"Wir sind keine Bahngegner", sagt Heiko Mohr von der Bürgerinitiative in Adelsried. "Und wir sind auch in keinster Weise Gegner einer Mobilitäts- oder Verkehrswende. Ganz im Gegenteil!" Es ist schon stockdunkel über den Feldern bei der Autobahnkirche an der A8. Ein kalter Wind weht über den Parkplatz. Und trotzdem sind etwa hundert Anwohner gekommen zu der kleinen Kundgebung. Gegen die Bahn, vor ihrer Haustür.
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Gegner: Adelsried hat schon genug Verkehr und Lärm
Sechsspurig ist die Autobahn hier. Der Lärm von Autos und Lastwagen ist ständiger Begleiter, trotz der Lärmschutzwände. Heiko Mohr sagt, sie wüssten doch, was es heißt, mit Verkehr umzugehen, hier in Adelsried. Mit dem Verkehr, den man erträgt. Und mit dem, den man selbst verursacht: "Wir im ländlichen Bereich sind schon immer auf das Auto angewiesen."
Auf zwei Äckern haben sie an diesem Abend ein paar Dutzend Fackeln in die Erde gesteckt. Eine Reihe links, eine Reihe rechts: Man kann versuchen, sich die ICE-Bahngleise vorzustellen, die hier in ein paar Jahren liegen sollen. Entweder direkt an der Autobahnkirche vorbei. Oder drüben, zwischen Autobahn und dem Dorf Adelsried.
Damit will die Bahn die Strecke Augsburg-Ulm in 26 Minuten schaffen. Bisher sind es 42. Das liegt an den vielen Kurven, auf denen die fast 200 Jahre alte Strecke Hügel und Täler umfährt.
Flächenverbrauch der Bahn: Hier ist es ein Thema
Sie hätten hier doch ohnehin zu wenig Platz, sagen die Adelsrieder. Hier, in der hügeligen Landschaft mit viel Wald kann man verstehen, was "Flächenverbrauch" bedeuten kann. Ein Bauer aus Adelsried sagt, dass er schon Land hergeben musste für den Autobahnausbau. Auch für die Umgehungsstraße war er gezwungen, Acker zu verkaufen. Und jetzt, klagt er, will die Bahn noch mal was von ihm haben.
"Bürgerbahn statt Größenwahn" ist eigentlich die Parole. Und ihren Protest haben sie "Mahnwache" genannt. In den Redebeiträgen geht es dann um Lärmschutzwände, die maximale Steigung für Güterzüge, den Regionalverkehr auf der Bestandsstrecke. Da ist viel Wissen über die Bahn und ihre Planungen versammelt.
Letzte Hoffnung: Knappe Kassen
Aber dass die Bürgerinitiativen zwischen Ulm und Augsburg diese Pläne für eine neue Bahntrasse noch stoppen können, glauben die wenigsten. Außer der Bahn und dem Bund ginge das Geld aus. "Da is doch nix drin", sagt einer der Redner am Mikrofon und zeigt einen leeren Geldbeutel.
Auf den Parkplatz an der Autobahn ist an diesem kalten Märzabend auch Hansjörg Durz gekommen. Der CSU-Politiker vertritt im Bundestag den Wahlkreis Augsburg-Land. Durz sagt, er will sich die Kritik an den Bahn-Plänen anhören. Aber dass die Strecke gebaut werden muss, daran lässt er keinen Zweifel. "Wir brauchen hier in der Region zusätzliche Gleis-Kapazitäten."
Mehr Bahn, nicht weniger, sagt der Abgeordnete
Die Züge müssten auch für die Menschen in Adelsried da sein. Dafür setze seine Partei sich ja schon seit fast 30 Jahren ein, sagt Durz. Wenn man schon eine Fernverkehrsstrecke vor die Nase gesetzt bekommt, dann will man wenigstens auch einen Bahnhof bekommen, das ist die Überlegung.
In Zusmarshausen wollen sie so einen Bahnhof haben, für Regionalzüge, die zwischen den ICEs und Güterzügen eben auch auf der Strecke fahren sollen. Mehrere große Firmen könnten dann auch Leute ohne eigenes Auto beschäftigen, die nur mit dem Zug kommen würden.
"Kleiner Bahnhof" für den Minister
Wenn am Mittwoch der bayerische Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) kommt, dann wollen Bürgermeister und Landrat hören, was er zu einem Regional-Bahnhof Zusmarshausen sagt. Die Demonstranten in Adelsried würde das mit der Neubaustrecke jedenfalls nicht versöhnen. Der Bahnhof kommt doch eh nicht, sag Josef Stöckle, "Bahnrebell", wie er selbst sagt.
Dass sich der Neubau der Bahnstrecke entlang der A8 noch stoppen lässt, daran glaubt an diesem Abend kaum einer in Adelsried. Aber sie wollen doch deutlich machen, dass sie das Projekt für unsinnig halten: Zu aufwendig, zu teuer, unnötig und umweltschädlich. Und ohne Nutzen für die Menschen zwischen Augsburg und Ulm sei die Strecke.
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