Meterhoch türmt sich der Hochwasser-Müll im Wertstoffzentrum in Leipheim im Landkreis Günzburg: durchnässte Regale, aufgeweichte Aktenordner, müllsäckeweise nasse Kleidung. Iris Enke aus Kleinkötz schmeißt gerade einen alten Puppenkinderwagen dazu: "Der ist von mir. Das war meine Kindheitserinnerung", sagt sie mit tränenerstickter Stimme.
Der Fluss Günz hat ihren Keller überschwemmt. Obwohl Iris Enke noch versuchte, ihre Sachen in höheren Regalen zu verstauen, ist jetzt alles kaputt: "Das ist so schlimm, das Wasser war so brutal", sagt sie. Mit einem geliehenen Transporter ist sie inzwischen schon viermal zum Wertstoffhof gekommen, um ihr Hab und Gut zu entsorgen. Und sie wird noch ein paar Mal fahren müssen, meint sie.
Sonderschichten für Wertstoffhof-Personal
Kein Einzelschicksal, berichtet Nadine Reiber, Leiterin des Wertstoffzentrums. "Es kommen viele Leute tagtäglich, die sind richtig fertig. Und das geht einem dann schon nahe, das tut einem auch richtig leid."
Seit Tagen sind Nadine Reiber und ihr Team beschäftigt, den Hochwasser-Müll zu entsorgen. Alle schieben Sonderschichten, damit der Wertstoffhof vorübergehend jeden Tag geöffnet werden kann.
Säckeweise verdorbene Lebensmittel
Die vom Hochwasser betroffenen Menschen bringen alles, sagt Reiber. Säckeweise verdorbene Lebensmittel zum Beispiel, die aus überschwemmten Gefriertruhen stammen. "Die kommen dann auch sofort in die Container, damit sie abtransportiert werden können und kein Ungeziefer anlocken", so Reiber.
Trotz der Ausnahmesituation wird der Müll - so gut es geht - getrennt. Schrott und Elektrogeräte zum Beispiel müssen aussortiert werden, sagt Bernd Oehler, stellvertretender Leiter des Kreisabfallwirtschaftsbetriebs Günzburg. "Schrott bleibt Schrott, der brennt halt auch nicht."
Unrat muss teilweise zwischengelagert werden
In Günzburg wird der Müll sogar bei den Betroffenen abgeholt: "Die Flutopfer müssen ihn nur auf die Straße stellen", sagt Oehler. Dabei seien schon unvorstellbare Mengen zusammengekommen.
Ein Teil des Hochwassermülls muss auf extra eingerichteten Halden zwischengelagert werden und dort erst einmal trocknen. Später soll auch dieser Müll genauso wie die vollen Container von den Wertstoffhöfen in das Müllheizkraftwerk in Weißenhorn im Landkreis Neu-Ulm gebracht werden.
Müllheizkraftwerk komplett ausgelastet
Dort wandert der Müll in den Feuerraum: Zusätzlich zum Rest- und Gewerbemüll wird in Weißenhorn der Hochwasser-Müll aus den Landkreisen Neu-Ulm, Günzburg und Unterallgäu verbrannt. Die Anlage - eine von dreien in Schwaben - ist in diesen Tagen allerdings komplett ausgelastet, sagt Werksleiter Thomas Moritz: "Wir fahren jetzt über 100 Prozent, wir haben einfach unseren Durchsatz hochgefahren, damit wir das Problem so schnell als möglich lösen können."
Normalerweise landen etwa 450 Tonnen Müll pro Tag in der Verbrennungsanlage. Jetzt sind es rund 750 Tonnen. Dadurch ist der "Bunker" des Heizkraftwerkes ständig so gut wie voll. Kranführer Ralf Bold muss deshalb mit dem Platz haushalten und vor allem den Hochwasser-Müll im Blick haben. "Die Herausforderung ist, dass der nasse Müll gelagert wird. Weil der brennt ja nicht einfach."
Nasser Müll muss in Ecken gelagert werden
Mit einem großen Greifarm schichtet Bold den nassen Abfall in eine Ecke des riesigen Mülllagers, dort soll er kurz abtrocknen, bevor er verbrannt wird. Während der Kranführer noch damit beschäftigt ist, die nassen Containerladungen zu verstauen, kippen schon die nächsten LKW neuen Hochwasser-Müll ab - eine Sisyphusarbeit. Werksleiter Thomas Moritz ist trotz der Müll-Massen zuversichtlich. "Am Ende werden wir das alle gemeinsam schaffen", sagt er. Auch wenn er davon ausgeht, dass die Entsorgung des Hochwasser-Mülls noch länger dauern wird.
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