Im Würzburger Zentrum für Telematik (ZFT) werden Kleinsatelliten mithilfe von Robotern gefertigt.
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Im Würzburger Zentrum für Telematik (ZFT) werden Kleinsatelliten mithilfe von Robotern gefertigt.

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Made in Bavaria: Geht Satellitenproduktion in Würzburg in Serie?

Made in Bavaria: Geht Satellitenproduktion in Würzburg in Serie?

Im Zentrum für Telematik in Würzburg wird an der Serienproduktion von Kleinsatelliten gearbeitet. Von der Forschungsfabrik bis zur kommerziellen Herstellung könnte es nur noch fünf Jahre dauern. Ein drängendes Ziel, um den Anschluss im All zu halten.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Mainfranken am .

Ein Kleinsatellit pro Tag: Das ist das Produktionsziel des Zentrums für Telematik in Würzburg. Derzeit liegt der europäische Rekord bei sechs pro Jahr. Das US-amerikanisch Unternehmen "SpaceX" benötigt dafür aktuell etwa zwei Tage. Satelliten aus Würzburg könnten bereits in fünf Jahren in Serie gehen.

Ziel: Serienproduktion von Kleinsatelliten aus Bayern

In einer Halle des Zentrums für Telematik in Würzburg arbeiten futuristisch anmutende Maschinen teils völlig autonom vor sich hin: Entlang eines Tisches werden Solarmodule für Kleinsatelliten hergestellt, zusammengeklebt und getestet. Das leise Surren der Roboterarme ist zu hören. "Es sieht aus wie eine industrielle Produktionsstraße," beschreibt Klaus Schilling die vollautomatisierte Choreografie der Maschinen. Damit wollen er und sein Team im Zentrum für Telematik in Würzburg Vertreter aus Industrie und Raumfahrt davon überzeugen, Geld zu investieren. Möglich gemacht werden soll letztlich die Serienproduktion von Kleinsatelliten, made in Bavaria.

In drei Phasen zur Serienproduktion

Das Zentrum für Telematik in Würzburg ist in seiner Zusammensetzung von Fachbereichen und Ausstattung einzigartig in Europa: 50 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den Bereichen Raumfahrt, Automatisierung und mobile Systeme arbeiten hier unter einem Dach. Momentan befindet sich die Produktion verschiedener Kleinsatelliten in der ersten von drei Phasen: die "Laborfabrik". Im Rahmen der Kleinsatelliten-Initiative der Bundesregierung untersucht das Zentrum für Telematik seit 2022 Konzepte zur Kleinserienproduktion von Satelliten unter Einsatz fortgeschrittener Automatisierungstechnik und Robotik im Forschungsprojekt "ForFabSat". Die Produktionsleistung liegt momentan bei etwa zehn bis 30 Satelliten im Jahr.

"In Europa eigentlich zu wenig Aktivität"

Phase zwei und erklärtes Ziel des Zentrums ist die "Forschungsfabrik". Mit größerer Kapazität soll hier ein Satellit pro Tag vom Band gehen, der dann etwa Gefriertruhen-Größe haben soll. Dafür braucht es Geld und einen engen Kontakt zur Industrie, sagt Zentrumsgründer Klaus Schilling: "Wir versuchen eigentlich zu zeigen, das ist überhaupt machbar, denn so etwas gibt es noch nicht in Europa."

Bis zur dritten Phase, der industriellen Serienproduktion ist es noch ein weiteres Stück Weg, für das die Zeit drängt, ergänzt Markus Krauß, Leiter der Automatisierung. "Weil ja die USA vorpreschen mit Elon Musk und schon Tatsachen geschaffen haben, China sehr stark aktiv ist und in Europa eigentlich zu wenig Aktivität herrscht. In dem Sinne brennt es wirklich. Erstrebenswert wäre, die Phasen in den nächsten fünf Jahren zu durchlaufen", erklärt er.

Netz aus Satelliten überaus wichtig

Die Kleinsatelliten bewegen sich etwa 600 Kilometer über der Erde. Diese geringe Distanz ermöglicht beispielsweise hochauflösende Bilder und bietet einen vollwertigen Ersatz zu terrestrischen Kommunikationsnetzen, also Sendemasten. Telekommunikation, Navigation, Erdbeobachtung, Klimadaten oder auch das autonome Fahren – vieles hängt früher oder später von diesen Satelliten ab. Da in dieser Höhe sozusagen die Sicht der Satelliten eingeschränkt ist, braucht es für eine ideale Serviceleistung ein Netz aus mehreren Satelliten. Derzeit sind es hunderte neue Satelliten pro Jahr, die, laut Schilling, von wenigen Herstellern, vornehmlich aus den USA und China kommen. Über 7.000 Satelliten zur Telekommunikation von Elon Musks Firma "SpaceX" bilden aktuell den Großteil aller Satelliten im All. Bis 2025 will "SpaceX" 12.000 Satelliten in den erdnahen Orbit bringen.

Eigenproduktion statt Abhängigkeit

Um sich nicht abhängig zu machen, brauche es eigene Satelliten. Dafür hat sich vor kurzem auch Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) ausgesprochen. Für Klaus Schilling und Markus Krauß ist Würzburg dafür ein guter Ausgangspunkt, weil hier schon viel Erfahrung und Grundlagen vorhanden sind. Nicht nur in puncto Forschung und Fertigung, auch die Testsysteme sind ausgefeilt. Mit verschiedenen Testaufbauten können im Zentrum für Telematik die komplexen Bedingungen im All dargestellt werden: Schwerelosigkeit, das Erdmagnetfeld und die Sonne werden simuliert, um Funktion und Verhalten der Satelliten im Weltraum zu testen, sowie deren Kommunikation untereinander. "Das hat ein Potenzial. Das müssen wir jetzt umsetzen und die Früchte bei Arbeitsplätzen ernten. Man schätzt, dass in 20 Jahren der Raumfahrtsektor so groß ist wie heute die weltweite Automobilindustrie", sagt Schilling.

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Teil einer Fertigungsstrecke für Kleinsatelliten am Würzburger Zentrum für Telematik (ZFT)

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