Elektromeister Heinz Haider begutachtet den deformierten Zählerschrank in einem Babenhausener Keller.
Bildrechte: BR / Rupert Waldmüller

Der Strom hat das Hochwasser im Zählerschrank zum Kochen gebracht. Heinz Haiders Diagnose: Totalschaden.

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Wiederaufbau nach dem Hochwasser: Handwerker im Dauereinsatz

Nach dem schweren Hochwasser laufen in Babenhausen die Aufräumarbeiten. Nicht nur die Betroffenen, die Feuerwehren und zahllose Helfer sind im Dauereinsatz – auch viele Handwerker setzen alles daran, damit es vorangeht und etwas Normalität einkehrt.

Über dieses Thema berichtet: Abendschau am .

Frühmorgens startet Elektromeister Heinz Haider zu seiner Tour durch Babenhausen. Seine Mission: den vom Hochwasser betroffenen Familien wieder Strom ins Haus bringen. Vor sich hat er wahrscheinlich einen 15-Stunden-Tag. Was ihn erwartet, weiß er vorher nie. "Manche Sachen kann man gleich reparieren, andere sind chancenlos – und bei anderen versuchen wir, es provisorisch zu richten", sagt der Elektriker.

Verschmorte Leitungen und Sicherungen

Die erste Station ist das Haus von Familie Wastl. Freitagnacht hat die Günz hier den Keller geflutet. Am Ende stand das Wasser 1,60 Meter hoch. Entsprechend schlimm schaut es im Zählerschrank aus: Das Plastikgehäuse rings um die Sicherungen und Leitungen ist verschmort und geschmolzen. Als das Wasser kam, war die Anlage noch unter Strom. "Der untere Teil war komplett im Wasser und das hat dann natürlich zu kochen angefangen", erklärt Haider und zeigt auf die verformten Plastikteile im oberen Bereich des Zählerschranks. "Bis da oben war Dampfbildung. Da hat es die ganze Verteilung verzogen."

Nach vier Tagen wieder Strom

Die kaputten Bauteile muss Heinz Haider ersetzen. Vier Tage lang waren Rainer Wastl und seine Familie ohne Strom. "Und ohne Strom ist nichts", sagt der Hausbesitzer. "Kein Fernsehen, kein Warmwasser, kein Kühlschrank, kein Telefon. Gar nichts." Knapp eine Stunde dauert die Reparatur. Dann ist der Strom wieder da. Heinz Haider drückt den Schalter im Erdgeschoss, das Licht leuchtet. Und Rainer Wastl ist erleichtert. "Es wird jetzt etwas normaler", sagt er.

Unzählige Keller in und um Babenhausen betroffen

Im nächsten Keller ist ein Kollege von Heinz Haider schon seit dem Morgen im Einsatz. Auf dem Boden bildet ausgelaufenes Heizöl noch einen schmierigen, rotbraunen Film. Es stinkt. Dieser Keller in der Nähe der Günz war komplett geflutet. "Das war voll bis oben", sagt Elektromeister Haider. "Es hat die Scheiben eingedrückt und das Wasser ist schlagartig reingekommen. Dementsprechend sieht auch die Verteilung aus."

In unzähligen Kellern in und um Babenhausen sieht es ähnlich aus. Die betroffenen Familien brauchen dringend Strom – am liebsten sofort. Aber alle auf einmal können Heinz Haider und seine Kollegen niemals bedienen. Sie müssen sich von Haus zu Haus durcharbeiten. "Du musst den Leuten immer wieder das Gefühl geben: 'Ja, es wird repariert - und es wird funktionieren!'", sagt Haider. "Dann ist die Akzeptanz, dass man auch ein bisschen wartet, wesentlich größer, als wenn du sagst: 'Gar keine Chance!' Dann wird es noch schwieriger für die Leute."

Ohne Ersatzteile wird nach einem Provisorium gesucht

Nächste Station: Der Keller von Wolfgang Schieferle. Auch hier stand das Wasser tagelang. Im Zählerschrank ist ebenfalls das ganze Plastik geschmolzen und verzogen. "Das ist wieder so ein typischer Totalschaden", sagt Elektriker Haider. "Das werden wir auf die Schnelle nicht hinbekommen." 40 Jahre ist die Anlage alt. Ersatzteile gibt es wahrscheinlich keine. Der Elektromeister muss sich etwas überlegen für ein Provisorium. "Ich mache jetzt ein paar Bilder, damit wir wissen, was wir brauchen. Und dann melde ich mich noch mal im Laufe des Tages", sagt er zum Hausbesitzer. "Aber ich denke, wir kriegen zumindest eine Notlösung hin."

Elektromeister hilft im Vorruhestand

Eigentlich wollte Heinz Haider, der auch Obermeister der Elektroinnung im Unterallgäu ist, gerade seinen Vorruhestand genießen. Nach dem Hochwasser ackert er jetzt jeden Tag. Es ist anstrengend für den 64-Jährigen – aber auch eine Selbstverständlichkeit: "Weil einfach geholfen werden muss", sagt er. "Klar könnte man sagen, ich halte mich jetzt komplett raus. Aber in dem Moment, wenn du angefangen hast, musst du weitermachen. Das ist vielleicht auch ein bisschen ein Ehrgefühl." Mit diesen Worten steigt er in sein Auto und fährt weiter zum nächsten vom Hochwasser getroffenen Keller.

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