Die Haftobergrenzen sind Ergebnis einer am vergangenen Dienstag mitgeteilten Verständigung zwischen dem Gericht, der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung. Andrea Tandler hat zu Beginn der Corona-Pandemie im Jahr 2020 für den Schweizer Maskenlieferanten EMIX Geschäfte mit verschiedenen Behörden des Bundes und der Länder vermittelt. Dafür erzielte sie allein im Monat März mehr als 26,5 Millionen Euro an Provisionen, die später noch auf 48,3 Millionen Euro anstiegen. Die Anklage wegen Steuerhinterziehung konzentrierte sich allein auf den Monat März, denn Tandler hatte erst am 1. April 2020 ein Büro in Grünwald angemietet.
Andrea Tandler wollte Steuern sparen
Tandler ist Tochter des früheren CSU-Generalsekretärs und ehemaligen bayerischen Finanz-, Wirtschafts- und Innenministers Gerold Tandler. Ihre Gewinne wollte die Münchner Werbeunternehmerin in der Steueroase Grünwald versteuern. Konkret ging es laut Anklageschrift um nicht gezahlte Einkommenssteuern in Höhe von 8,7 Millionen Euro, gemeinschaftlich hinterzogene Schenkungssteuern von 6,6 Millionen Euro und hinterzogene Gewerbesteuern in Höhe von 8,2 Millionen Euro. 8,3 Millionen Euro Steuern hatten Tandler und Darius N. vor Prozessbeginn bereits bezahlt. Den wirtschaftlichen Schaden des Steuerbetrugs sah die Staatsanwaltschaft zu Beginn der mündlichen Verhandlung am 4. Oktober deswegen bei 15,2 Millionen Euro.
Vor Gericht beteuerte Tandler ihre Unschuld
Im Prozess hatte Tandler immer wieder beteuert, dass sie niemals Steuern hinterziehen wollte. Im Hinblick auf die Gewerbesteuer räumte Tandler nach zahlreichen Prozesstagen jedoch ein, dass sie von April bis Juli 2020 nicht so oft in ihrem Büro in Grünwald gewesen sei, wie sie und Darius N., so wörtlich, "es hätten sein müssen". Ein konkreteres Schuldeingeständnis gab es bis zum Verhandlungstag am 5. Dezember allerdings nicht. Nach der öffentlichen Verhandlung am 5. Dezember kam es jedoch zu einer Verständigung zwischen den Prozessbeteiligten bei einem nicht-öffentlichen Gespräch.
Steuerprozess endet mit einem Deal
In einer am vergangenen Dienstag (12.12.23) vor dem Landgericht München I öffentlich gemachten Verständigung hat das Gericht Tandler eine Strafe im Rahmen zwischen vier Jahren und drei Monaten sowie vier Jahren und neun Monaten im Gegenzug zu einem Geständnis zugesagt. Tandler legte daraufhin einem Gerichtsprecher zufolge ein Geständnis ab. Das Gericht konzentrierte im Zuge der Verständigung die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft auf einen Teil der vorgeworfenen Einkommensteuerhinterziehung und Gewerbesteuerhinterziehung, nämlich nur auf den Zeitraum bis zum 27.3.2020 und nicht mehr bis zum 31.3.2020. Der Vorwurf der Gewerbesteuerhinterziehung blieb im vollen Umfang erhalten, Vorwürfe im Zusammenhang mit der Schenkungsteuer wurden eingestellt und aus dem Verfahren genommen. Die Schenkung wurde rückabgewickelt. Der gesamte Steuerschaden in Höhe von 11,9 Millionen Euro wird von Tandler und ihrem mitangeklagten Geschäftspartner Darius N. wiedergutgemacht. Das Gericht hat bereits Vermögenswerte von Tandler und Darius N. in Höhe von knapp 12 Millionen Euro gesichert. Auch Darius N. hatte ein Geständnis abgelegt, ihn erwartet eine Haftstrafe zwischen dreieinhalb und vier Jahren.
Bis zum Haftantritt auf freien Fuß
Ein Urteil in dem Verfahren soll heute verkündet werden. Die Haftbefehle gegen die beiden Angeklagten könnten danach außer Vollzug gesetzt werden, dem Vorschlag des Gerichts stimmte am vergangenen Dienstag auch die Staatsanwaltschaft zu. Damit kämen Tandler und Darius N. nach rund elf Monaten Untersuchungshaft bis zum Haftantritt auf freien Fuß. Dies war bei der Verständigung besonders wichtig für Andrea Tandler. Sie leidet unter starken gesundheitlichen Problemen und spricht mittlerweile von einer Schmerzmittelabhängigkeit. In der Untersuchungshaft habe sie keinen Tag ohne Schmerzen verbracht, so Tandler nach ihrem Geständnis vor Gericht. Laut ihrer Anwältin wird sich Andrea Tandler voraussichtlich einer weiteren Operation unterziehen müssen.
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