Die Aussicht war so schön: Auf 21.000 Quadratmetern Bruttofläche sollten auf dem ehemaligen Schöller-Gelände Hörsäle, ein schicker Musiksaal und ein Audimax entstehen. Dazu ein neuer Park. Alles perfekt angebunden an den öffentlichen Nahverkehr. Der Traum der Nürnberger Stadtverwaltung und der Uni Erlangen-Nürnberg ist nach der Pleite des Investors Gerchgroup geplatzt.
Nürnbergs Oberbürgermeister Marcus König ist enttäuscht: “Es ist eine sehr bittere Entwicklung in zweierlei Hinsicht. Die EWF (Anm. Erziehungswissenschaftliche Fakultät) gehört zu Nürnberg. Und jetzt mit der Insolvenz von Gerch ist alles geplatzt. Es ist für uns schwierig, weil an dieser Stelle nichts entstehen wird."
Aktuelles Gebäude der EWF "nicht mehr tragbar"
Die Studierenden der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät (EWF) bleiben also erstmal in ihrem runtergekommenen Gebäude in der Regensburger Straße sitzen. Der graue Betonbau aus den 1960er Jahren ist mit Graffiti beschmiert, die Holzfenster sichtlich veraltet, eine rote Markise klemmt schon lange, die Sanitäranlagen sind alles andere als appetitlich.
Hier geht es einfach nicht mehr lange weiter, sagt Uni-Kanzler Christian Zens: "Wir müssen 2027 raus, wenn wir nichts weiter ertüchtigen. Wir wollen einen sicheren Betrieb gewährleisten, der ist ohne weitere Investitionen über das Jahr 2027 nicht gewährleistet." Zum Beispiel die Elektroanlage sei ein großes Problem. "Und der Gebäudezustand insgesamt ist einfach für einen adäquaten Studienbetrieb nicht mehr tragbar", so Zens.
Vorübergehender Umzug der Pädagogik nach Erlangen?
Es gibt aber eine Lösungsidee von Uni und Staatsregierung: Im vergangenen Jahr hat der Freistaat in Erlangen mehr als 100.000 Quadratmeter für die Universität gekauft. Ein verhältnismäßig schick anmutender, quadratischer Bau mit Innenhof – perfekt als Übergangslösung sagt der Uni-Kanzler: "Das ist ein Gebäude auf dem Campus Süd, gleich im Anschluss an einen großen Gebäudekomplex der Firma Siemens. Das Gebäude ist mit einem entsprechend großen Grundstück gekauft worden und wir können das Gebäude aus dem Jahr 1990 aus unserer Sicht gut ertüchtigen."
EWF-Standort Nürnberg in Gefahr?
Die Erziehungswissenschaftliche Fakultät soll also erstmal von Nürnberg nach Erlangen umziehen. Dorthin, wo die Friedrich-Alexander-Universität ohnehin ihren Hauptsitz hat. Da schrillen in Nürnberg die Alarmglocken. Als Dauerlösung will der Nürnberger Oberbürgermeister Markus den Umzug nach Erlangen keinesfalls akzeptieren.
Für Nürnberg steht einiges auf dem Spiel: Die Stadt bekommt eine neue Technische Universität. Es soll die erste Uni in Deutschland werden, in der ausschließlich auf Englisch gelehrt wird. Und es soll eine Uni werden, die sich hauptsächlich mit der Anwendung Künstlicher Intelligenz beschäftigt. Während diese Uni gerade in Aufbau ist, steht aus Sicht der Stadt nun der traditionsreiche Ableger der benachbarten Universität Erlangen auf der Kippe. Das würde den Wissenschaftsstandort Nürnberg wieder ein Stück schmälern, befürchtet man in der Stadt.
Oberbürgermeister König gibt sich deshalb kämpferisch: "Das ist für mich nicht verhandelbar. Die EWF gehört zu unserer DNA und muss dauerhaft in Nürnberg bleiben, zukunftsfähig sein, natürlich mit neuen Räumlichkeiten. Die Regensburger Straße ist eigentlich Ideal, sie wird ertüchtigt."
Wissenschaftsministerium steht hinter Stadt Nürnberg
Das ist zumindest auch der aktuelle Stand im zuständigen Wissenschaftsministerium. Minister Markus Blume lässt auf BR-Anfrage schriftlich mitteilen: "Klar ist: Die FAU-Erziehungswissenschaften sind, waren und bleiben in Nürnberg – das ist Teil der FAU-DNA: Zwei starke Städte, eine starke FAU. Mein Vorschlag und Ziel: Wir machen den Standort an der Regenburger Straße fit." Ob dann die alten Gebäude abgerissen und ein Neubau errichtet wird oder doch der Altbau saniert wird, wie hoch die Kosten sind und wie lange es dauert, bis die Studierenden wieder am gewohnten Standort in der Regensburger Straße einziehen können, ist aber offenbar noch nicht geklärt.
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