Die Olympischen Spiele in München 1972 sollten das Bild eines modernen, offenen und freundlichen Deutschlands in der Welt verbreiten. Was konnte dazu besser passen als ein hochmoderner Fernsehsatellit, der die Bilder der "heiteren Spiele" direkt in die Wohnzimmer bringt?
Mehr noch: die "Erbfeinde", Deutschland und Frankreich, die noch vor wenigen Jahrzehnten, im zweiten Weltkrieg, erbittert gegeneinander gekämpft hatten, wollten dabei zusammenarbeiten. Der Name des Projektes war dabei Programm: "Symphonie" – das Wort stammt aus dem Griechischen und bedeutet "Zusammenklang, Übereinstimmung, Harmonie".
Schlaue Köpfe kommen nach Bayern
Junge Ingenieure aus ganz Deutschland kamen damals nach Ottobrunn bei München, um bei der Firma Messerschmitt-Bölkow-Blohm, MBB zu arbeiten. Dabei standen sie eng in Kontakt zu den Kollegen in Frankreich.
Einer von ihnen ist Eckart Schober, damals Ingenieur bei Symphonie: "So einen neuen Satelliten zu entwerfen, das war eine unglaubliche Herausforderung und diese in einem deutsch-französischen Team zum Erfolg zu führen, war eine ganz tolle Aufgabe." Und die jungen Ingenieure waren ganz auf sich allein gestellt, denn die USA, die als einzige schon ähnliche Satelliten gebaut hatten, versuchten die Entwicklung zu behindern: Sie weigerten sich, modernen Raumfahrtkomponenten an die Europäer zu verkaufen. "Die USA wollten ihr Know-how für sich behalten und verhindern, dass die Europäer im Weltraum mitmischen", erinnert sich Eckart Schober.
Die deutsch-französischen Ingenieure mussten also alle Komponenten des Satelliten selbst entwerfen und bauen. Und darauf sind Eckart Schober und seine Kollegen noch heute stolz: "Symphonie wurde dann der modernste Fernsehsatellit, weltweit – und die Amerikaner kauften nun Raumfahrttechnologie bei der bayerischen Firma MBB."
Das Problem mit der Rakete
Die Deutschen und Franzosen hatten mit "Symphonie" zwar einen modernen Satelliten, ihnen fehlte aber eine Trägerrakete, die "Symphonie" in den Weltraum beförderte. Die dafür vorgesehene "Europarakete" hatte sich als Fehlkonstruktion erwiesen und war bei fast jedem Testflug abgestürzt. "Wir mussten also wieder die Amerikaner um Hilfe bitten", erinnert sich Jean-Jacques Dechezelles, stellvertretender Projektleiter. Und die sagten wieder "No!"
Erst nach langen Verhandlungen erklärten sie sich dann doch bereit eine Rakete zu verkaufen. Das Ganze hatte aber einen Haken: Der Satellit durfte nicht für kommerzielle Fernsehübertragungen verwendet werden.
Ein herber Rückschlag für das Projekt, besonders weil sich "Symphonie" im Weltall bestens bewährte: "Alles funktionierte und statt der geplanten fünf Jahre, wurde Symphonie fast zehn Jahre eingesetzt", erinnert sich Jean-Jacques Dechezelles. Wegen des amerikanischen Embargos wurde der Satellit aber, statt für die Übertragung von Fernsehsendungen und Sportereignissen, in der Entwicklungshilfe und von der UNO genutzt.
Das Projekt Ariane
Nach dieser, von den Europäern empfundenen Gängelung durch die Amerikaner, rafften sich Deutsche und Franzosen noch einmal zusammen: Was bei "Symphonie" so gut funktioniert hatte, müsste doch auch bei einer europäischen Rakete möglich sein. Die beiden Länder einigten sich gemeinsam den zweiten Versuch zu starten, eine europäische Trägerrakete zu bauen: Es war der Beginn von "Ariane". Erststart 1979 – und 2024 fand der 118 Flug dieser Rakete statt.
Raumfahrt in Bayern
Bis heute werden Teile der Ariane-Rakete in Bayern entwickelt und gebaut, etwa einige der Triebwerke. Genauso entstehen hier Satelliten und Weltraumsonden. In diesem Jahr erwarten Raumfahrtenthusiasten und Wissenschaftler mit Spannung die Erstflüge von gleich zwei neuen bayerischen Raumschiffen: die von der Firma "Rocket Factory Augsburg, RFA" gebaute "RFA One" und die von "Isar Aerospace" gebaute "Spektrum"-Rakete.
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