Im Steuerprozess rund um die Corona-Maskenaffäre in Bayern hat die Angeklagte und Politikertochter Andrea Tandler den Vorwurf der vorsätzlichen Gewerbesteuerhinterziehung bestritten, aber unter Tränen Fehler und Versäumnisse eingeräumt. Sie und ihr Geschäftspartner seien insbesondere zu Beginn nicht so oft in einem Büro in Grünwald bei München gewesen, "wie wir es hätten sein müssen", sagte Tandler am Dienstag vor dem Landgericht München I.
Dies ist insofern relevant, als die Anklage Tandler unter anderem vorwirft, sie habe Millionen-Provisionen aus Maskengeschäften nicht in München versteuert, sondern in Grünwald - dort ist im Vergleich zur Landeshauptstadt nur rund die Hälfte an Gewerbesteuern fällig. Und das, obwohl München "Ort der Geschäftsleitung" gewesen sei.
Mit der Aussage versuchte Tandler mutmaßlich, den Prozess zu beschleunigen. Zu Beginn ihrer Erklärung versagte der Angeklagten immer wieder die Stimme. Mehrmals entschuldigte sich Tandler beim Gericht.
Tandler: "Nicht nur reines Briefkastenbüro" in Grünwald
Sie und ihr Geschäftspartner hätten aber "nicht nur ein reines Briefkastenbüro" in Grünwald gehabt, und das sei auch nicht ihre Intention gewesen, argumentierte Tandler. "Sondern leider kam eins zum anderen." Dies solle keine Rechtfertigung sein, "denn ich habe inzwischen verstanden, dass wir auch insoweit Fehler gemacht haben", sagte die Angeklagte. "Wir hätten das Finanzamt unverzüglich darüber aufklären müssen, als das mit dem eigenen Büro in Grünwald nicht auf Anhieb so geklappt hat, wie wir es ursprünglich geplant hatten. Ich entschuldige mich ausdrücklich für diese Versäumnisse."
Laut Anklage hatte Tandler in Grünwald nur eine Briefkastenadresse, um von dem günstigen Gewerbesteuersatz in Grünwald zu profitieren. Richtigerweise hätte sie aber laut Gericht in München Gewerbesteuer zahlen müssen. Erst am 2. April hatte Tandler das Büro in Grünwald angemietet. Für dieses Büro mit drei Schreibtischen, das noch 40 andere Firmen angemietet hatten, hatte sie keinen eigenen Schlüssel. Auch hatte sie von der Grünwalder Adresse eine Postumleitung eingerichtet.
Tandler: Geschäftspartner war "treibende Kraft"
Zum Anklagevorwurf, auch Einkommensteuer in Millionenhöhe hinterzogen zu haben, sagte Tandler, es sei ihr nie darum gegangen, "ein fragwürdiges Konstrukt zur Steuerersparnis zu wählen". Mit der gewählten Struktur einer GmbH sei es nur um einen Stundungseffekt gegangen, aber nicht um eine Reduzierung der endgültigen Steuer.
In einer Sache blieb Tandler jedoch im Wesentlichen bei ihren Aussagen vom ersten Prozesstag. Zwar gab sie zu, dass nur ihre Kontakte zu den Abschlüssen bei den Maskendeals geführt hatten, dennoch betonte sie, dass ihr angeblicher Geschäftspartner N. die "treibende Kraft" beim millionenschweren Maskendeal gewesen sei. "Er war der Visionär, er war der Stratege", so Tandler.
Laut einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" (externer Link, möglicherweise Bezahl-Content) will das Gericht nun darüber beraten, ob Tandlers Worte als Geständnis zu werten seien. Am Nachmittag trifft sich das Gericht mit den Angeklagten zu einem nicht öffentlichen Gespräch.
Ermittlungen wegen möglichen Steuerhinterzugs
Tandler und ihrem Geschäftspartner N. wird Steuerhinterziehung in drei Fällen sowie ein Subventionsbetrug vorgeworfen, dem Angeklagten N. Beihilfe zur Steuerhinterziehung und Steuerhinterziehung in Mittäterschaft.
Ausgangspunkt waren immense Provisionszahlungen, die Tandler - sie ist Tochter des früheren CSU-Generalsekretärs und ehemaligen bayerischen Finanz-, Wirtschafts- und Innenministers Gerold Tandler - zu Beginn der Corona-Pandemie im Jahr 2020 erhielt. Die Affäre hatte damals bundesweit für Schlagzeilen gesorgt.
Mit Informationen von dpa
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