Mehr als sieben Jahre nach dem offiziellen Baubeginn des Projekts 2. Stammstrecke für die S-Bahn München ist am Mittwoch (24. 4.) der Tunnelanschlag für den ersten Rettungsschacht ("Rettungsschacht 3") gestartet. Die geschätzten Kosten für die zusätzliche Tunnelroute in bis zu 48 Metern Tiefe lagen zuletzt bei mindestens sieben Milliarden Euro. Ursprünglich war mit 3,85 Milliarden Euro kalkuliert worden. Begonnen hatten die ersten Vorbereitungen für den Bau im März 2017.
Neue Phase für Milliarden-Projekt
Mit dem symbolischen Beginn sei "eine neue Phase bei einem der größten Infrastrukturprojekte Deutschlands erreicht", sagte der Leiter der Bahn für das milliardenschwere Großprojekt, Kai Kruschinski-Wüst. "Die Tunnelbauten sind das Herzstück der zweiten Stammstrecke."
Der 55 Meter lange Rettungsschacht unter dem Gleisvorfeld des Hauptbahnhofs ist nach Angaben der Bahn einer von insgesamt neun Tunneln der zweiten Stammstrecke. Durch vier von ihnen sollen irgendwann zwischen 2035 und 2037 die ersten S-Bahnen fahren. Dazu kommen demnach ein weiterer Rettungsstollen, zwei Rettungsschächte, eine Verbindung von der geplanten Haltestelle Marienhof zu den U-Bahnlinien 3 und 6 sowie 16 Querverbindungen.
120 Spezialisten im Einsatz
Das am Mittwoch begonnene Rettungsbauwerk in bis zu 34 Metern Tiefe an der Münchner Hackerbrücke, genauer: an der Erika-Mann-Straße im Arnulfpark, soll den Fahrgästen bei einer Störung als Fluchtweg dienen, so die Bahn.
120 Spezialisten aus ganz Europa werden beschäftigt sein, wenn der "Rettungsschacht 3" in bergmännischer Bauweise unter Druckluft hergestellt wird. Dafür soll in einem Schichtsystem sieben Tage die Woche rund um die Uhr gearbeitet werden, so die Bahn. Weil der "Rettungsschacht 3" elf Gleise im Gleisvorfeld des Hauptbahnhofs unterquert, "überwacht die DB diesen sensiblen Bereich durch rund 2.000 Messpunkte. Zudem senkt die DB den Grundwasserspiegel im Baubereich mithilfe von 21 Brunnen temporär ab. Insgesamt werden für das Bauwerk rund 4.500 Kubikmeter Erdreich ausgehoben", so die Bahn.
Stammstrecke soll S-Bahn zuverlässiger machen
"Mit der 2. Stammstrecke wollen Deutsche Bahn, Landeshauptstadt München, Freistaat Bayern und der Bund die S-Bahn in München leistungsstärker, zuverlässiger und attraktiver machen und mehr Verkehr auf die umweltfreundliche Schiene verlagern", heißt es in der Pressemitteilung zum heutigen Baubeginn des Tunnels.
S-Bahn-Linie 5 ab Dezember
Bevor aber in vielen Jahren Züge hier fahren, wird noch eine Lücke im Linienplan der Münchner S-Bahn geschlossen. Denn zum Fahrplanwechsel Mitte Dezember bekommt München eine zusätzliche S-Bahn-Linie. Die S5 soll dann zwischen Pasing, Ostbahnhof und dem Halt Kreuzstraße im Südosten der Landeshauptstadt fahren, teilte das bayerische Verkehrsministerium ebenfalls am Mittwoch mit. Bislang klafft bei den Münchner S-Bahnen unter der Nummer 5 eine Lücke. In den Stoßzeiten an Werktagen soll die künftige S5 im Westen Münchens bis nach Germering-Unterpfaffenhofen und teils sogar bis nach Weßling weiterfahren. Die S7, die bisher auf dem Abschnitt zwischen Ostbahnhof und Kreuzstraße unterwegs ist, soll demnach ab dem 15. Dezember nur noch zwischen Wolfratshausen und Hauptbahnhof fahren - und dabei nicht über die Gleise der Stammstrecke.
Kritik an Unpünktlichkeit der Linie S7
Im südlichen Münchner Umland hoffen viele, dass die Einführung der Linie S5 und die Aufspaltung der S7 die Verbindungen in Richtung Innenstadt pünktlicher und verlässlicher machen. Zwar müssten manche Fahrgäste nun einmal mehr umsteigen, sagte Christoph Göbel (CSU), Landrat des Landkreises München. "Die Vorteile für die Pünktlichkeit und die Stabilität des Gesamtsystems durch die Entlastung der Stammstrecke überwiegen jedoch meines Erachtens deutlich."
Der Landrat des Landkreises Bad Tölz-Wolfratshausen, Josef Niedermaier (Freie Wähler), sagte, die fehlende Zuverlässigkeit der S7 sei "zu einem großen Ärgernis geworden". Er hoffe, "dass die Verbindungen insgesamt wieder stabiler und attraktiver werden".
- Zum Artikel: S-Bahnen im Großraum München immer unpünktlicher
Hohe Ausfallquote bei der Münchner S-Bahn
Im Jahr 2023 war bei der Münchner S-Bahn demnach etwa jeder zehnte Zug mindestens sechs Minuten zu spät unterwegs. Zudem seien im vergangenen Jahr 8,4 Prozent der eigentlich geplanten Zugkilometer komplett ausgefallen - die Züge fuhren also nur auf Teilen ihrer vorgesehenen Route oder gar nicht. Zwei Jahre zuvor lag die Pünktlichkeitsquote mit 92,7 Prozent demnach noch etwas höher, die Ausfallquote mit 6,6 Prozent etwas niedriger.
Die rund zehn Kilometer lange zweite Stammstrecke soll langfristig dazu dienen, die chronisch überlastete erste Stammstrecke, die größtenteils als Tunnel unter der Innenstadt verläuft, zu entlasten und die Züge fast aller Münchner S-Bahn-Linien, die dort fahren, pünktlicher und zuverlässiger werden lassen.
Mit Informationen von dpa
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