Was brauchen Pflegebedürftige und Pflegende unter Pandemiebedingungen? Dieser Frage geht der Bayerische ambulante Covid-19-Monitor (BaCom) seit knapp einem Jahr nach. Auch das Institut für Allgemeinmedizin des Uniklinikums Würzburg ist an der Datenerhebung beteiligt. Am Sonntag hat das Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München, das die Studie federführend durchführt, einen ersten Zwischenbericht veröffentlicht. Ergebnis: Die Corona-Pandemie hatte starke psychische Auswirkungen auf Pflegebedürftige und ihre Angehörigen.
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Pflegebedürftige fühlen sich allein gelassen
"Das Gefühl des Alleinseins hat bei Pflegebedürftigen mit und ohne Covid-Erkrankung im Vergleich zu vor der Pandemie deutlich zugenommen", sagte Studienleiter Jochen Gensichen. Der Direktor am Institut für Allgemeinmedizin ergänzte, dass die vertrauten Beziehungen in den Familien sich änderten, wenn sie nur noch über Telefon gelebt werden könnten. Besonders gefordert waren laut Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) Angehörige, die im häuslichen Umfeld pflegen. Das liege daran, dass Entlastungs- und Unterstützungsmöglichkeiten wie Tageseinrichtungen, Kurzzeitpflege oder Ergotherapie ausgefallen waren. Auf der anderen Seite erlebten Angehörige von Pflegebedürftigen, die in stationären Einrichtungen leben, dass die Kontaktbeschränkungen ihre Sorge um die Pflegebedürftigen verstärkten.
Besonderes Augenmerk auf Demenzpatienten
Ein besonderes Augenmerk sei dabei mit Menschen auf Demenz gerichtet, schilderte Holetschek zu Beginn der Studie im vergangenen Jahr. Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege hat das Verbundprojekt BaCom initiiert, um die Lebenssituation pflegebedürftiger Menschen in der Corona-Pandemie – und bei zukünftigen Infektionsgeschehen – zu verbessern. Dabei sollen die psychischen, physischen und sozialen Auswirkungen in der ambulanten und stationären Langzeitpflege Bayerns interdisziplinär untersucht werden. Auch die Katholische Stiftungshochschule München sowie die Uni-Kliniken in Würzburg und Erlangen sind an dem Projekt beteiligt.
Hausärzte als wichtige Kontaktpersonen
Von Seiten des Uniklinikums Würzburg (UKW) kümmert sich das Institut für Allgemeinmedizin um die Datenerhebung im Bezirk Unterfranken und in Teilen Oberfrankens. "Unsere wichtigsten Kontaktpersonen sind die Hausärztinnen und Hausärzte. Über sie möchten wir die Menschen mit Pflegebehinderung erreichen und in die Studie einschließen", sagt Prof. Dr. Ildikó Gágyor, eine der beiden Lehrstuhlinhaberinnen des Instituts. Im ersten Jahr hatten sich nach Angaben der LMU fast 500 Pflegebedürftige, Leistungserbringer und Angehörige an der Untersuchung beteiligt. Für den weiteren Verlauf der Studie werden noch Teilnehmer gesucht.
Präventionsstrategien für die Zukunft
Holetschek erhofft sich von der Studie entscheidungsrelevante Daten und Analysen für bevorstehende Pandemien oder vergleichbare Krisensituationen. Hierfür sammle und analysiere diese unter anderem Daten zu gesundheitlichen Folgen der Covid-19-Pandemie wie Long-Covid oder Depression sowie deren Risikofaktoren. Ziel sei, gezielt Präventions- und Nachsorgestrategien in die Wege zu leiten, um etwa eine Anbindung Betroffener an Long-Covid-Ambulanzen oder an psychologische Betreuungs- und Therapieangebote zu ermöglichen.
Weiter erfasst die Studie die Folgen psychischer und physischer Belastungen der versorgenden Pflegekräfte und Angehörigen. Auch hier sei die Absicht, gezielt Versorgungsengpässe identifizieren und in der Folge konkrete Maßnahmen einleiten zu können, hieß es.
3,4 Millionen Euro Fördermittel
Das Gesundheitsministerium stelle dem Forschungsteam aus Pflegekräften, Hausärzten, Infektiologen und Soziologen Fördermittel in Höhe von 3,4 Millionen Euro bereit. Die Untersuchung ist auf einen Zeitraum von drei Jahren mit halbjährlichen Nacherhebungen angelegt, um auch die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie für alle Akteure gut abbilden zu können.
Mit Material von dpa.
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