Unterfrankens Obstbauern schauen in den kommenden Tagen besorgt auf den Wetterbericht. Die Temperaturen sollen in der Nacht auf Werte um den Gefrierpunkt sinken. Sobald Obstbäume Blütenknospen und Triebe angesetzt haben, können Minusgrade eine verheerende Wirkung haben. Unter Umständen kann sogar die gesamte Ernte in Gefahr sein.
Experte: "Obstblüte so früh wie noch nie!"
"Die Obstblüte kommt so früh wie noch nie. Ich kann mich jedenfalls an keine erinnern, die noch früher stattgefunden hat", sagt Thomas Riehl, Obstbauexperte vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) in Kitzingen. Die Blüte bei Apfel-, Zwetschgen- und Kirschbäume erfolge etwa drei Wochen früher als gewöhnlich. Die vorhergesagten nächtlichen Temperaturen in den kommenden Tagen – mit Werten um den Gefrierpunkt – seien deshalb besonders kritisch für die Obstbäume. Und an den feuchten Pflanzen sei die Temperatur sogar noch zwei Grad tiefer als vorhergesagt, so der Obstbauexperte.
Frostschutzberegnung braucht viel Wasser
Es gibt Möglichkeiten, die Bäume vor dem Frost zu schützen. Die sind aber meist kostspielig. Besonders effektiv ist demnach die Frostschutzberegnung. Beregnungsanlagen verteilen dabei einen feinen Sprühnebel auf dem Baum. Gefriert das Wasser auf den Blüten, wird sogenannte Kristallisationswärme freigesetzt. Das Eis legt sich dann wie ein Schutzpanzer über die Blüten und hält die Temperatur bei null Grad. Blüten und Knospen nehmen keinen Schaden.
Diese Art des Frostschutzes brauche aber Unmengen an Wasser. 30 Kubikmeter pro Stunde und Hektar. Deshalb werde die Frostschutzberegnung im trockenen Unterfranken nur sehr vereinzelt praktiziert.
Windmaschinen oder Frostschutzkerzen als Alternativen
Einige Obstbauern setzen auf große Windmaschinen. Die saugen die wärmeren Luftschichten von oben an und blasen sie auf die Obstkulturen. Die Aggregate werden mit Diesel oder Erdgas betrieben. Eine etwa zehn Meter hohe Windmaschine, die wie ein kleines Windrad aussieht, schützt nach Herstellerangaben etwa sieben Hektar Fläche vor Frost. Eine solche Anlage sei aber kostspielig. Die Anschaffungskosten belaufen sich laut Thomas Riehl auf 40.000 Euro.
Der Einsatz von sogenannten Frostschutzkerzen in den Kulturen sei vor allem personell aufwendig, so Riehl. Um einen Hektar Fläche zu schützen, müssten rund 300 Kerzen entzündet werden. Die haben eine Brenndauer von sechs bis acht Stunden. Die Kosten für eine Frostnacht beliefen sich pro Hektar auf bis zu 4.000 Euro.
Frühe Blüte keine Besonderheit mehr
Dass Obstbäume immer früher blühen, beobachtet nicht nur Obstbauexperte Thomas Riehl vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) in Kitzingen. Das bestätigen auch Daten des Deutschen Wetterdienstes sowie des Bayerischen Landesamtes für Umwelt (LfU), über die der BR vergangenen Sommer berichtet hatte. Demnach setzt die Blüte wegen der Erderwärmung alle zehn Jahre rund fünf Tage früher ein.
In den vergangenen Jahren blühten die Bäume am Bodensee immer wieder rund zwei Wochen früher als sonst, verglichen mit dem 30-Jahres-Mittel. War die Apfelblüte in Bayern demnach in den 1990er-Jahren noch Anfang/Mitte Mai (4.-9. Mai), beginnen die Bäume heute schon Ende April (24.-29. April) die Knospen auszutreiben. Im Süden und Osten Bayerns wird diese Entwicklung in Zukunft ausgeprägter zu beobachten sein als etwa in Franken und der Oberpfalz.
Riehl hofft, dass es dieses Jahr nicht so schlimm wird, wie etwa im Jahr 2017. Damals war der März sehr warm, was zu einer frühen Blüte geführt hatte. In den Frostnächten vom 19. auf 21. April waren viele Obstkulturen geschädigt worden. Fränkische Obstbauern büßten zum Teil bis zu zwei Drittel ihrer Ernte ein.
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