Jan Heikens steht inmitten einer überfluteten Wiesenlandschaft und hält mit seinem Fernglas Ausschau nach der Uferschnepfe. Die kommt bald aus ihrem Winterquartier im Mittelmeerraum zurück nach Bayern. Im Wiesmet nördlich des Altmühlsees gab es früher einmal knapp 60 Brutpaare, im vergangenen Winter waren es nur noch vier. "Die Uferschnepfe ist selten, weil sie ein Spezialist ist. Sie ist ein Wiesenbrüter, der auf hohe Wasserstände angewiesen ist, auf überflutete Wiesen und magere Böden, und diese gibt es in Bayern nur noch ganz selten", sagt Heikens, der Gebietsbetreuer beim LBV ist.
Wiesenbrütern geht es besonders schlecht
Häufige Mahd, extreme Witterung, Nahrungsmangel, viele Fressfeinde und störende Spaziergänger seien die Gründe dafür, dass die Uferschnepfe bedroht ist. Aber auch andere Wiesenbrütern geht es laut LBV im Moment besonders schlecht.
Damit sich wieder mehr Uferschnepfen ansiedeln, bräuchte es zum Beispiel mehr Wiesen, die lange überflutet sein dürfen. Das aber macht diese Wiesen für die landwirtschaftliche Nutzung unattraktiv.
28 Vogelarten in Bayern vom Aussterben bedroht
Am Sonntag (03.03.2024) findet der von den Vereinten Nationen ausgerufene Welttag des Artenschutzes statt. Das hat der Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV) zum Anlass genommen, um auch auf die Situation der Artenvielfalt in Bayern zu blicken.
Mit alarmierendem Ergebnis: 28 Vogelarten stehen im Freistaat auf der roten Liste und sind vom Aussterben bedroht. Vor allem durch die intensive Landwirtschaft würden sie zusehends ihre Lebensräume verlieren, sagt LBV-Vorsitzender Norbert Schäffer.
Vorgaben aus Volksbegehren umsetzen
Der Umweltschützer fordert Schutzmaßnahmen. "Wir brauchen in der Agrarlandschaft Rückzugsräume für unsere Arten", sagt Schäffer. Es müssten dringend die Vorgaben aus dem Volksbegehren zur Artenvielfalt "Rettet die Bienen" umgesetzt werden – und etwa genügend Hecken, blühende Feld- und Wegränder, also Biotope inmitten der landwirtschaftlichen Fläche, angelegt werden. Außerdem müssten die Düngemittel und Pestizidbelastung minimiert werden, findet der Naturschützer. Erst dann könne es den Feldvögeln und Wiesenbrütern wieder besser gehen.
Schutzprojekt zu Wiesenbrütern vorerst gescheitert
Im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen ist ein Vorhaben zum Schutz der Wiesenbrüter kürzlich gescheitert. Auf einer rund 70 Kilometer langen Strecke entlang der Altmühl leben so viele gefährdete Wiesenbrüter wie sonst nirgends in Deutschland. Deshalb will der Bund zehn Millionen Euro in deren Schutz investieren.
Die Fläche sollte zu einer Art Reservat für vom Aussterben bedrohte Vogelarten werden: Bäume sollten gekürzt werden, um Raubvögeln die Jagd zu erschweren, außerdem sollten Landwirte später mähen. Doch die Kreisrätinnen und Kreisräte im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen haben das Vogelschutzprojekt mit 30:30 Stimmen abgelehnt. Der Landkreis Ansbach, der das Vogelschutzprojekt gemeinsam mit dem Nachbarlandkreis durchführen wollte, prüft nun, ob er alleine weitermachen kann. 40 Prozent der Projektfläche würden dann allerdings wegfallen.
"Naturschutz ist Menschenschutz"
Dass Schutzmaßnahmen tatsächlich greifen, sehe man zum Beispiel an den Weißstörchen, den Wanderfalken oder den Stieglitzen, schildert LBV-Vorsitzender Schäffer. Der Singvogel mit dem roten Gesicht stand 2016 noch auf der roten Liste. Mittlerweile nähmen die Bestände wieder zu, was an extensiver Landwirtschaft, aber auch an Privatgärten liege, die zunehmend bienen- und vogelfreundlich gestaltet würden und auch mal verwildern dürfen.
Karden, Kletten und Disteln etwa mag der Stieglitz besonders gern, und diese müssten deshalb das ganze Jahr über stehen gelassen werden. "Naturschutz ist Menschenschutz", stellt Schäffer fest. Denn die Folgen des Artensterbens beträfen auch uns Menschen, so der LBV-Vorsitzende. "Unsere Lebensgrundlage baut darauf auf, dass wir ein gesundes und intaktes Ökosystem haben."
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