar 1 und 2 plus Grafenrheinfeld produziert haben. In etwa zwei Jahren soll der erste Strom fließen, 2030 dann der Südostlink komplett fertig sein.
Freileitungen haben sich seit 100 Jahren bewährt
Wie man Strom auch anders über große Entfernungen transportieren kann, zeigt die zweite Leitungsbaustelle in Oberfranken: Teilweise in Sichtweite der Südostlink-Baustellen baut Tennet parallel dazu den so genannten Ostbayernring.
Weil es sich um eine konventionelle Wechselstromverbindung handelt, kann sie aus technischen Gründen nicht unterirdisch gebaut werden. Stattdessen wird der Ostbayernring auf Hochspannungsmasten geführt – wie das seit mehr als 100 Jahren üblich ist. Einen stählernen Hochspannungsmast aus angelieferten Teilen zusammenzusetzen, dauert etwa drei Wochen. Für so eine Freileitungsbaustelle sind viel weniger Bagger-Arbeiten nötig als bei den Erdkabeln. Auch dieses Projekt liegt im Zeitplan. Nächstes Jahr soll die Leitung, die Oberfranken mit der Oberpfalz verbindet, fertig sein.
Oberirdisch bauen ist schneller, billiger und wartungsärmer
Freileitungen zu bauen, ist viel weniger aufwändig als Erdkabel, betont Tennet-Sprecherin Manuela Wolter: "Erdkabel sind rund vier bis acht Mal teurer als Freileitungen. Hinzu kommt noch, dass der Betrieb und die Wartung bei Erdkabeln deutlich aufwändiger ist. Das spricht eindeutig für Freileitung, wenn es um neue Vorhaben geht."
Seehofer hatte Erdkabelvorrang durchgesetzt
Trotzdem schreiben die geltenden Gesetze seit zehn Jahren vor, dass Gleichstromkabel unter die Erde gehören. Das geht auf den früheren bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) zurück. Die damals so genannten "Monstertrassen" wären so der Bevölkerung leichter zu vermitteln, war sein Kalkül. Denn sie sind nach Abschluss der Bauarbeiten nicht mehr sichtbar. Die Netzbetreiber fordern jetzt, diesen Erdkabelvorrang wieder zu streichen, damit der Netzausbau schneller vorankommt und billiger wird. Deutschland könne so 20 Milliarden Euro sparen. Auch Seehofers Nachfolger Markus Söder (CSU) hat sich dafür ausgesprochen. Bisher können sich die deutschen Bundesländer aber nicht einigen. Die Zeit verrinnt.
Die künftig noch geplanten Gleichstromtrassen verlaufen fast vollständig außerhalb Bayerns.
Die Vizepräsidentin der Bundesnetzagentur, Barbie Haller, betont, dass eine veränderte Gesetzesgrundlage nur für Gleichstromtrassen in Frage kommt, die noch nicht im Bau sind. Diese liegen fast ausnahmslos außerhalb Bayerns. Und Haller mahnt zu einer schnellen Entscheidung: "Je weiter ein Verfahren fortgeschritten ist, desto schwieriger ist die Umplanung. Je mehr Zeit verlieren wir."
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