Sie blühen mal rosa, mal weiß und locken unzählige Bienen und Hummeln, die fleißig von Blüte zu Blüte summen. Die Obstblüten verwandeln die Hänge am Bodensee-Ufer jedes Jahr in ein großes Blütenmeer. In diesem Jahr zeigen sich die Blüten wieder deutlich früher als sonst. Landwirt Andreas Willhalm spricht von mehr als zwei Wochen, die Birn-, Apfel- und Kirschbäume im Vergleich zu anderen Jahren heuer wieder früher dran sind.
Nicht nur früher, es blüht auch alles gleichzeitig
Gezeigt hatte sich das bereits bei der Blüte der Aprikosen und Nektarinen Anfang März, denn normalerweise blühen diese Bäume eher Ende März oder Anfang April. Willhalm hat noch eine Beobachtung gemacht: "Die Blüte schreitet wahnsinnig schnell voran." Neben der frühen und schnellen Blüte in diesem Jahr sei zudem bemerkenswert, dass fast alle Sorten zeitgleich blühen. Es gebe zwischen späteren und früheren Apfelsorten keine großen Zeitverschiebungen, lediglich "Nuancen", stellt Andreas Willhalm fest. Normalerweise blühen immer erst die Kirsch- und später die Apfelbäume. In diesem Jahr aber blüht alles gleichzeitig.
Die Blüte spricht für eine gute Ernte
Außerdem hängen die Blüten sehr voll an den Bäumen. Deshalb, so Willhalm, seien die Landwirte in froher Erwartung, dass es ein gutes Jahr gebe. "Wir erwarten eine sehr gute Ernte", freut sich der stellvertretende Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes.
Für die kommenden Tage zeigen die Wettermodelle nun kältere Temperaturen. "Wir als Obstbauern haben natürlich immer Angst, dass im April noch kalte Nächte kommen und dann die Blüte wieder kaputt geht", so Willhalm. Doch der Wetterumschwung jetzt mache den Obstbauern keine Sorgen, betont Willhalm. Denn Frost ist nicht vorhergesagt.
Minusgrade verursachen Schäden
Vor allem die Apfelblüte sei anfällig für Minustemperaturen. Dann könnten die Blüten erfrieren und die späteren Früchte beschädigt werden. Willhalm erinnert sich: Im Jahr 2020 hatte es Ende April am Bodensee etliche Frostnächte gegeben. Da lagen die Temperaturen teils bei minus fünf Grad. Trotz nächtlicher Mottfeuer in den Obstplantagen im Kampf gegen die Kälte mussten die Landwirte in einigen Lagen größere Schäden bei den Äpfeln hinnehmen. Noch stärker waren die Auswirkungen im Jahr 2017. Damals war mehr als die Hälfte der Apfel- und Kirsch-Ernte betroffen gewesen.
Derartig kalte Temperaturen zeigen die Wetterprognosen nicht, das Thermometer soll in der Bodenseeregion nicht unter null Grad sinken. Und so bleibt Andreas Willhalm optimistisch.
Diese Einschätzung teilt auch Michael Zoth, Leiter des Obstbaubetriebes der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf. Zwar bringe der Wetterwechsel nun Kälte und Nässe, doch lediglich Frost würde ein großes Risiko bedeuten - und der sei für die kommenden drei Wochen, in denen die Apfelblüte dann auch zu Ende gehe, nicht zu sehen, so Zoth.
Das Risiko für Frostschäden steigt
Auch Michael Zoth stellt fest, dass die Natur aktuell zwei bis drei Wochen weiter ist als normal. Vor allem die vergangene Woche mit warmen Temperaturen und den wiederkehrenden Niederschlägen sei für die Befruchtung der Obstbäume ideal gewesen.
Allerdings, so Zoth, steige mit einer früheren Blüte auch das Risiko, dass Obstbäume während ihrer Blütezeit durch Frost geschädigt werden. Dadurch, dass Kirsch- und Apfelbäume immer früher blühen, seien sie gefährdet durch Kälteperioden, die jedes Jahr um die Eisheiligen herum auch in der Bodenseeregion für kalte Nächte sorgen. Und das unabhängig von der Sorte: "Frost während der Blütezeit bekommt allen Tafelobstsorten schlecht", erklärt der Obstbauexperte.
Frühe Blüte längst keine Besonderheit mehr
Dass ihre Obstbäume immer früher blühen, beobachten die Landwirte am Bodensee bereits seit einigen Jahren. Das bestätigen auch Daten des Deutschen Wetterdienstes sowie des Bayerischen Landesamtes für Umwelt (LfU), über die der BR vergangenen Sommer berichtet hatte. Demnach setzt die Blüte wegen der Erderwärmung alle zehn Jahre rund fünf Tage früher ein. In den vergangenen Jahren blühten die Bäume am Bodensee immer wieder rund zwei Wochen früher als sonst, verglichen mit dem 30-Jahres-Mittel. War die Apfelblüte in Bayern demnach in den 1990er-Jahren noch Anfang/Mitte Mai (4.-9. Mai), beginnen die Bäume heute schon Ende April (24.-29. April) die Knospen auszutreiben. Im Süden und Osten Bayerns wird diese Entwicklung in Zukunft ausgeprägter zu beobachten sein als etwa in Franken und der Oberpfalz.
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