Er ist gut zehn Meter lang und dröhnt ohrenbetäubend laut: Der neue Biogas-Kessel, den der Pommes-Hersteller Aviko an seinem Standort in Rain am Lech in Betrieb genommen hat. Das Besondere: Die Anlage wird mit Abwasser aus der Pommes-Produktion betrieben. Dadurch spart das Unternehmen nach eigenen Angaben jährlich 1,5 Millionen Kubikmeter Erdgas ein und senkt den CO2-Fußabdruck der Fabrik um die Hälfte. Zum Vergleich: Mit der erzeugten Wärme ließen sich auch 1.400 Haushalte beheizen.
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Bakterien werden mit stärkehaltigem Abwasser "gefüttert"
In einer Biogas-Anlage zersetzen Bakterien organisches Material. Dadurch entsteht Methan, das dann für die Strom- oder Wärmeerzeugung verbrannt wird. Viele Biogas-Anlagen auf Bauernhöfen werden unter anderem mit Mais vom Acker betrieben.
Bei Aviko ist das anders, denn dort ist das Futter für die Bakterien ein Abfallprodukt aus dem eigenen Betrieb. Beim Schälen und Schneiden wird Stärke aus den Kartoffeln gewaschen. Dieses Abwasser wird in die Biogasanlage geleitet und ist das Futter für die Bakterien. "Wir erhalten so ganz natürliches Biogas und können damit Erdgas ersetzen", sagt der Betriebsleiter des Werks, Oliver Ackermann.
Wo bisher Erdgas eingesetzt wurde, wird in dem neuen Kessel jetzt Biogas verbrannt und mit der Energie Dampf erzeugt. Den benötigt die Fabrik für das maschinelle Schälen der Kartoffeln und für den Betrieb der Fritteusen. Das Biogas aus dem eigenen Abwasser deckt 90 Prozent des Bedarfs ab. Der Rest wird weiterhin mit Erdgas erzeugt.
Das Ziel: Den CO2-Fußabdruck um 45 Prozent verkleinern
Laut Ackermann hat sein Unternehmen das Ziel, bis 2030 den CO2-Fußabdruck um 45 Prozent zu verkleinern – im Vergleich zu 2018. Wenn sich die Wärmepumpen-Technik weiterentwickle, gäbe es zusätzliches Potenzial. Dann könne man Abwärme – zum Beispiel aus den Kartoffelschälmaschinen – nutzen und noch mehr Energie einsparen. Bei Aviko in Rain werden laut Unternehmensangaben pro Jahr 240 Millionen Kilo Kartoffeln zu Pommes und anderen Kartoffelprodukten verarbeitet.
Lechwerke sehen großes Potenzial in Abfallverwertung
Aviko hat den neuen Biogas-Kessel in Kooperation mit dem Energieversorger Lechwerke AG (LEW) geplant und gebaut. Insgesamt sind laut eigenen Angaben 2,8 Millionen Euro investiert worden. Laut dem Leiter des Bereichs Energielösungen bei LEW, Tim Dickhaus, gibt es im Bereich der Abfallverwertung in der Lebensmittelindustrie noch großes Potenzial.
Und zwar überall dort, "wo Abfälle entstehen, die energiehaltig sind und gleichzeitig Produktionsprozesse stattfinden, die sehr viel thermische Energie benötigen". Das sei zum Beispiel in Brauereien und Molkereien der Fall. Da wolle man in den kommenden Jahren noch sehr stark ansetzen. So entstehen vielleicht noch mehr kreative Lösungen, um die Industrie unabhängiger von Erdgas und Öl zu machen.
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