Es ist acht Uhr morgens am neuen Radlogistik-Hub im Schlachthofviertel in der Münchner Innenstadt. Während die restlichen Kurierfahrer Pakete in ihre Cargobikes packen, hat Lastenradfahrer Dominik Thalmeier der Firma B4B Logistics Größeres vor: Er liefert in der Münchner Innenstadt Stückgut, also ganze Paletten, aus. Seine erste Tour führt ihn über die Klenzestraße und dann zum Rindermarkt, in der engen Münchner Altstadt.
Lastenrad und Paletten – Spezialanfertigung macht's möglich
Obwohl er mit seinem Lastenrad Paletten mit bis zu 300 Kilogramm bewegt – anstrengend sei der Job nicht, sagt der ruhige Oberpfälzer, er habe ja Hilfsmittel. Sein Lastenrad ist eine Spezialanfertigung. An der Rückseite seiner Fahrerkabine ist eine Art Gabelstapler integriert. Um die Paletten damit zu greifen, schiebt Thalmeier sein Lastenrad einfach nach hinten. Da sein Lastenradstapler keine Hydraulik hat, nimmt er eine Akkubohrmaschine zur Hand. Mit der betätigt Thalmeier eine Kurbel und hebt dann die Palette so an. Der Anhänger, auf den weitere Paletten passen, ist ein Hubwagen.
Branchenverband sieht für Palettenlastenräder kaum Chancen
Wenn Thalmeier durch die Innenstadtstraßen Münchens fährt, merkt man kaum, welche Last er hinter sich herzieht. Durch den Elektromotor fällt ihm das Fahren nicht schwer. Obwohl er mit seinem Lastenrad in der Innenstadt am Tag die gleiche Menge an Paletten zustellen kann wie ein Lkw, ist die Speditionsbranche skeptisch, ob die Idee funktionieren kann. Die Zukunft für Stückgut und Palettenlieferungen in Innenstädten sind laut des Bundesverbands für Spedition und Logistik E-Lkw. Von dieser Aussage lassen sich die Gründer der Firma B4B Logistics, Alexander Belz und Peter Blösl, jedoch nicht beeindrucken. Sie sind fest davon überzeugt, dass die Zustellung von Paletten in Innenstädten sinnvoll ist – aus Platzgründen.
E-Lkw? Weniger CO2, aber nach wie vor die Staus
"Wenn man das mal zusammenzählt, sind weit über 100 Lkw nur mit Stückgut in München am Tag unterwegs", erklärt Blösl, der nach eigener Aussage über 30 Jahre Erfahrung in der Logistikbranche besitzt. "Wenn die jetzt alle mit Strom fahren, hab ich jetzt zwar wenig CO2, aber ich hab deswegen genauso die Staus." Zudem blieben Lastwagen viel länger stehen als zum Beispiel Paketfahrer. Denn Lkw-Fahrer müssten ihre Paletten mit Hebebühnen abladen. Das dauere dann nicht drei Minuten, sondern 15 bis 20 Minuten, ist sich Blösl sicher. Das produziere zusätzliche Probleme, denn die Straßen in der Innenstadt sind eng.
Lastenrad kann bis vor Ladentür fahren
Tatsächlich gilt München als Stauhauptstadt Deutschlands. Davon ist jedoch bei Dominik Thalmeier nichts zu spüren, als er sich mit seinem Palettenlastenrad an diesem sonnigen Frühherbstvormittag seinen Weg zum Rindermarkt bahnt. Egal ob Lkw auf der Straße stehen oder an Baustellen – Thalmeier fährt an jedem Hindernis vorbei. Nach rund 15 Minuten ist er an seinem Ziel angelangt und findet direkt vor dem Geschäft in der Fußgängerzone seinen Parkplatz.
Kunde zeigt sich begeistert
Obwohl es diesmal nur eine Palette Kerzen ist, ist der belieferte Händler Michael Brunner von der Firma Wesely Schnitzereien in der Münchner Altstadt begeistert. Erstens, so Brunner, sei es CO2-neutral und zweitens seien die Zufahrtswege für Lkw hier zeitlich eingeschränkt. Außerdem habe man eh genug Lastwagen in der Innenstadt, so der Geschäftsführer.
Rund 600 Paletten hat Dominik Thalmeier seit Juni schon zugestellt, darunter Betonmischer, Kühlschränke und Waschmaschinen. Er und seine beiden Chefs hoffen, dass es in den nächsten Jahren mehr werden.
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