Hubertus Hirsch ist 90 Jahre alt und leidenschaftlicher Jäger. Vor 60 Jahren hat er seine Jägerprüfung abgelegt und seitdem schießt er Rehe, Wildschweine und Hasen. Er sieht zwar nicht mehr gut, hört nicht mehr gut, humpelt mit zwei Stöcken durch den Wald und die Hände zittern ein bisschen, wenn er die Waffe hält, trotzdem hat er nach wie vor den Jagdschein.
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Hubertus Hirsch ist nur eine fiktive Figur, aber wäre das ein realistisches Szenario? Immer wieder gibt es Forderungen nach einem "Jäger-TÜV" beziehungsweise verpflichtenden Schießnachweisen ab einem bestimmten Alter.
Einmal Jäger, immer Jäger?
Wer eine Jagdscheinprüfung ablegt, bekommt ein Zeugnis. Das ist Grundlage für die Ausstellung eines Jagdscheins. Doch der gilt nicht bis zum Lebensende. In Bayern sind die Unteren Jagdbehörden an den Landratsämtern für Jagdscheine zuständig. Alle drei Jahre muss der Jäger eine Verlängerung beantragen. Den Stempel dafür gibt es dann aber nicht automatisch, schließlich sind Jäger mit der Waffe unterwegs. Das Landratsamt muss die "persönliche Eignung" überprüfen.
Jagdschein gilt nicht bis zum Lebensende
Die Behörden prüfen vor allem: Hat der Jäger oder die Jägerin einen Eintrag im Strafregister? Und sie können das persönliche Erscheinen anordnen. Christian Fischer, Referent für Schießwesen beim Bayerischen Jagdverband (BJV), erklärt: "Das Landratsamt kann bei Verdachtsfällen oder bei einem hohen Alter des Antragsstellers die persönliche Eignung überprüfen, dieses Instrumentarium sollte genügen."
Allerdings betont Fischer auch, entscheidend für die Eignung und auch Treffsicherheit sei nicht das Alter des Jägers, sondern die Erfahrung: "Man sollte Jäger ab einem bestimmten Alter nicht unter Generalverdacht stellen." Es gebe auch Jäger mit Querschnittlähmung, die mit Sondergenehmigung aus ihrem Fahrzeug heraus schießen dürfen.
Ministerium: "Alter nicht entscheidend"
Dass das Alter nicht die entscheidende Rolle spielt, bestätigt man auch im bayerischen Wirtschaftsministerium, das für die Jagd in Bayern zuständig ist. Bastian Brummer, stellvertretender Pressesprecher, schreibt: "Das Alter stellt für sich genommen keine Tatsache dar, die Zweifel an der körperlichen Eignung auslösen könnte. Kommen allerdings im Einzelfall weitere Umstände wie die grundlose Verweigerung eines angeordneten Erscheinens hinzu, kann das eine vertiefte Prüfung auslösen." Zahlen, wie oft die Landratsämter in Bayern diesbezüglich tätig werden und dann eine Verlängerung des Jagdscheins verweigern, würden aber nicht zentral erfasst.
Jagdverband empfiehlt freiwilligen Treffsicherheitsnachweis
Aus Sicht des Jagdverbandes sollte jeder Jäger sich in erster Linie selbst persönlich einschätzen, um dann gegebenenfalls den Jagdschein nicht mehr verlängern zu lassen. Als Hilfestellung zu dieser persönlichen Einschätzung bietet der Jagdverband dazu seinen Mitgliedern einen regelmäßigen freiwilligen Treffsicherheitsnachweis an einem Schießstand an.
Dabei übernimmt der BJV jetzt nach eigenen Angaben eine Vorreiterrolle in Deutschland. Denn geschossen wird nicht mehr auf eine 10er-Ring-Scheibe mit Fadenkreuz auf einem handgemalten Reh. Diese Scheibe aus den 60er Jahren sei veraltet, sagt BJV-Schießreferent Christian Fischer. Vor einigen Wochen haben nun alle BJV-Kreisverbände für ihre Schießstände neue sogenannte Wildorganscheiben erhalten.
Wildorganscheibe: Tierleid verhindern
Auf diesen neuen Scheiben ist ein Reh in Originalgröße dargestellt. Nach dem Schuss kann der Jäger auf der Rückseite der Scheibe kontrollieren, ob er richtig getroffen hat, nämlich Herz und Lunge. Denn nur, wenn diese Organe getroffen werden, ist das Tier sofort tot. "Es geht darum, Tierleid zu verhindern. Jäger müssen ja bei der Prüfung Wissen über Wildbiologie nachweisen, nur dann sind sie fachlich versiert, ein Wirbeltier zu töten", erklärt Christian Fischer. Bayern ist bisher das einzige Bundesland, in dem der Jagdverband solche Wildorganscheiben anbietet. In Schweden, so Fischer, seien sie seit zehn Jahren Standard.
Verpflichtende Schießnachweise nur in Berlin
Diese Treffsicherheitsnachweise mit der Wildorganscheibe seien freiwillig, betont Schießreferent Fischer. Zwar gebe es derzeit in Bayern von politischer Seite keine Forderungen, für Jäger regelmäßig verpflichtend Schießnachweise zu erbringen, aber man wolle aktiv werden, "bevor es vom Gesetzgeber kommt". Bisher gibt es nur in Berlin nach dem dortigen Landesjagdgesetz verpflichtende Schießnachweise. Wer dort seinen Jagdschein verlängern will, muss eine Schießprüfung ablegen, unabhängig vom Alter.
Wie oft schießt ein Jäger daneben?
Aber ist die Debatte überhaupt notwendig? Wie oft kommt es vor, dass ein Jäger nicht sauber trifft, sodass das Wildtier verletzt flüchtet? Beim Schalenwild (Rehe, Hirsche, Gämsen, Wildschweine) sind es nach Schätzungen in Jägerkreisen unter 15 Prozent. Meist werden die angeschossenen Tiere bei der sogenannten Nachsuche gefunden. Falls nicht, verenden sie im schlimmsten Fall qualvoll.
Äußerst selten kommt es allerdings vor, dass ein Jäger versehentlich statt einer Wildsau den Hund eines Jagdgenossen oder gar einen Menschen trifft. Im bayerischen Jagdministerium gibt es dazu keine Zahlen. Bei der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (Berufsgenossenschaft), bei der allerdings nur ein Bruchteil der Jäger versichert ist, gab es von 2018 bis 2022 in Bayern 106 Unfälle bei der Jagd, in ganz Deutschland waren es 2.086, vier davon tödlich. Zwei der vier tödlichen Unfälle waren Schussverletzungen, eine Person verunglückte tödlich bei Arbeiten am Hochsitz, eine weitere starb aufgrund eines Insektenstichs.
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