Symbolbild: Kinderjacken in einer Kita
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Studie: Bayern bei Fachkräfte-Anteil in Kitas Schlusslicht

Studie: Bayern bei Fachkräfte-Anteil in Kitas Schlusslicht

Weil Kita-Fachkräfte fehlen, werden einer Studie zufolge zunehmend auch Menschen ohne pädagogische Ausbildung eingestellt – besonders oft ist dies in Bayern der Fall. Hier ist der Anteil an Fachkräften so niedrig wie in keinem anderen Bundesland.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

In den bayerischen Kitas ist der Anteil an pädagogischen Fachkräften laut einer Studie so niedrig wie in keinem anderen Bundesland. So kamen im vergangenen Jahr nach dem "Ländermonitor Frühkindliche Bildungssysteme" der Bertelsmann Stiftung nur rund drei Prozent der Kita-Teams auf eine hohe Fachkraft-Quote, bei der mehr als acht von zehn Mitarbeitenden mindestens über einen Fachschulabschluss verfügen. Der bundesweite Durchschnitt liegt demnach bei 32 Prozent. 

Bayern hält 50 Prozent Fachkräfte für ausreichend

Bayern ist damit Schlusslicht im Ländervergleich, gefolgt von Hamburg mit 16 Prozent. Auf die höchste Fachkraft-Quote kommt den Angaben zufolge Thüringen mit 89 Prozent. Das Bundesfamilienministerium empfiehlt laut der Studie, die Fachkraft-Quote zunächst auf 72,5 Prozent in jedem Kita-Team anzuheben, perspektivisch sogar auf 85 Prozent. 

Der Freistaat Bayern hält die geforderte Fachkraftquote für zu hoch. Hier liegt sie nur bei mindestens 50 Prozent. "Die Träger und Arbeitgeber können darüber hinaus auch mehr Fachkräfte einsetzen", teilte das bayerische Sozialministerium dem BR mit. Für die Qualität sei nicht die Anzahl von Personal oder Höhe der Qualifikation entscheidend: "Maßgebend ist die Interaktionsqualität, also die Interaktion zwischen Fachkraft und Kind", so das Ministerium. Dafür sei eigens eine "Pädagogische Qualitätsbegleitung" eingeführt worden.

Seit Jahren geringe Fachkraft-Quote

Der Freistaat habe traditionell - anders als andere Bundesländer - stark auf Hilfskräfte gesetzt, erklärt Tina Friederich. Sie ist Expertin für Frühpädagogik und Professorin an der Katholischen Stiftungshochschule in München: "Hier sind schon immer Ergänzungskräfte im Einsatz: Kinderpflegerinnen, die in Kitas tätig sind, neben den Erzieherinnen. Und hier war die Quote schon immer so 40 bis 60. Sie ist aber tatsächlich in den letzten Jahren noch einmal gesunken", sagte sie dem BR.

Die Bildungsexpertin Kathrin Bock-Famulla von der Bertelsmann Stiftung hält eine 50-Prozent-Quote bei Kita-Fachkräften für zu niedrig. Der Anteil an Kita-Teams in Bayern, in denen nur 50 bis unter 70 Prozent des pädagogischen Personals als Fachkraft qualifiziert sind, ging laut Studie sogar von 59 Prozent im Jahr 2017 auf knapp 56 Prozent im vergangenen Jahr zurück. Der bayerische Paritätische Wohlfahrtsverband kritisierte, "dass die großen Bemühungen in Bayern, neue Fachkräfte zu gewinnen, bisher kaum durchschlagen - obwohl das Land ein Bündel an Maßnahmen ergriffen hat, um dem Spannungsfeld zwischen Personalmangel, Platzausbau und qualitativer Anforderungen in Kindertagesbetreuungseinrichtungen zu begegnen."

Viele Kita-Mitarbeiter fühlen sich überlastet

Die Folge könnte der Verlust weiterer Fachkräfte sein: Weniger Fachkräfte im Team minderten die Qualität der pädagogischen Arbeit und belasteten das vorhandene Fachpersonal zusätzlich.

In einer Studie der Justus-Liebig-Universität Gießen (externer Link) und der Bertelsmann Stiftung unter gut 21.600 Kita-Beschäftigten sagt fast die Hälfte der befragten Kita-Mitarbeitenden, sich täglich oder fast täglich im beruflichen Alltag überlastet zu fühlen. Viele Beschäftigte halten es weiter für sehr wahrscheinlich, ihren Beruf kurz- bis mittelfristig aufzugeben. Das Abwanderungsrisiko sei am höchsten bei jüngeren Menschen zwischen 26 und 30 Jahren. "Auch in Bayern besteht das Risiko, dass Fachkräfte das Berufsfeld verlassen", sagt Bock-Famulla. Denn je häufiger sich jemand überlastet fühle, umso eher denke er an einen Wechsel.

Grüne fordern mehr staatliche Zuschüsse

Mit einem "Kita-Rettungsschirm" wollen die bayerischen Grünen eine deutliche Erhöhung der staatlichen Zuschüsse auf 90 Prozent erreichen: "Dies würde die Situation der Kitas deutlich stabilisieren und es würde für bessere Arbeitsbedingungen fürs Kita-Personal sorgen – die Voraussetzung dafür, um nicht noch mehr Fachkräfte zu verlieren sowie neue zu gewinnen", teilte die Partei mit.

Das Sozialministerium verweist auf den hohen Personalzuwachs, den der Kita-Ausbau mit sich gebracht hat: "Wir haben 95 Prozent mehr Personal als vor 13 Jahren (2024: 124.300 Beschäftigte; 2011 nur rund 63.900)." Alleine die Steigerung bei den Fachkräften liege bei über 85 Prozent. Das reicht aber bislang nicht, um nach Berechnungen der Bertelsmann-Stiftung den Bedarf an Kita-Plätzen zu decken. Bei den unter Dreijährigen lag Bayern 2023 hier etwas unter dem Bundesdurchschnitt.

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