Zu sehen ist Rauch aus Schornsteinen einer Industrieanlage.
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Mineralölkonzerne können Klimaschutzzertifikate ankaufen und so ihre Auflagen einhalten. Hier könnte es womöglich zu Tricksereien gekommen sein.

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Tricksereien bei Klimaschutzprojekten? Ermittlungen in Bayern

Prüfstellen könnten bei der Verifizierung von Klimaschutzprojekten getrickst und so Mineralölkonzernen dazu verholfen haben, ihre Klimabilanz zu beschönigen. Die Polizei hat unter anderem ein Unternehmen in Bayern durchsucht.

Wegen des Verdachts auf Betrug bei Klimaschutzprojekten haben Polizisten am vergangenen Freitag Prüfstellen in Nordrhein-Westfalen und Bayern durchsucht, die auf die Erstellung von Umweltgutachten spezialisiert sind. Unter anderem im oberbayerischen Langenbach (Lkr. Freising) hätten die Beamten zahlreiche Unterlagen beschlagnahmt, teilte die Berliner Staatsanwaltschaft mit.

Fünf Klimaschutzprojekte sollen betroffen sein

Im Fokus der Ermittlungen stehen demnach 17 Geschäftsführer und Mitarbeiter von Prüfstellen wegen gemeinschaftlichen gewerbsmäßigen Betruges. Laut Staatsanwaltschaft besteht der Verdacht, dass diese bei Angaben gegenüber der Deutschen Emissionshandelsstelle (DEHSt) falsche Angaben machten. Nach derzeitigem Stand seien fünf Klimaschutzprojekte betroffen, der entstandene Schaden soll sich auf mehr als 1,12 Millionen Euro belaufen.

Umweltbundesamt hatte Anzeige erstattet

Mithilfe von sogenannten UER-Projekten (Upstream-Emissions-Reduktionen) haben Branchen wie die Mineralölindustrie die Möglichkeit, ihre gesetzlichen Klimaschutzauflagen durch den Ankauf von Zertifikaten einzuhalten. Die Klimaschutzprojekte werden von deutschen Prüfinstituten zertifiziert und vom Umweltbundesamt (UBA) genehmigt. Doch nach Recherchen des ZDF sollen einige UER-Projekte nur auf dem Papier existieren. Wie die Generalstaatsanwaltschaft Berlin mitteilte, bestehe der Anfangsverdacht, dass die Beschuldigten die Deutsche Emissionshandelsstelle am Umweltbundesamt getäuscht haben. Nähere Informationen gab ein Sprecher auf BR-Anfrage nicht bekannt.

Das Umweltbundesamt (UBA) hatte Ende Mai Anzeige gegen Unbekannt bei der Staatsanwaltschaft erstattet. Zuerst prüfte die Behörde Hinweise von Whistleblowern bei Projekten in China. Dafür habe man bei chinesischen Behörden um Amtshilfe gebeten, gab der Sprecher des Amtes Ende Mai an, da die Beamten in China "keine Hoheitsrechte" hätten. Die Anzeige soll nun für mehr Klarheit sorgen, denn im Vergleich zum UBA habe die Staatsanwaltschaft ganz andere Möglichkeiten zu ermitteln.

Klimabilanz des Verkehrssektors könnte schlechter ausfallen

Eine Fälschung der Projekte könnte etwa bedeuten, dass die Klimabilanz des deutschen Verkehrssektors noch schlechter ist, als bislang angenommen. Auch hätten die mutmaßlichen Tricksereien Auswirkungen auf den Geldbeutel von Endverbrauchern: Da die Kosten für die UER-Zertifikate unter anderem auf Benzin oder Heizöl aufgeschlagen werden, hätten Bürger und Bürgerinnen diese Preise gezahlt – die Mineralölkonzerne aber tatsächlich keine Emissionen eingespart.

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